Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von ALG II bei Streitwertbemessung
Normenkette
GKG § 48 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Jülich (Beschluss vom 13.10.2008; Aktenzeichen 10 F 560/08) |
Tenor
Auf die Beschwerden der Verfahrensbevollmächtigten der Parteien wird der Beschluss des AG - FamG - Jülich vom 13.10.2008 (AZ.: 10 F 560/08) abgeändert und der Streitwert für das Scheidungsverfahren auf 6.469,08 EUR festgesetzt.
Die weitergehenden Beschwerden werden zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Das FamG hat mit Beschluss vom 13.10.2008 den Streitwert für die Ehesache auf 4.500 EUR festgesetzt. Es hat dabei das mtl. Erwerbseinkommen der Antragstellerin i.H.v. ca. 1.540 EUR zugrunde gelegt, das von dem Antragsgegner bezogene Arbeitslosengeld II indes unberücksichtigt gelassen.
Hiergegen haben beide Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde eingelegt, mit der sie eine Erhöhung des Streitwertes mit der Begründung anstreben, auch das von dem Antragsgegner bezogene Arbeitslosengeld II sei einzubeziehen. Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat daher die Erhöhung auf 7.065 EUR, hilfsweise auf 5.619 EUR, der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners auf 8.118 EUR beantragt. Letzterer ist von mtl. Sozialleistungen nach SGB II des Antragsgegners von 1.166 EUR ausgegangen.
II. Die gem. §§ 63,68 I GKG, § 32 RVG zulässigen Beschwerden haben auch in der Sache teilweise Erfolg.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Scheidungsverfahren richtet sich nach § 48 Abs. 2 GKG. Danach ist in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien nach Ermessen zu bestimmen. Für Ehesachen regelt § 48 Abs. 3 S. 1 GKG zudem, dass für die Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute einzusetzen ist.
Umstritten ist, ob das von einem Ehegatten bezogene Arbeitslosengeld II zu dem einsetzbaren Nettoeinkommen zu zählen ist. Während teilweise in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Ansicht vertreten wird, dass Sozialleistungen nach SGB II nicht als Einkommen anzusehen seien, weil diese als subsidiäre öffentliche Leistungen gewährt werden, nicht auf einer Erwerbstätigkeit des Empfängers beruhten und aus dem Bezug von ALG II folge, dass die Parteien nicht individuell belastbar seien (so OLG Rostock NJW-RR 2007, 1152; OLG Dresden FamRZ 2004, 1225 und OLG Dresden NJW-RR 2007, 1161-1162; OLG Düsseldorf FamRZ 2006, 807), werden von anderen Gerichten auch solche Leistungen als Einkommen i.S.v. § 48 Abs. 3 S. 2 GKG berücksichtigt (so Schl. Hol. OLG OLGReport Schleswig 2008,608-609; OLG Frankfurt NJW-RR 2008, 310-311; OLG Hamm FamRz. 2006,806-807; OLG Bremen FamRZ 2004, 961).
Der Senat schließt sich der letzteren Auffassung an. Aus dem Wortlaut des § 48 Abs. 2 und 3 GKG ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, als Einkommen lediglich Erwerbseinkünfte oder solche Einkünfte, die als Surrogat geleistet werden, anzusehen. Für die Festsetzung des Streitwertes für ein Scheidungsverfahren kann es nicht darauf ankommen, aus welchen Quellen das zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehende Einkommen stammt. In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten steht kein konkret bezifferbarer Antrag zur Verfügung, der einer Streitwertfestsetzung zugrunde gelegt werde könnte. Dieser ist vielmehr nach Ermessen zu bestimmen. § 48 GKG gibt dazu in Abs. 2 Richtlinien, anhand derer in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten, wozu Ehesachen zählen, die Festsetzung des Streitwertes zu erfolgen hat. Ein Anhaltspunkt sind die Einkommensverhältnisse der Parteien, die herangezogen werden, weil auf diese Weise sichergestellt ist, dass in Verfahren, die höchstpersönliche Belange der Parteien betreffen und die nur durch ein gerichtliches Verfahren entschieden werden können, jedermann gemessen an seinen wirtschaftlichen Verhältnissen Zugang zu den Gerichten zur Klärung seiner höchstpersönlichen Angelegenheit gewährt wird. Die zur Verfügung stehenden Einkünfte der Parteien bieten die Grundlage für die ehelichen Lebensverhältnisse, die nach § 48 GKG als Maßstab für die Streitwertfestsetzung dienen sollen. Unter diesem Gesichtspunkt kann es nicht darauf ankommen, aus welchen Quellen die Einkünfte resultieren, aus denen der Lebensunterhalt bestritten wird.
Für die Berücksichtigung von ALG II spricht auch, dass die Unterhaltsrichtlinien verschiedener OLG (s. Ziff. 2.2 der Unterhaltsleitlinien des OLG Köln) dieses jedenfalls auf Seiten des Verpflichteten als Einkommen berücksichtigt.
Der in den vorstehend zitierten Entscheidungen der OLG, die ebenfalls diese Auffassung vertreten, zum Teil enthaltenen Einschränkung, das ALG II sei nur dann zu berücksichtigen, wenn eine Überleitung auf den Leistungsträger nicht stattgefunden habe, schließt der Senat sich nicht an. Auch wenn ALG II subsidiär zu einer Unterh...