Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgeblicher Zeitpunkt der Prognoseentscheidung im PKH-Verfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Maßgeblich für den Zeitpunkt der Entscheidungsreife eines Prozesskostenhilfegesuchs ist nicht der Zeitpunkt der Antragstellung sondern grundsätzlich der Zeitpunkt, zu dem die Partei ihren Antrag auf Gewährung der Prozesskostenhilfe schlüssig begründet, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat, und wenn der Gegner gem. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO Gelegenheit hatte, sich innerhalb angemessener Frist zum Antrag zu äußern (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 119 Rz. 44, mit weiteren Nachweisen).
2. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Gericht die Entscheidung über einen ordnungsgemäß gestellten Antrag pflichtwidrig verzögert. Für diesen Fall kann eine Verschlechterung der Erfolgsprognose in der Zeit zwischen Entscheidungsreife und Entscheidung nicht zu berücksichtigen sein (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., Rz. 45, 46).
Normenkette
ZPO §§ 114, 117-119
Verfahrensgang
AG Eschweiler (Beschluss vom 09.11.2007; Aktenzeichen 11 F 420/07) |
Tenor
Die am 5.12.2007 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den am 21.11.2007 zugestellten Beschluss des AG Eschweiler vom 9.11.2007 - 11 F 420/07 - wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. §§ 14 FGG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Das AG hat zu Recht den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren über die von ihr am Freitag, den 19.10.2007 beantragte einstweilige Anordnung mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgewiesen.
Im Zeitpunkt der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch war der Antrag auf einstweilige Anordnung unstreitig erledigt, und zwar bereits seit dem frühen Nachmittag des 22.10.2007, wie die Antragstellerin im Schriftsatz vom 5.12.2007 selbst mitgeteilt hat. Eine Prognose hinsichtlich der Erfolgsaussicht des Verfahrens konnte daher spätestens seit diesem Zeitpunkt nicht - mehr - getroffen werden. Vor diesem Zeitpunkt war der Prozesskostenhilfeantrag noch nicht zur Entscheidung reif. Maßgeblich für den Zeitpunkt der Entscheidungsreife ist nicht der Zeitpunkt der Antragstellung, wie die Antragstellerin meint, sondern grundsätzlich der Zeitpunkt, zu dem die Partei ihren Antrag auf Gewährung der Prozesskostenhilfe schlüssig begründet, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat, was hier geschehen ist, und wenn der Gegner gem. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO Gelegenheit hatte, sich innerhalb angemessener Frist zum Antrag zu äußern (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 119 Rz. 44, mit weiteren Nachweisen). Etwas anderes gilt dann, wenn das Gericht die Entscheidung über einen ordnungsgemäß gestellten Antrag pflichtwidrig verzögert. Für diesen Fall kann eine Verschlechterung der Erfolgsprognose in der Zeit zwischen Entscheidungsreife und Entscheidung nicht zu berücksichtigen sein (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., Rz. 45, 46). Eine pflichtwidrige Verzögerung seitens des Gerichts lag hier jedoch nicht vor. Der Familienrichter hatte auf den am 19.10.2007 eingegangen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hin am folgenden Montag, dem 22.10.2007 mit dem zuständigen Jugendamt telefonischen Kontakt aufgenommen und um Stellungnahme zu der Frage gebeten, ob in dem vorliegenden Fall eine Eilmaßnahme unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung des Kindeswohls geboten sei. Dies wurde seitens des Sachbearbeiters des Jugendamtes verneint; eine Kindeswohlgefährdung liege nicht vor. Zu dieser Aufklärungsmaßnahme war der Richter nicht nur berechtigt, sondern aufgrund des nach § 12 FGG gesetzlich festgelegten Grundsatzes der Amtsermittlung sogar verpflichtet. Von einer Verzögerung des Verfahrens kann somit keine Rede sein. Wenn daher nicht bereits aufgrund der Stellungnahme des Jugendamtes eine möglicherweise bei Eingang des Antrags auf einstweilige Anordnung noch bestehende hinreichende Erfolgsaussicht entfallen war, dann jedenfalls spätestens aufgrund der am Nachmittag des 22.10.2007 auch aus der Sicht der Antragstellerin eingetretenen Erledigung des Verfahrens. Im vorliegenden Fall hat sich daher lediglich das in Prozesskostenhilfeverfahren stets gegebene Risiko einer Verschlechterung der Erfolgsprognose zwischen Antragseingang und einer rechtzeitigen, in angemessener Zeit ergangenen Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch verwirklicht.
Eine Kostentscheidung ist gem. § 127 Abs. 4 ZPO entbehrlich.
Beschwerdegebühr des Gerichts: 50 EUR (Kostenverzeichnis zum GKG Nr. 1812).
Fundstellen
Haufe-Index 1938133 |
OLGR-Mitte 2008, 609 |