Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Eschweiler vom 27.04.2022 - 15 F 141/20 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Wert des Beschwerdeverfahrens: 12.213,00 EUR

 

Gründe

I. Die Beteiligten, die am 10.12.2011 die Ehe geschlossen hatten, leben getrennt, wobei zwischen ihnen der genaue Trennungszeitpunkt - den der Antragsteller mit Dezember 2019, die Antragsgegnerin mit Februar 2020 behauptet - streitig ist. Der Antragsteller hat die Scheidung der Ehe beantragt. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht - Familiengericht - Eschweiler die Ehe der Beteiligten geschieden und zur Begründung ausgeführt, die Ehe sei gescheitert; aus der Anhörung der Beteiligten ergebe sich eine Trennung spätestens seit Februar 2020. Die Beteiligten seien sehr zerstritten, der Antragsteller habe eine neue Partnerin. Anhaltspunkte dafür, dass die Beteiligten wieder zueinander finden könnten, seien nicht ersichtlich. Wegen des weiteren Inhalts der angefochtenen Entscheidung wird auf Bl. 87 - 90 d.A. Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, die meint, die Ehe sei nicht gescheitert. Streitigkeiten in den Unterhaltsverfahren könnten hierfür nicht als Indiz dienen; auch seien die Beteiligten respektvoll miteinander umgegangen, sie - die Antragsgegnerin - habe bis heute die Wahrnehmung, eine gute Ehe geführt zu haben. Die Trennung sei für sie unvorbereitet gekommen und von ihr nicht gewollt gewesen. Sie sei bereit, wieder mit dem Antragsteller zusammenzuleben.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Eschweiler vom 27.04.2022 - 15 F 141/20 - aufzuheben und den Ehescheidungsantrag zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er meint, die Antragsgegnerin halte nur aus finanziellen (Unterhalts-)Gründen an der Ehe fest. Er sei nicht bereit, die Partnerschaft mit ihr wieder aufzunehmen; er habe eine neue Lebensgefährtin, würde aber selbst ohne diese nicht zur Antragsgegnerin zurückkehren wollen.

II. Die zulässige Beschwerde bleibt im Ergebnis ohne Erfolg, weil das Amtsgericht zu Recht die Beteiligten geschieden hat. Die Gründe hierfür ergeben sich im Einzelnen aus dem Beschluss des Senats vom 26.09.2022 (Bl. 129 ff. d.A.), die der Senat auch in der gegenwärtigen Besetzung teilt und in welchem ausgeführt worden ist wie folgt:

"Die Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist; dies ist der Fall, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen, § 1565 Abs. 1 BGB. Hierfür streitet zwar, worauf die Beschwerde im Grundsatz zu Recht verweist, mangels einvernehmlicher Scheidung nicht schon die Vermutung des § 1566 Abs. 1 BGB. Gleichwohl ist mit dem Amtsgericht davon auszugehen, dass die Ehe gescheitert ist.

Ob die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann, ist außerhalb des Anwendungsbereichs von § 1566 BGB als tatrichterliche Prognose unter Würdigung aller Umstände zu entscheiden (BGH, Urt. v. 14.06.1978 - IV ZR 164/77, FamRZ 1978, 671). Hierbei folgt aus der Trennungszeit von über einem Jahr zwar noch keine tatsächliche Vermutung für das Scheitern der Ehe. Gleichwohl rechnet zur Prognose auch, dass mangels entgegenstehender Indizien davon auszugehen ist, dass nach Wegfall der Lebensgemeinschaft ein Scheidungsbegehren verbunden mit der Selbstdiagnose des Scheiterns der Ehe nach menschlicher Lebenserfahrung für eine negative Eheprognose spricht (vgl. Staudinger-Rauscher (2018), § 1565, Rn. 54). Eine Ehescheidung ist für die Betroffenen regelmäßig mit so tiefer menschlicher und wirtschaftlicher Belastung verbunden, dass nicht aus einem scheinobjektiven Blickwinkel leichtfertig der Vorwurf der Unbesonnenheit gemacht werden kann; hinzu kommt die weitere Lebenserfahrung, dass eine Gegenläufigkeit von Diagnose und Prognose eher als die Ausnahme anzusehen ist (vgl. Staudinger, a.a.O.).

Entscheidend ist aber stets, ob die Ehekrise überwindbar erscheint oder ob dem einen oder dem anderen Ehegatten jegliche Versöhnungsbereitschaft fehlt. Eine - wie hier - einseitige Zerrüttung auf Seiten eines Ehegatten reicht daher aus, wenn aus dem Verhalten und den glaubhaften Bekundungen des die Scheidung beantragenden Ehegatten zu entnehmen ist, dass er unter keinen Umständen bereit ist, zu dem anderen Ehegatten zurückzufinden und die Ehe fortzusetzen, weil bereits dann eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht zu erwarten ist (OLG Naumburg, Urt. v. 07.04.2005 - 3 UF 183/04, FamRZ 2006, 43; OLG Zweibrücken, Urt. v. 06.04.2006 - 6 UF 208/05, FamRZ 2006, 1210).

Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die Ehe der Beteiligten gescheitert.

Die Beteiligten haben sich - selbst nach eigenem Vortrag der Antragsgegnerin - (spätestens) im Februar 2020 und damit vor ca. 21/2Jahren getrennt und seitdem zu keinem Zeitpunkt die eheliche Le...

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