Leitsatz (amtlich)

Ohne entspr. Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft sind einzelne Wohnungseigentümer nicht berechtigt, Wohngeldrückstände gegen ein anderes Mitglied der Gemeinschaft, auch wenn es sich um den Mehrheitseigentümer handelt, gerichtlich geltend zu machen.

 

Normenkette

WEG § 16

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Aktenzeichen 28 II 23/01 WEG)

LG Bonn (Aktenzeichen 8 T 237/01)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wird unter Abänderung der Beschlüsse des AG Bonn vom 7.9.2001 – 28 II 23/01 WEG – und des LG Bonn vom 10.5.2002 – 8 T 237/01 – der Antrag vom 5.2.2001 zurückgewiesen.

Die in erster Instanz entstandenen Gerichtskosten haben die Antragsteller und die Antragsgegnerin je zur Hälfte zu tragen; diejenigen der beiden Beschwerdeinstanzen fallen den Antragstellern zu 2) und 3) zur Last.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.922,52 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist zulässig und begründet.

Der Antrag ist nicht (mehr) zulässig.

Die Antragsteller zu 1) und 2), die den Antrag nur noch weiterverfolgen, sind nicht befugt, die Wohngeldansprüche geltend zu machen. Einen Eigentümerbeschluss mit einer entspr. Ermächtigung gibt es nicht. Ein derartiger Beschluss ist zwar dann nicht erforderlich, wenn alle Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Schuldners gerichtlich rückständiges Hausgeld verlangen. Hierbei handelt es sich indes um einen Ausnahmefall, weil nur für diesen Fall festgestellt werden kann, dass die Interessen der Antragsteller deckungsgleich sind mit denjenigen der Gemeinschaft (vgl. OLG Düsseldorf v. 7.1.1998 – 3 Wx 503/97, OLGReport Düsseldorf 1998, 90 = WuM 1998, 248). Ansonsten hat es bei dem Grundsatz zu verbleiben, dass die Gemeinschaft über eine Rechtsverfolgung der Gemeinschaft zu entscheiden hat, und ein einzelner oder einzelne Wohnungseigentümer Ansprüche gegen einen anderen Wohnungseigentümer nur dann geltend machen können, wenn eine Ermächtigung durch einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgt ist (BGH in st. Rspr. seit 20.4.1990 – V ZB 1/90, MDR 1991, 138 = NJW 1990, 2386; zuletzt v. 6.3.1997 – III ZR 248/95, MDR 1997, 537 = NJW 1997, 2106; vgl. auch OLG Köln v. 9.8.2000 – 16 Wx 67/00, OLGReport Köln 2001, 43 = NZM 2001, 429 m.w.N.; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 16 Rz. 100, § 21 Rz. 31). Nachdem aber die Eheleute S schon während des Verfahrens 1. Instanz „die Seiten gewechselt” und im Verhandlungstermin des LG ausdrücklich erklärt hatten, die Ansprüche nicht mehr weiterverfolgen zu wollen, konnte eine Interessenidentität aller Wohnungseigentümer mit Ausnahme der Wohngeldschuldnerin nicht mehr festgestellt werden.

Ansonsten bliebe nur noch die Möglichkeit der Geltendmachung im Wege der Notgeschäftsführung gem. § 21 Abs. 2 WEG (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 16 Rz. 100). Hierfür liegen indes die Voraussetzungen nicht vor. Die Wohnungseigentümergemeinschaft wäre nämlich bei sachgerechter Vorgehensweise ohne weiteres in der Lage gewesen, einen ermächtigenden Eigentümerbeschluss zu erlangen. Dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 20.12.2000, in dem von einem (in Wahrheit noch nicht) eingeleiteten Verfahren auf Zahlung von rückständigen Wohngeld die Rede ist, und der Stellungnahme der Antragsteller vom 7.12.2000 (GA 145) ist zu entnehmen, dass bereits Anfang Dezember 2000 und damit vor der Einladung zur Eigentümerversammlung, die vom 7.12.2000 stammt, bei den drei ursprünglichen Antragstellern der Wille vorhanden war, die Ansprüche gerichtlich gegen die Antragsgegnerin geltend zu machen. Eine entspr. Vorgehensweise hätte daher ohne weiteres auf die Tagesordnung gesetzt werden können. Auch wäre die Gemeinschaft für eine entspr. Entschließung beschlussfähig gewesen; denn die Antragsgegnerin wäre insoweit gem. § 25 Abs. 5 WEG nicht stimmberechtigt gewesen. Der gesetzliche Ausschluss eines Stimmrechts für einen Wohnungseigentümer mit mehr als der Hälfte der Stimmen hätte anders als nach h.M. ein wegen rückständigen Wohngeldes nach der Teilungserklärung ruhendes Stimmrecht die Folge gehabt, dass § 25 Abs. 3 WEG keine Anwendung findet (vgl. BayObLG v. 15.10.1992 – 2Z BR 75/92, BayObLGReport 1993, 17 = NJW-RR 1993, 206 = MDR 1993, 344; OLG Düsseldorf v. 9.10.1998 – 3 Wx 162/98, OLGReport Düsseldorf 1999, 137 = NZM 1999, 270 u. v. 16.11.1998 – 3 Wx 393/98, OLGReport Düsseldorf 1999, 303; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 25 Rz. 80, 139). Demzufolge hätte ohne weiteres eine Ermächtigung eines Wohnungseigentümers oder der Verwalterin zur Geltendmachung der Wohngeldforderungen erwirkt werden könnten. Wenn aber die Antragsteller stattdessen meinten, quasi an der nach § 21 Abs. 1 WEG für die entspr. Verwaltungsmaßnahme grundsätzlich zuständigen Eigentümerversammlung vorbei unter Ausschöpfung eines von der Rspr. entwickelten Ausnahmetatbestandes eine Rechtsverfolgung gegen die Antragsgegnerin einzu...

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