Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückzahlung geleisteter Provisionen bzw. Vorschüsse: Zur Darlegungs- und Beweislast, dass die Nichtzahlung der Prämien bzw. die Nichtausführung des Geschäftes feststeht und dies nicht auf Umständen beruht, die der Unternehmer zu vertreten hat; Keine Nachbearbeitungspflicht des Unternehmers bei Eigenverträgen
Leitsatz (amtlich)
Macht der Unternehmer die Rückzahlung geleisteter Provisionen bzw. Vorschüsse geltend, hat er grundsätzlich darzulegen und zu beweisen, dass die Nichtzahlung der Prämien bzw. die Nichtausführung des Geschäftes feststeht und dies nicht auf Umständen beruht, die er zu vertreten hat. Der Unternehmer muss dabei im Grundsatz für jede einzelne Provisionsrückforderung die Voraussetzungen des § 87a Abs. 3 S. 2 HGB darlegen und beweisen. Weil der Vertreter mit dem Abschluss des auf seine Tätigkeit zurückzuführenden Vertrags bereits einen aufschiebend bedingten Provisionsanspruch erwirbt, braucht er, anders als bei Vorschüssen im eigentlichen Sinn, nicht die Berechtigung eines erhaltenen Vorschusses nachzuweisen. Im Rahmen der dem Unternehmer obliegenden Nachbearbeitung hat dieser die Wahl, ob er selbst Maßnahmen zur Rettung des stornogefährdeten Vertrages ergreift oder ob er dies dem Vertreter überlässt. War dem Vertreter die Nachbearbeitung überlassen, muss der Unternehmer nur die ordnungsgemäße, insbesondere rechtzeitige, Übermittlung von inhaltlich ausreichenden Stornogefahrmitteilungen beweisen. Den (rechtzeitigen) Zugang beim Vertreter muss er hingegen nicht beweisen, sofern er die Stornogefahrmitteilung auf eine Weise versendet, dass bei normalem Verlauf mit deren rechtzeitigen Eingang bei dem Versicherungsvertreter zu rechnen ist.
Es ist ausreichend, dass die Klägerin den Beklagten durch die monatliche Übersendung der Provisionsabrechnungen nebst Wochenanlagen sowie der Inkasso-Nachbearbeitungslisten über Stornogefahren in Kenntnis gesetzt und ihm sodann die Nachbearbeitung in eigener Verantwortung überlassen wird. Dass die Klägerin die Post auch nach Vertragsbeendigung bis Ende August 2012 an die ehemalige Büroadresse des Beklagten verschickt hat, ist unschädlich. Entgegen der Meinung des Beklagten begründet dies keinen "unregelmäßigen" Postverlauf. Die Klägerin war nämlich nicht zwingend gehalten, nach Vertragsbeendigung jegliche Post ausschließlich an die Privatadresse des Beklagten zu versenden. Die Stornogefahrmitteilung muss auf eine Weise übermittelt werden, dass bei normalem Verlauf mit dem rechtzeitigen Eingang bei dem Versicherungsvertreter gerechnet werden darf. Dies kann auch die vormalige Büroanschrift des Vertreters sein, wenn berechtigterweise erwartet werden kann, dass ihn die Post auch unter dieser Anschrift weiter erreicht, sei es durch einen Nachsendeauftrag oder infolge Weiterleitung durch den Nachfolger.
Aufgrund der Übertragung der Nachbearbeitung auf den Beklagten ist es unerheblich, ob und inwieweit die Klägerin selbst gegenüber den Versicherungsnehmern geeignete Maßnahmen zur Abwehr der Stornogefahr entfaltet hat.
Im Hinblick auf die Eigenverträge des Beklagten, wozu auch jene seiner Ehefrau zählen, kommt es auf eine Nachbearbeitung und/oder die Mitteilung von Stornogefahren durch die Klägerin ohnehin nicht an, weil hier eine Nachbearbeitungspflicht grundsätzlich nicht besteht.
Normenkette
HGB § 87a Abs. 3, § 92 Abs. 4; BGB § 812 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 30.05.2014; Aktenzeichen 9 O 65/13) |
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 30.5.2014 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Aachen - 9 O 65/13 - gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Der Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Berufung des Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO. Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Ebenso wenig ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO) oder aus anderen Gründen eine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).
Das LG hat den Beklagten mit zutreffender Begründung und im Ergebnis zu Recht zur Zahlung von 20.604,17 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Mahnkosten verurteilt. Die Klägerin kann vom Beklagten Rückerstattung geleisteter Provisionsvorschüsse bzw. nicht verdienter Provisionen im geltend gemachten Umfang aus §§ 87a Abs. 3, 92 Abs. 4 HGB; 812 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit dem Agenturvertrag vom 23.03./16.4.2014 verlangen.
1. Die Rüge des Beklagten, die im Agenturvertrag niedergelegten Provisionsregelungen seien wegen Verstoßes g...