Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Rechtsanwalts bei Auflösung einer Scheinehe
Leitsatz (amtlich)
Wegen des Missbrauchs des Rechtsinstituts der Ehe sind an die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei (feststehendem) Vorliegen einer Scheinehe strenge Anforderungen zu stellen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen (BVerfG FamRZ 1984, 1206; BGH FamRZ 2005, 1477) darf einer armen Partei aber nicht die Möglichkeit genommen werden, die Aufhebung der Scheinehe zu erreichen, wenn die erforderlichen wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegeben sind. Hinsichtlich der die "arme" Partei sonst treffenden Gerichtskosten ist daher die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlich (§§ 93a, 122 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO).
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts kommt aber dann wegen Mutwilligkeit nicht in Betracht, wenn die "arme" Partei einen eigenen Scheidungsantrag stellt, obwohl die andere Partei bereits das Scheidungsverfahren eingeleitet hatte und dieser auch Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, da es zumutbar erscheint, keine weiteren vermeidbaren Kosten zu Lasten des Steuerzahlers zu produzieren.
Eine wirtschaftlich vernünftig denkende Partei würde in diesem Fall keinen eigenen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragen, wenn sie ihre Prozesskosten aus eigenen Mitteln bestreiten müsste.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Köln (Beschluss vom 05.09.2007; Aktenzeichen 302 F 217/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 19.10.2007 gegen den Beschluss des AG Köln vom 5.9.2007 wird der Antragsgegnerin Prozesskostenhilfe bewilligt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdegebühr wird auf die Hälfte ermäßigt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist teilweise begründet. Prozesskostenhilfe kann der Antragsgegnerin nach § 114 Satz 1 ZPO nicht vollständig versagt werden. Zwar sind beide Parteien wegen des Eingehens einer Scheinehe rechtskräftig verurteilt worden. Wegen dieses Missbrauchs des Rechtsinstituts der Ehe sind an die Bewilligung von Prozesskostenhilfe strenge Anforderungen zu stellen. Aus verfassungsrechtlichen Gründen (BVerfG FamRZ 1984, 1206; BGH FamRZ 2005, 1477) darf einer armen Partei aber nicht die Möglichkeit genommen werden, die Aufhebung der Scheinehe zu erreichen, wenn die erforderlichen wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gegeben sind. Hinsichtlich der die Antragsgegnerin sonst treffenden Gerichtskosten ist daher die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlich (§§ 93a, 122 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO).
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts kommt aber nicht in Betracht. Es ist im vorliegenden Fall als mutwillig zu bezeichnen, dass die Antragsgegnerin einen eigenen Scheidungsantrag stellt. Der Antragsteller hatte das Scheidungsverfahren eingeleitet, ihm ist auch Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Bei dieser Sachlage war es der Antragsgegnerin zuzumuten, keine vermeidbaren Kosten zu lasten des Steuerzahlers zu produzieren.
Fundstellen
Haufe-Index 1938135 |
FamRZ 2008, 1260 |
OLGR-Mitte 2008, 382 |