Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumsverfahren: Streitwert der Entziehungsklage
Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert einer Klage auf Entziehung des Wohnungseigentums entspricht dem Wert des zu veräußernden Wohnungs- bzw. Teileigentums.
Normenkette
WEG § 18; GKG § 49a
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 08.06.2010; Aktenzeichen 29 T 108/09) |
AG Köln (Urteil vom 25.06.2009; Aktenzeichen 202 C 324/08) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten wird unter Abänderung des Beschlusses der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 8.6.2010 - 29 T 108/09 - und der Streitwertfestsetzung im Urteil des AG Köln vom 25.6.2009 - 202 C 324/08 - der Streitwert für das Verfahren erster Instanz auf 150.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, hat Klage auf Entziehung des Wohnungseigentums, gestützt auf Zahlungsrückstände, erhoben. Der Verkehrswert der beiden Wohnungen der Beklagten liegt bei insgesamt 150.000 EUR. Das AG hat den Streitwert auf 75.000 EUR festgesetzt. Hiergegen wenden sich die erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit der Streitwertbeschwerde, mit der sie die Festsetzung des Streitwerts auf 150.000 EUR anstreben. Sie stützen sich auf eine Entscheidung des BGH vom 21.9.2006 (NJW 2006, 3428), wonach der Streitwert der Eigentumsentziehungsklage sich nach dem Verkehrswert des zu veräußernden Wohnungs- oder Teileigentums bestimmt.
Das LG hat die Beschwerde zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen.
II. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige weitere Beschwerde ist begründet.
1. Der Streitwert einer Klage auf Entziehung des Wohungseigentums richtet sich nach § 49a GKG. Die Vorschrift erfasst die in § 43 WEG genannten Verfahren, dazu gehört auch die Klage auf Entziehung des Wohnungseigentums, § 43 Nr. 2 WEG (Bärmann/Wenzel, WEG, 10. Aufl., § 43 Rz. 74; Timme/Hogenschurz, WEG, § 18 Rz. 56; anders war es nach altem Recht, wonach für die WEG-Verfahren das FGG und für die Entziehungsklage die ZPO galten).
Nach § 49a GKG ist der Streitwert grundsätzlich auf 50 % des Interesses aller Beteiligten festzusetzen, wobei der Streitwert nach unten durch das Interesse des Klägers und nach oben durch das Fünffache des Wertes des Interesses des Klägers sowie den Verkehrswert des Wohnungseigentums des Klägers und des oder der Beklagten begrenzt ist.
2. Der Senat schließt sich der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur an, wonach sich das Interesse der Beteiligten nach dem Verkehrswert des zu veräußernden Wohnungs- bzw. Teileigentums richtet (BGH NJW 2006, 3428; OLG Rostock, ZMR 2006, 476; Timme/Elzer, WEG, § 43 Rz. 217; Timme/Hogenschurz, WEG, § 18 Rz. 56; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 3. Aufl., Anh. zu § 50 Rz. 5). Soweit der Senat in einer früheren Entscheidung auf den Wert der Störung, deren Beseitigung die Entziehungsklage dient, abgestellt hat (OLG Köln, ZMR 1999, 284; ähnlich Jennißen/Heinemann, WEG, 2. Aufl., § 19 Rz. 18 ff.), hält er hieran nach Erlass der Entscheidung des BGH und im Interesse der Rechtsklarheit nicht mehr fest. Die Bemessung des Streitwerts der Entziehungsklage anhand des Verkehrswerts des zu veräußernden Eigentums trägt der Bedeutung dieses Verfahrens für die Beteiligten angemessen Rechnung und ermöglicht eine rechtssichere Bemessung des Streitwerts.
3. Nach § 49a GKG beträgt der Streitwert grundsätzlich lediglich 50 % des Interesses der Beteiligten. Dem entspricht die Wertfestsetzung durch das AG.
Allerdings darf der Streitwert das Interesse des oder der Kläger und der auf ihrer Seite Beigetretenen nicht unterschreiten. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung die Gleichbehandlung mit Verfahren nach der ZPO erreichen. Andernfalls wären die Beteiligten eines Verfahrens nach dem WEG ggü. den Parteien in anderen Verfahren ohne sachlichen Grund besser gestellt (Stellungnahme des Bundesrats zum Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-DrS 16/887 S. 53). Da auch das Interesse der Kläger an der Entziehung des Wohnungseigentums sich nach dem Streitwert des zu veräußernden Wohnungs- bzw. Teileigentums richtet (BGH, a.a.O.), führt dies dazu, dass der Streitwert einer Klage auf Entziehung des Wohnungseigentums auch nach § 49a GKG dem vollen Verkehrswert des Wohnungseigentums des Beklagten entspricht.
Fundstellen
Haufe-Index 2422968 |
NZM 2011, 553 |
ZMR 2010, 977 |
AnwBl 2011, 104 |
WuM 2011, 255 |
MietRB 2011, 18 |
IWR 2010, 66 |