Verfahrensgang

AG Bonn (Aktenzeichen 40 F 73/99 PKH)

 

Tenor

Auf die als sofortige Beschwerde zu wertende „Beschwerde” der Antragstellerin vom 16.2.2002 (Bl. 56 GA) gegen den Ratenzahlungen anordnenden Abänderungsbeschluss des AG – FamG – Bonn vom 30.1.2002 – 40 F 73/99 – (Bl. 52, 52 R GA) wird der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass die Ratenzahlungsanordnung entfällt.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige – insbesondere frist- und formgerecht eingelegte – als sofortige Beschwerde zu behandelnde „Beschwerde” der Antragsstellerin hat auch in der Sache Erfolg.

Zu Unrecht ist das AG davon ausgegangen, dass sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsstellerin derart geändert hätten, dass eine Ratenzahlungsanordnung gem. § 120 Abs. 4 ZPO gerechtfertigt wäre.

Das AG hat das zur Finanzierung des vorliegenden Rechtstreites zur Verfügung stehende Einkommen der Antragsstellerin nicht zutreffend ermittelt. Zu Unrecht hat es den vom Kindesvater an die Kindesmutter (Antragsstellerin) gezahlten Kindesunterhalt sowie das volle an die Antragstellerin ausgezahlte Kindergeld deren Einkommen zugerechnet.

Zunächst kann dem Einkommen der Antragsstellerin nicht der vom Kindesvater gezahlte Kindesunterhalt für die beiden gemeinsamen Kinder zugerechnet werden, da Unterhaltszahlungen Einkommen des Kindes darstellen, welche nicht dem Vermögen des betreuenden Elternteils zugerechnet werden können, sondern nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes (§ 115 I 3 Nr. 2 ZPO) lediglich auf den Kindesfreibetrag anzurechnen sind.

Nach Auffassung des Senates ist aber bei der Bedürftigkeitsprüfung nach § 115 ZPO in den Fällen der Unterhaltszahlung an im Haushalt der Prozesskostenhilfe begehrenden Parteien lebende Kinder das Kindergeld hälftig dem Einkommen der Prozesskostenhilfe begehrenden Partei, die das volle Kindergeld erhält, hinzuzurechnen. Der Ansatz des staatlichen Kindergeldes als Einkommen entspricht dem Sozialhilferecht, dem das System der Prozesskostenhilfe zuzurechnen ist. Die Definition des Einkommens nach § 115 Abs. 1 S. 2 ZPO entspricht derjenigen in § 76 Abs. 1 BSHG. Danach gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Das staatliche Kindergeld steht nicht den Kindern selbst zu, sondern soll die Unterhaltslast der Eltern erleichtern. Der Unterhaltslast als solcher wird unabhängig vom Kindergeldbezug dadurch Rechnung getragen, dass für sie Kinderfreibeträge angesetzt werden (so OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.6.2001 – 5 WF 27/01, FamRZ 2002, 402 m.w.N.). Etwas anderes muss aber nach Auffassung des Senates dann gelten, wenn – wie hier – beide Elternteile durch Betreuung bzw. Barunterhalt für die Kinder aufkommen. § 1612b Abs. 1 BGB regelt in diesem Fall, dass das Kindergeld im Ergebnis beiden unterhaltspflichtigen Elternteilen hälftig zu Gute kommen soll. Der Barunterhalt des Kindes wird um die Hälfte des Kindergeldes gekürzt. Das hat zur Folge, dass der vom barunterhaltspflichtigen Elternteil gezahlte tatsächliche Unterhalt (Zahlbetrag) niedriger liegt als der tatsächlich geschuldete Tabellenunterhalt. Würde dann das volle Kindergeld dem Einkommen des betreuenden Elternteils zugerechnet werden, stünde dem unterhaltsberechtigten Kind ein geringerer, seinen tatsächlichen Bedarf nicht deckender Unterhaltsbetrag zur Verfügung. Damit kann aber dieser hälftige Kindergeldbetrag nicht bei dem betreuenden Elternteil verbleiben, sondern ist an das Kind auszukehren, damit dieses einen bedarfsdeckenden Unterhaltsbetrag erhält. Die Antragsstellerin kann danach nur über die Hälfte des Kindergeldes frei verfügen, nur dieser Teil ist ihr demnach auch anzurechnen.

Danach ergeben sich folgende Einkommensverhältnisse der Antragsstellerin:

1. Nettoeinkommen der Antragsstellerin von monatsdurchschnittlich 2.600 DM = 1.329,36 EUR

2. zusätzlich hälftiges Kindergeld für 2 Kinder 2 × 77 EUR =   154 EUR

Gesamteinkommen im Monatsdurchschnitt 1.483,36 EUR

3. Abzüge wie AG: Miete 1.134 DM Versicherung 12 DM

Sonstiges   885 DM

2.031 DM

Das ergibt in EUR 1.038,43 EUR

4. Damit verbleibt bei der Klägerin ein Resteinkommen von 444,93 EUR

5. Hiervon abzuziehen ist zunächst der Eigenbehalt der Antragstellerin von 353 EUR

6. Abzuziehen ist weiterhin der um die Unterhaltszahlungen verminderte Freibetrag für die Kinder wie folgt: Kindesunterhalt gesamt: 894 DM (1.434 DM ./. 540 DM) je Kind (: 2) = 447 DM

= 228,55 EUR

Der Kindesfreibetrag beträgt 248 EUR je Kind.

Damit liegt der Kindesfreibetrag um 19,45 EUR je Kind höher als der tatsächlich gezahlte Kindesunterhalt. Damit sind 2 × 19,45 EUR Kindesfreibetrag noch in Abzug zu bringen, was

38,90 EUR

ausmacht.

7. Resteinkommen der Antragsstellerin somit: 53,03 EUR.

Aber auch dieses Resteinkommen braucht die Antragsstellerin nicht zur Finanzierung des Prozesses einzusetzen, da sie erwerbstätig ist und ihren eigenem Selbstbehalt noch den Erwerbstätigenbonus zurechnen kann, der bei dem hier gegebenen Erwerbseinkommen der Antragsstellerin jedenfalls höher liegt als 53,03 EUR. Der Höch...

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