Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für eine Unzuständigkeitserklärung gem. Art. 6 lit. a EuErbVO
Leitsatz (amtlich)
1. Die formlose Mitteilung eines ausländischen Notars auf die Anwendbarkeit deutschen Erbrechts und der fehlenden eigenen Kenntnis des deutschen Erbrechts stellt keine wirksame Unzuständigkeitserklärung iSd Art. 6 lit. a EuErbVO dar.
2. Eine wirksame und bindende Unzuständigkeitserklärung setzt einen entsprechenden Antrag eines Beteiligten sowie eine Rechtswahl des Erblassers gem. Art. 22 EuErbVO voraus.
Normenkette
EuErbVO Art. 4, 6-7, 22, 83
Verfahrensgang
AG Aachen (Aktenzeichen 700K VI 2754/18) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. vom 20.08.2019 gegen den am 13.08.2019 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 12.08.2019 - 700K VI 2754/18 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 1. zu tragen.
Gründe
1. Der Beteiligte zu 1) begehrt die Erteilung eines ihn als Alleinerben des Erblassers ausweisenden Europäischen Nachlasszeugnisses auf der Grundlage eines handschriftlichen Testaments (Bl. 15 Testamentsakte), worin es heißt:
"Testament 01. Oktober 2007
Mein letzter Wille
Hiermit gebe ich W. K., geb. am ...1949 in Deutschland - A., wohnhaft in den Niederlande Kerkrade (...) meinen letzten Willen bekannt.
Nach meinem Tod, verfüge ich, das mein Neffe P. K. geb. am ... 1974 z. Zt. Wohnhaft in Deutschland (...) mein Haus und Grundstück, in den Niederlande Kerkrade Z.-Str... erben soll. Außerdem verfüge ich, das meine Lebensgefährtin S. R., geb. C., (...), ein lebenslanges Wohn und Nutzungsrecht, in meinem Haus (...) hat. Weiterhin verfüge ich, sollte zu diesem Zeitpunkt, Barvermögen vorhanden sein, das dies meine Lebensgefährtin S. R. erhält.
Alle schriftlichen und mündlichen Vereinbarungen, die ich vor dem jetzigen Zeitpunkt 01. Oktober 2007 niedergelegt habe, sind hiermit nichtig.
Kerkrade, den 01 Oktober 2007
W. K. Zeuge
(Unterschrift)"
Am 22.6.2017 hatte ein Notar in Kerkrade/Niederlande eine Erbrechtsbescheinigung (verklaring van erfrecht) erteilt, welche die Beteiligte zu 2), die Ehefrau des Erblassers, als dessen Alleinerbin ausweist (Bl. 100 f.d.A.).
Der Beteiligte zu 1) hat einen Antrag auf Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses mit Schriftsatz vom 27.09.2018 (Bl. 3) bei dem Amtsgericht Schöneberg eingereicht. Beigefügt hat er ein Schreiben des Notars M. in Enschede/Niederlande. vom 26.09.2018, in dem es gemäß der deutschen Übersetzung (Bl. 11) heißt: "Aufgrund des Gutachtens von S. H. vom Het Notarieel Bureau und ihrer Stellungnahme vom 21.9.18 komme ich zu dem Ergebnis, dass Herr K. nach deutschem Erbrecht beerbt worden ist. Da ich darauf nicht spezialisiert bin und die deutschen Behörden besser in der Lage sind, die erbrechtlichen Folgen von Herrn Küffers eigenhändigem Testament (ein solches wäre nach niederländischem Recht nicht möglich) zu beurteilen, erkläre ich mich gemäß Art. 6 a EU-Erbrechtsverordnung für unzuständig, ein Nachlasszeugnis auszustellen."
Mit Beschluss vom 18.10.2018 (Bl. 47) hat sich das Amtsgericht Schöneberg nach § 343 Abs. 1 FamFG für unzuständig erklärt und die Sache an das Amtsgericht Aachen mit der Begründung verwiesen, der Erblasser habe seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in dem Bezirk des Amtsgerichts Aachen gehabt, bevor er diesen in das Ausland verlegt habe. Mit Schriftsatz vom 05.12.2018 (Bl. 53 ff.) hat der Antragsteller Formblatt IV zum Antrag auf Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses eingereicht und am 14.03.2019 zur Niederschrift des Amtsgerichts Aachen die Versicherung an Eides statt abgegeben und ergänzende Angaben zum Antrag gemacht (Bl. 75 f.). Am 08.05.2019 ist das Testament vom Amtsgericht Aachen eröffnet worden.
Die Beteiligte zu 2) ist dem Antrag mit Schriftsatz vom 12.06.2019 (Bl. 89 ff.) entgegengetreten. Sie macht geltend, am 20.02.2001 in Kerkrade mit dem Erblasser die Ehe geschlossen zu haben. Sie sei aufgrund niederländischen Rechts Alleinerbin geworden und habe die Erbschaft zu notarieller Beurkundung angenommen. Sie stellt die internationale Zuständigkeit des Amtsgerichts Aachen und die Anwendung deutschen Erbrechts in Abrede. Der Erblasser habe spätestens seit dem 01.11.1999 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Kerkrade, Niederlande, gehabt. Das handschriftliche Testament sei (scheinbar) in Kerkrade errichtet worden und enthalte keine Rechtswahl. Es habe eine Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht bestanden. Mit der Eheschließung sei eine hälftige Eigentümergemeinschaft an dem vom Erblasser erworbenen Hausgrundstück entstanden, sodass der Erblasser ohnehin nur über einen hälftigen Anteil an der Eigentümergemeinschaft hätte verfügen können. Sie äußert weiterhin Zweifel an der Echtheit des Testaments. Handschrift und Unterschrift würden nicht vom Erblasser stammen, es werde eine Schriftbegutachtung angeregt.
Durch den 13.08.2019 erlassenen Beschluss vom 12.08.2019 (Bl. 121 ff.) hat der Nachlassrichter des Amtsgerichts Aachen den Antrag des Beteiligten zu 1) als un...