Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Nachteilige bauliche Veränderung durch Sichtschutzzaun an der Grenze zweier sondergenutzter Gartenflächen
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 29 T 147/97) |
AG Leverkusen (Aktenzeichen 16 UR II 54/96) |
Tenor
Auf die weitere sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluß des Landgerichts Köln vom 10.11.1997 – 29 T 147/97 – abgeändert und die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluß des Amtsgerichts Leverkusen vom 16.05.1997 – 16 UR II 54/96 – zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten der beiden Beschwerdeverfahren tragen die Beteiligten zu 2). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.
Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren: 2.000,– DM.
Gründe
Die Antragsteller und die Antragsgegner sowie die weiteren Beteiligten zu 3) bis 6) sind die Eigentümer der aus 6 Einfamilienhäusern bestehenden Wohnanlage. Einen Verwalter für das Gemeinschaftseigentum haben die Beteiligten nicht bestellt. Mit den einzelnen Wohnungseigentumsrechten ist ein Sondernutzungsrecht an der jeweils hinter dem Haus gelegenen Gartenfläche verbunden. Die Gartenflächen der Antragsteller und der Antragsgegner grenzen aneinander. Auf der ca. 12 m langen Grenzlinie steht ein Zaun. Im Juni 96 errichteten die Antragsgegner unmittelbar neben dem Zaun auf ihrer Sondernutzungsfläche im Anschluß an die – bereits im Jahre 1979 erstellte – ca. 2,50 m lange und 1,96 m hohe Terrassentrennwand (Mauer) eine ca. 3,7 m lange und ca. 1,80 bzw. 1,92 m hohe aus Holz geflochtene Sichtblende (vgl. Foto in Hülle Bl. 95 und Skizze Bl. 37 GA). Die Antragsteller beantragten daraufhin, die Antragsgegner zu verpflichten, die Sichtblende zu entfernen, weil eine ortsübliche Einfriedigung nur eine Höhe von 1,20 m habe, zudem nehme diese hohe und lange Blende dem Grundstück die Sonne. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 16.05.1997 die Beteiligten zu 2) antragsgemäß zur Beseitigung der Sichtblende für verpflichtet erklärt und zur Begründung ausgeführt: Die Beteiligten zu 2) behaupteten selbst nicht, daß die Sichtblende – wie nach § 35 NachbG NW erforderlich – ortsüblich sei, auch sei diesen nicht der Nachweis gelungen, daß die Beteiligten zu 1) der Errichtung zugestimmt hätten. Auf die fristgemäß eingelegte sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) hat das Landgericht den Beschluß abgeändert und den Antrag der Beteiligten zu 1) abgewiesen mit der Begründung, die Sichtblende sei als Einfriedigung ortsüblich, was sich aus den nunmehr vorgelegten Fotos ergebe, so daß mangels Anwendbarkeit des durch die Gemeinschaftsordnung abbedungenen § 22 WEG die Antragsgegner nicht zur Beseitigung verpflichtet seien. Gegen den ihnen am 26.11.1997 zugestellten Beschluß des Landgerichts vom 10.11.1997 haben die Beteiligten zu 1) unter dem 10.12.1997 weitere sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, unter entsprechender Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung den amtsgerichtlichen Beschluß wiederherzustellen.
Die form- und fristgerecht eingelegte weitere sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist zulässig (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 45 Abs. 1 WEG, 20, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG) und hat auch in der Sache Erfolg. Der angefochtene Beschluß hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO).
Die Antragsgegner sind entgegen der Ansicht des Landgerichts aufgrund des entsprechenden Verlangens der Antragsteller zur Beseitigung der Sichtschutzwand verpflichtet. Der Beseitigungsanspruch der Antragsteller findet seine gesetzliche Grundlage in den §§ 14 Nr. 1, 15 Abs. 3, 22 Abs. 1 WEG in Verbindung mit § 922 BGB.
Aus Rechtsgründen zu beanstanden ist, daß das Landgericht seiner Entscheidung nicht die §§ 14 Nr. 1, 22 Abs. 1 WEG zugrundegelegt hat.
Die Anwendung der vorgenannten Bestimmungen ist nicht durch eine in der Gemeinschaftsordnung davon abweichende Regelung (§ 10 Abs. 1 S. 2 WEG) für die vorliegende Fallgestaltung ausgeschlossen. Das ergibt die am Wortlaut und Sinngehalt orientierte Auslegung der Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung, zu der der Senat selbständig auch als Rechtsbeschwerdegericht befugt ist (vgl. OLG Düsseldorf WE 97, 344 m.w.N.; OLG Oldenburg NZM 98, 39). Insbesondere ist für die dem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gemeinschaftsflächen aufgrund der Regelung über die Geltung der nachbarrechtlichen Bestimmungen nicht etwa § 22 Abs. 1 WEG abbedungen. Nach der letztgenannten Vorschrift ist zu allen Maßnahmen eines Wohnungseigentümers, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, die Zustimmung eines Wohnungseigentümers nur insoweit nicht erforderlich, als durch die Veränderung dessen Rechte nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. In den beiden Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung ist aber davon, daß – wie etwa im Fall des BayObLG WuM 93, 565 – die in § 22 Abs. 1 S. 2 WEG vorgesehene Zustimmung anderer Wohnungseigentümer zu außerordentlichen Baumaßnahmen eines Wohnungseigentümer...