Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilweiser Sorgerechtsentzug bei Verhinderung der Ausübung eines Umgangsrechts

 

Leitsatz (amtlich)

Die Umgangskontakte eines Kindes zum nicht sorgeberechtigten Elternteil gehören zum Wohl des Kindes und sind notwendig für die gesunde seelische Entwicklung eines Kindes und zwar in jeder seiner Einwicklungsstufen. Ein Kind von einem Elternteil fernzuhalten ist immer ein Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte, der objektiv nicht zu verantworten ist.

Weigert sich die Mutter trotz des Angebots einer Umgangsbegleitung hartnäckig, einen Umgang zuzulassen, rechtfertigt dies, der Mutter das Sorgerecht insoweit zu entziehen, als es um die Regelung des Umgangs des Vaters mit dem gemeinsamen Kind der Parteien geht und eine dies bezügliche Ergänzungspflegschaft anzuordnen.

 

Normenkette

BGB §§ 1666, 1666a

 

Verfahrensgang

AG Brühl (Beschluss vom 12.02.2010; Aktenzeichen 31 F 442/08)

 

Tenor

1) Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG vom 12.2.2010 - 31 F 442/08 AG Brühl - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2) Der Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Beschwerde wird mangels Erfolgsaussicht abgewiesen.

3) Dem Antragsteller wird zur Verteidigung im Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin A., F.-M., beigeordnet.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das AG im Rahmen einer einstweiligen Anordnung der Mutter das Sorgerecht insoweit entzogen, als es um die Regelung des Umgangs des Antragstellers mit Q., der gemeinsamen Tochter der Parteien, geht und insoweit Ergänzungspflegschaft angeordnet.

Zu Recht weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass auch der nur teilweise Entzug des Sorgerechts nur bei einer Gefährdung des Kindeswohls i.S.d. § 1666 BGB in Betracht kommt.

Eine solche Gefährdung liegt hier aber vor.

Unabhängig von der verfassungsrechtlichen Bewertung des sowohl dem Vater als auch dem Kind zustehenden Rechts auf Umgang miteinander, ist es in Fachkreisen allgemein anerkannt, dass i.d.R. die Umgangskontakte eines Kindes zum nicht sorgeberechtigten Elternteil zum Wohl des Kindes gehören und notwendig sind für die gesunde seelische Entwicklung eines Kindes und zwar in jeder seiner Einwicklungsstufen. Ein Kind von einem Elternteil fernzuhalten ist immer ein Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte, der objektiv nicht zu verantworten ist, schließlich sind sowohl Vater als auch Mutter in ihrer besonderen Stellung Bezugspersonen, die es für jeden Menschen nur einmal gibt. Außerdem sollte sich jeder sorgeberechtigte Elternteil klar machen, dass der Versuch, den Kontakt zum anderen Elternteil einzuschränken, auf die Dauer zu psychischen Schäden führte, die sich verunsichernd auswirken auch auf die Gefühlsbeziehung des Kindes zum sorgeberechtigten Elternteil (vgl. z.B. Arntzen, Elterliche Sorge und Umgang mit Kindern, 2. Aufl., Kap. III).

Deshalb stellt es eine Gefährdung des Kindeswohls dar, seinen Umgang mit dem anderen Elternteil zu verhindern.

Deshalb sind Ausschlüsse oder Beschränkungen des Umgangsrechts nur gerechtfertigt, soweit sie durch eine konkrete Gefährdung des Kindes erforderlich sind (z.B. BVerfG FamRZ 1983, 872).

Eine solche Gefährdung ist hier aber nicht erkennbar.

Es mag dahinstehen, ob die Sorgen der Mutter vor einer Entführung des Kindes durch den Vater gerechtfertigt sind. Denn der Vater ist bereit, den Umgang mit dem Kind unter Aufsicht in Form der Begleitung durch einen Umgangspfleger durchzuführen.

Auch der Senat hält es ebenso wie das AG für widersprüchlich, wenn die Mutter einerseits behauptet, der Vater wolle die Existenz des Kindes ausnutzen, um eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis zu erhalten und gleichzeitig eine Entführung befürchtet.

Um allerdings den Ängsten der Mutter Rechnung zu tragen und um zu verhindern, dass sich diese Ängste auf die Unbefangenheit des Kindes belastend auswirken, erscheint die Einrichtung einer Umgangspflegschaft erforderlich.

Weiterhin ist sie unerlässlich, weil sich die Mutter trotz des Angebots einer Umgangsbegleitung hartnäckig weigert, einen Umgang zuzulassen. Dies unterscheidet sich in seinen Auswirkungen nicht vom Verhalten einer Mutter, die eine bereits bestehende Umgangsregelung unterläuft, wie die Antragsgegnerin wohl meint. In jedem Fall kann auch hier nur ein Umgang stattfinden, indem ein Umgangspfleger eingesetzt wird, der die an sich der Mutter zukommende Aufgabe, den Kontakt zum Vater zuzulassen, zu fördern und durchzuführen übernimmt, weil die Mutter dies entweder nicht tun will oder dazu aus psychischen Gründen nicht der Lage ist.

Gemäß § 1630 Abs. 1 BGB erstreckt sich die elterliche Sorge nicht auf Angelegenheiten des Kindes, für die ein Pfleger bestellt ist.

Insoweit tritt der Pfleger an die Stelle der Eltern und verdrängt deren elterliche Sorge (Palandt/Diederichsen, BGB, 69. Aufl., § 1909 Rz. 2).

Zu Recht hat das AG also klarstellend der Mutter die elterliche Sorge insoweit entzogen,...

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