Entscheidungsstichwort (Thema)

Stornoabwehrmaßnahme in Form von Stornogefahrmitteilungen bei nach Beendigung des Handelsvertretervertrags absehbaren Stornierungen. Stornoabwehrmaßnahmen bei Kleinstbeträgen. Anspruch wegen zu hoch angesetzter Mietzinsen für Computerhardware, in die vertriebsnotwendige Software eingepreist sein soll

 

Leitsatz (amtlich)

Aus der Natur der Sache ergibt sich, dass die Stornogefahrmitteilungen nur hinsichtlich solcher Verträge ausreichend sein können, die der Beklagte noch selbst nachbearbeiten kann. Soweit die Klägerin Rückforderung von Provisionsansprüchen wegen Stornierungen geltend macht, die erst nach Vertragsbeendigung absehbar wurden, ist deshalb eine Stornogefahrmitteilung nicht ausreichend.

Hinsichtlich Kleinstbeträge sind jedenfalls vorliegend keine Stornoabwehrmaßnahmen geschuldet. Ob und in welchem Umfang auch bei Kleinstbeträgen Stornoabwehrbemühungen geschuldet sind, ist eine Frage des Einzelfalls. Art und Umfang der dem Versicherungsunternehmen obliegenden Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Soweit für Kleinstbeträge teilweise vertreten wird, eine Nachbearbeitungspflicht entfalle, wenn der Versicherer davon ausgehen könne, dass auch der Versicherungsvertreter keine Maßnahmen ergriffen hätte, deren Aufwand außer Verhältnis zur Provision gestanden hätten, so ist fraglich, ob diese Grundsätze Allgemeingültigkeit beanspruchen können. Insbesondere ist zweifelhaft, ob auf feste Wertgrenzen zurückgegriffen werden kann. Allerdings gelten die Grundsätze jedenfalls auch im vorliegenden Fall. Es ist weder erkennbar, noch vom Beklagten dargetan, dass in den Fällen, in denen die Klägerin eine Nachbearbeitung bislang nicht konkret belegt hat und bei denen es sich sämtlich um Kleinstbeträge handelt, ein wirtschaftlich denkender Handelsvertreter seinerseits Nachbearbeitungsbemühungen unternommen hätte. Der Beklagte wäre jedenfalls gehalten gewesen, konkret mitzuteilen, in welchen dieser Fälle aus welchem Grunde eine Nachbearbeitung durch die Klägerin unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Vernunft hätte erfolgen müssen.

 

Normenkette

ZPO §§ 86a, 87a

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 01.12.2011; Aktenzeichen 1 O 670/10)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 1.12.2011 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Aachen - 1 O 670/10 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil des LG Aachen vom 1.12.2011 - 1 O 670/10 - ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung des Beklagten war gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO) und eine mündliche Verhandlung auch aus anderen Gründen nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

Der Beklagte ist auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür mit Beschluss des Senats vom 10.5.2012 (Bl. 254 ff. GA) hingewiesen worden. An den darin geäußerten Erwägungen hält der Senat fest. Wegen des Inhalts und der Gründe des Beschlusses wird auf diesen verwiesen. Der Beklagte hat mit seiner Stellungnahme vom 3.8.2012 keine tatsächlichen oder rechtlichen Erwägungen vorgetragen, die den Senat veranlassen, von seiner Entscheidung der Zurückverweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO abzuweichen.

Es verbleibt dabei, dass das LG der Klage auf Zahlung von 12.767,20 EUR zu Recht stattgegeben hat. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein vertraglicher Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Provisionsvorschüsse zu. Die Einwendungen des Beklagten gegen die Abrechnung greifen auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Beklagten vom 3.8.2012 nicht durch.

Der Senat hat im Beschluss vom 10.5.2012 im Einzelnen ausgeführt, dass, soweit der Beklagte erstinstanzlich eingewendet hat, die Klägerin habe hinsichtlich der zurückgeforderten Provisionsvorschüsse betreffend der Lebensversicherungsverträge nach dem Altersvermögensgesetz (AVmG) keine hinreichende Stornoabwehr betrieben, dies der Klageforderung nicht entgegensteht. Hierbei verbleibt es. Der Beklagte geht in seiner Stellungnahme auf diesen Punkt auch nicht ein.

Es verbleibt zudem dabei, dass der Beklagte der Klageforderung im Wege der Aufrechnung auch keinen Anspruch wegen zu hoch angesetzter Mietzinsen für Computerhardware, in die vertriebsnotwendige Software eingepreist sei, entgegenhalten kann. Wie im Beschluss vom 10.5.2012 ausgeführt, ist zwar anerkannt, dass solche Software, die zur vertragsgemäßen Ausübung der Tätigkeit des Handelsvertreters erforderlich ist, diesem nach § 86a Abs. 1 HGB kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss. Indes hat der Beklagte weder erst- noch zweitinstanzlich ...

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