Verfahrensgang

StA Aachen (Aktenzeichen 12 Js 210/99)

 

Tenor

1. Der angefochtene Beschluss wird unter Verwerfung der weitergehenden Beschwerde wie folgt abgeändert:

Die nach dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Aachen vom 28. September 1999 dem Verurteilten gemäß § 467 StPO aus der Staatskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen werden auf 2.424,25 DM festgesetzt.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem früheren Angeklagten hierin entstandenen notwendigen Auslagen haben zur Hälfte die Staatskasse und zur Hälfte der frühere Angeklagte zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 582,90 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der frühere Angeklagte ist nach vorangegangener Untersuchungshaft durch Urteil des Landgerichts Aachen vom 28. September 1999 wegen Sachbeschädigung, Bedrohung, Körperverletzung und Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt worden. Im übrigen ist er freigesprochen worden. Nach der Kostenentscheidung des Landgerichts hat der Angeklagte die Kosten des Verfahrens und seine Auslagen zu ¼ zu tragen, die übrigen Kosten des Verfahrens und die übrigen notwendigen Auslagen des Angeklagten sind der Staatskasse auferlegt worden.

Mit Schriftsatz seines (Pflicht-) Verteidigers vom 8. Oktober 1999 hat der frühere Angeklagte beantragt, die Kosten des Wahlverteidigers – unter Ansatz der jeweiligen Höchstsätze der BRAGO – wie folgt festzusetzen:

Vorverfahrensgebühr gemäß § 84 Abs. 1 BRAGO

760,00 DM

Hauptverhandlungsgebühr gemäß § 83 Abs. 1 BRAGO

1.520,00 DM

Gebühr für die Fortsetzungsverhandlung § 83 Abs. 2 BRAGO

760,00 DM

Postgebühr gemäß § 26 BRAGO – pauschal –

30,00 DM

Schreibauslagen gemäß § 25 BRAGO

51.50 DM

3.121,50 DM

16% Mehrwertsteuer, § 25 BRAGO

499,44 DM

3.620,94 DM

¾ der Summe zu erstatten

2.715,70 DM

Mit Beschluss vom 11. Februar 2000 hat der Rechtspfleger die dem früheren Angeklagten gemäß § 467 StPO aus der Staatskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 2.132,80 DM festgesetzt. Abweichend vom Kostenfestsetzungsantrag sind dabei (lediglich mit der Mittelgebühr) festgesetzt worden:

Vorverfahrensgebühr gemäß § 84 Abs. 1 BRAGO

410,00 DM

Gebühr für Fortsetzungsverhandlung gemäß § 83 Abs. 2 BRAGO

440,00 DM

Die mit 1.520,–DM beantragte Hauptverhandlungsgebühr ist dagegen unbeanstandet geblieben.

Unter Berücksichtigung der auf die geänderten Beträge entfallende Mehrwertsteuer ergibt sich daraus ein zu Lasten des Angeklagten abgesetzter Betrag von 582,90 DM.

Gegen diesen, am 14. Februar 2000 zugestellten Beschluss richtet sich die am 28. Februar 2000 bei Gericht eingegangene „Erinnerung”, der das Landgericht nicht abgeholfen hat. Darin wird gerügt, dass allein aufgrund der Untersuchungshaft eine Erhöhung der Mittelgebühr um 25% angemessen sei. Zudem habe der Anwalt an einer Haftprüfung teilgenommen. Wegen der zu erwartenden Freiheitsstrafe sei ein hohes Maß an psychologischer Betreuung des früheren Angeklagten erforderlich gewesen. Ferner habe im Zusammenhang mit der Methadonsubstitution des Beschwerdeführers Schriftverkehr mit Ärzten geführt werden müssen; es hätten schließlich auch Gespräche mit den Eltern des früheren Angeklagten stattgefunden.

II.

Das als Erinnerung bezeichnete Rechtsmittel stellt in der Sache eine sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Rechtspflegers dar und ist als solche zu behandeln (§ 300 StPO). Die Beschwerde ist statthaft (§§ 464 b Satz 3 StPO, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, 21 Nr. 1, 11 Abs. 1 RPflG) und auch form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Senat teilt die in Rechtsprechung und Literatur vertretene Auffassung (vgl. Karlsruher Kommentar – Franke, StPO, 4. Aufl., § 464 b Rn. 4 m. w. N.; a.A. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 464 b Rn. 7 m.w.N.), wonach für die Einlegung der Beschwerde die Zweiwochenfrist des § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO und nicht die einwöchige Frist des § 311 Abs. 2 Satz 1 StPO gilt. Mit der in § 464 b S. 3 StPO vorgenommenen Verweisung hat der Gesetzgeber auch das Beschwerdeverfahren in den strafprozessualen Kostenfestsetzungssachen den Regeln der Zivilprozeßordnung unterwerfen wollen. Denn auf diese Weise wird die einheitliche Behandlung ein und derselben (kostenrechtlichen) Materie auch im Rechtsmittelzug gewährleistet (vgl. Löwe/Rosenberg-Hilger, StPO, 24. Aufl., § 464 b Rn. 10). Die Neuordnung der Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen des Rechtspflegers durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Rechtspflegergesetzes und anderer Gesetze vom 6. August 1998 (BGBl. I S. 2030) hat an dieser Sachlage nichts geändert. Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung des § 11 RPflG die bis dahin existierende Durchgriffserinnerung gegen Entscheidungen des Rechtspflegers allein aus Gründen der Verfahrensökonomie und Arbeitsentlastung abgeschafft, weil die Entscheidung über die Erinnerung den in derselben Instanz zuständigen Richter erheblich belastete (vgl. BT-Drucksache 13/10244, S. 7; Hansens in: Arnold/Meyer-Stolte/Hermann/Hansens, RPflG, 5. Auflage, § 11 Rn. 3). Eine Regelung hinsichtlich der im Beschwerdeverfahr...

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