Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert eines selbständigen Beweisverfahrens zur Feststellung von Mängeln richtet sich nach dem objektiv erforderlichen Kostenaufwand für die Beseitigung der von den Antragstellern behaupteten Mängel.
Verfahrensgang
LG Bonn (Beschluss vom 14.01.2013; Aktenzeichen 13 OH 21/12) |
Tenor
Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zu 1) gegen den Streitwertbeschluss des LG Bonn vom 14.1.2013 - 13 OH 21/12 - in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 4.2.2013 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zu 1) wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen den im Tenor genannten Beschluss des LG Bonn, durch den es den Gegenstandswert für das selbständige Beweisverfahren auf 240 EUR festgesetzt hat.
Mit Schriftsatz vom 22.6.2012 hat die Antragstellerin die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen die Antragsgegner zur Feststellung diverser Mängel an der Außenisolierung der rechten Giebelaußenwand des Haus in C, H und der zur Beseitigung notwendigen Kosten beantragt. Als vorläufigen Streitwert hat die Antragstellerin 10.000 EUR angegeben.
Der vom LG beauftragte Sachverständige E bestätigte in seinem Gutachten die in der Antragsschrift benannten Beschädigungen an einer Entwässerungsgrundleitung, einer Perimeterdämmplatte sowie der Abdichtungsschicht und bezifferte den zur Mangelbeseitigung erforderlichen Kostenaufwand auf rund 240 EUR brutto.
Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zu 1) begehren in Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Festsetzung eines höheren Streitwertes.
II. Die auf Erhöhung des Streitwerts gerichtete Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zu 1) ist als im eigenen Namen eingelegt anzusehen (Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 20. Aufl., § 32 RVG Rz. 122) und als solche gem. § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 1 ZPO statthaft. Sie ist indes unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG den Streitwert auf 240 EUR festgesetzt.
Nach der Rechtsprechung des BGH, der auch der Senat folgt, ist der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens mit dem vollen Hauptsachewert anzusetzen. Denn das selbständige Beweisverfahrens ist als vorweggenommener Teil des späteren Hauptsacheverfahrens anzusehen, was sich insbesondere aus dem Verwertungsgebot des § 493 Abs. 1 ZPO deutlich ergibt (BGH, Beschl. v. 16.9.2004 - II ZB 33/04).
Dabei ist der vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung geschätzte Wert weder bindend noch maßgeblich. Vielmehr hat das Gericht nach Einholung des Gutachtens den richtigen Hauptsachewert, bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das materielle Interesse des Antragstellers, festzusetzen (BGH, a.a.O.; Herget in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rz. 16 Stichwort:" Selbständiges Beweisverfahren" m.w.N.).
Ausgehend hiervon kommt es für die Bestimmung des Streitwerts in dem Fall, dass der Sachverständige alle in der Antragsschrift behaupteten Mängel bestätigt, in der Regel darauf an, welcher Kostenaufwand nach dem Gutachten zur Beseitigung der vorgetragenen Mängel erforderlich ist. Werden hingegen im Beweisverfahren keine oder nicht alle behaupteten Mängel gutachterlich bestätigt, sind für die Streitwertfestsetzung diejenigen Kosten zu schätzen, die sich ergeben hätten, wenn jene Mängel festgestellt worden wären (BGH, a.a.O.; OLG Stuttgart, Beschl. v. 7.8.2008 - 10 W 43/08; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.3.2010 - 21 W 5/10; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31.5.2010 - 4 W 17/10; Herget in Zöller, a.a.O.; Pastor in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl., Rz. 145).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das LG den Streitwert für das selbständige Beweisverfahren zu Recht auf die im Gutachten des Sachenverständigen E angegebenen Kosten der Mängelbeseitigung von 240 EUR festgesetzt. Der Sachverständige E hat das Vorliegen der in der Antragsschrift behaupteten Mängel vollumfänglich bestätigt und nur abweichend von der Einschätzung der Antragstellerin geringere Mängelbeseitigungskosten ermittelt. Diese Kosten entsprechend dem materiellen Interesse der Antragstellerin und sind daher der Streitwertbemessung zugrunde zu legen. Dass nach Vorlage des Gutachtens E die Baugrube wieder gefüllt worden ist und hierdurch ggf. weitere Kosten in Ansatz zu bringen wären, ist nicht dargetan.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet, § 68 Abs. 3 GKG.
Fundstellen
BauR 2013, 1317 |
JurBüro 2013, 423 |
AGS 2013, 182 |
RVG prof. 2013, 128 |