Verfahrensgang

AG Brühl (Beschluss vom 04.09.2015; Aktenzeichen 31 F 352/11)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 11.05.2016; Aktenzeichen XII ZB 582/15)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Brühl vom 4.9.2015, Az. 31 F 352/11, wird unter Zurückweisung ihres Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig verworfen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 4.9.2015 hat das AG - Familiengericht - Brühl die mit Beschluss vom 14.2.2012 getroffene Entscheidung über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abgeändert und eine einmalige Zahlung der Antragstellerin in Höhe von 4.608,39 EUR angeordnet. Diese Entscheidung wurde der Antragstellerin persönlich am 9.9.2015 zugestellt, nachdem sie bereits am 8.9.2015 der im Ausgangsverfahren für die Antragstellerin tätig gewordenen und der Antragstellerin mit Beschluss vom 14.2.2012 im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwältin H zugestellt worden war. Mit Schriftsatz ihrer neuen Verfahrensbevollmächtigten vom 8.10.2015, bei dem AG Brühl eingegangen am 9.10.2015, hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 4.9.2015 eingelegt. Das AG hat der sofortigen Beschwerde unter Hinweis darauf, dass die Beschwerde bereits unzulässig sei, nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 27.10.2015 hat die Antragstellerin die Rechtsauffassung vertreten, dass ihre sofortige Beschwerde im Hinblick auf die an sie persönlich erfolgte Zustellung - zumindest im Hinblick auf den Meistbegünstigungsgrundsatz - als fristgerecht anzusehen sei und hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Versäumung der Beschwerdefrist beantragt, weil sie von der früheren Zustellung an Frau Rechtsanwältin H keine Kenntnis erhalten habe.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, über die das Beschwerdegericht nach Übertragung durch den Einzelrichter auf den Senat entscheidet, ist unzulässig. Gemäß § 113 Abs. 1 FamFG, § 127 Abs. 2, § 567 Abs. 1 Nr. 1, §§ 569 ff. ZPO findet gegen Entscheidungen im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe die sofortige Beschwerde statt, die binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder beim Beschwerdegericht einzulegen ist. Hier ist die Entscheidung am 8.9.2015 wirksam an die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin zugestellt worden, was die Monatsfrist ohne Rücksicht auf die am 9.9.2015 erfolgte Zustellung an die Antragstellerin persönlich in Lauf gesetzt hat. Im Hinblick auf die danach am 9.10.2015 verspätet eingegangene sofortige Beschwerde kann der Antragstellerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden, weil ein Verschulden an der Fristversäumung nicht ausgeschlossen ist.

Die Monatsfrist für die Einlegung des Rechtsmittels hat die Antragstellerin nicht eingehalten. Die Frist hat begonnen mit Zustellung an die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin aus dem früheren Hauptsacheverfahren, Frau Rechtsanwältin H, am 8.9.2015. Wie der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 8.12.2010, XII ZB 38/09, FamRZ 2011, 463 ff., überzeugend ausgeführt hat, haben Zustellungen gem. §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO im Hinblick auf die Geltung des § 172 Abs. 1 ZPO jedenfalls dann an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen, wenn dieser die Partei im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hat. So liegt der Fall hier, denn die Antragstellerin wurde im Verfahren AG Brühl, 31 F 352/11, bereits im Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren von Frau Rechtsanwältin H vertreten, die seinerzeit selbst den Verfahrenskostenhilfeantrag eingereicht hatte. Entgegen der Ansicht der Beschwerde gilt dies nicht nur dann, wenn das AG die der Entscheidung vorangehende Korrespondenz mit dem Verfahrensbevollmächtigten und nicht mit dem Beteiligten persönlich führt, sondern unabhängig hiervon; ungeachtet dessen liegt auch ein Fall, in dem die Korrespondenz ausschließlich mit einem Beteiligten persönlich geführt worden wäre, nicht vor. Geht man mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes davon aus, dass das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren zum Rechtszug im Sinne des § 172 ZPO gehört (BGH, aaO., juris Rn. 19 ff.), so kann es für die Frage der Wirksamkeit der Zustellung, die zwingend an den Verfahrensbevollmächtigten zu erfolgen hat, nicht darauf ankommen, ob das AG zuvor mit diesem oder mit dem Beteiligten persönlich korrespondiert hat, sondern allein eine Zustellung an den Verfahrensbevollmächtigten die Beschwerdefrist in Lauf setzen (vgl. BGH, aaO., juris Rn. 30). Ungeachtet dessen übersieht die Beschwerde auch, dass sich im vorliegenden Fall das AG zunächst mit seiner das Überprüfungsverfahren einleitenden Verfügung vom 23.10.2014 ausschließlich an die Verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwältin H gewandt hat, die erkennbar auch in die weitere Korrespondenz einbezogen blieb. Zu keinem anderen Ergebnis führt ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge