Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg zu den Zivilgerichten bei Bürgschaftsversprechen gegenüber einer Gemeinde, das einen öffentlich-rechtlichen Erschließungsvertrag besichern soll; Unschädliche Falschbezeichung in Bürgschaftsurkunde?; Treuwidrige Herbeiführung eines Bürgschaftsfalls bzw. Annahme eines Scheingeschäftes

 

Leitsatz (amtlich)

Für Ansprüche aus einem Bürgschaftsversprechen gegenüber einer Gemeinde, das einen öffentlich-rechtlichen Erschließungsvertrag besichern soll, ist der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet Es spielt keine Rolle, welche Einwendungen die Beklage erhebt und ob sie sich aus bürgerlich-rechtlichen oder aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben.

Zur Frage des Vorliegens einer unschädlichen Falschbezeichnung in einer Bürgschaftsurkunde, wenn die Bürgschaft nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut zugunsten einer sicherungspflichtigen Firma/Auftraggeberin "XY GmbH" ausgestellt ist, der in Rede stehende Erschließungsvertrag indes zwischen der GbR und der Gemeinde geschlossen worden ist.

Zur treuwidrigen Herbeiführung eines Bürgschaftsfalls entsprechend § 162 Abs. 2 BGB.

 

Normenkette

BGB § 13; GVG §§ 117, 162

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 28.02.2012; Aktenzeichen 27 O 329/11)

 

Tenor

I. Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 28.2.2012 verkündete Urteil der 27. Zivilkammer des LG Köln - 27 O 329/11 - gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

 

Gründe

I. Die Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).

Das LG hat die Klage mit zutreffender Begründung zurückgewiesen. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 51.640,48 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.12.2010 sowie auf Freistellung von vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 1.761,08 EUR zu.

1 Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist gem. § 13 GVGder Zivilrechtsweg eröffnet.

Maßgebend für den Rechtsweg ist die Rechtsnatur des erhobenen Anspruches, wie sie sich aus dem tatsächlichen Vorbringen der klagenden Partei ergibt.

Die Klägerin macht Ansprüche aus einer Vertragserfüllungsbürgschaft geltend, die nach ihrem Vortrag einen Erschließungsvertrag besichern soll. Der Erschließungsvertrag ist ein öffentlich-rechtlichen Vertrag i.S.d. §§ 56 ff. VwFvG auf Grundlage des § 124 BauGB (vgl. Grziwotz in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 103. Ergänzungslieferung 2012, § 124 Rz. 9), mit dem sich der Erschließungsträger im eigenen Namen und auf eigene Rechnung verpflichtetet, bestimmte Erschließungsanlagen herzustellen und ohne Gegenleistung auf die Gemeinde zu übertragen. Für Ansprüche aus dem Erschließungsvertrag ist nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Rechtsweg zu den VG eröffnet (BGH, Beschl. v. 6.7.2000 - V ZB 50/99, NVwZ-RR 2000, 845). Hingegen ergeben sich die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nicht unmittelbar aus dem Erschließungsvertrag, sondern vielmehr aus dem Bürgschaftsversprechen der Beklagten gemäß Bürgschaftsurkunde vom 11.9.2003 (Anlage III, Bl. 15 GA). Stellt sich der Klageanspruch nach der ihm von der Klägerin gegebenen tatsächlichen Begründung aber als Folge eines Sachverhalts dar, der nach bürgerlichem Recht zu beurteilen ist, so ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet, ohne dass es eine Rolle spielen würde, welche Einwendungen die Beklage erhebt und ob sie sich aus bürgerlichrechtlichen oder aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben (BGH, Urt. v. 16.2.1984 - IX ZR 45/83, NJW 1984, 1622, 1623 = BGHZ 90, 187). Entsprechend hat der BGH für den Anspruch aus einer Bürgschaft für rückständige Sozialversicherungsbeiträge den Rechtsweg zu den Zivilgerichten als eröffnet angesehen. Nichts anderes gilt für Ansprüche aus einem Bürgschaftsversprechen, das einen öffentlich-rechtlichen Erschließungsvertrag besichern soll. Auch für solche Ansprüche ist der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet (vgl. auch: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.9.2008 - I-18 W 49/08, zitiert nach juris; VG Schleswig, Beschl. v. 23.3.2012 - 9 A 2/12, BeckRS 2012, 50170).

2. Die Klage ist aber unbegründet.

a) Soweit die Klägerin die Beklagte wegen Ansprüchen, derer sie sich gegen die I GbR (im Folgenden: GbR) berühmt, in Anspruch nehmen will, scheitert die Klage bereits daran, dass eine Verbü...

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