Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verwirkung des Anfechtungsrechts bei Nichtvorlage einer aktuellen Eigentümerliste
Leitsatz (amtlich)
Die Bezeichnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft in dem das Beschlussanfechtungsverfahren einleitenden Schriftsatz in der Kurzform „Wohnungseigentümergemeinschaft X.-straße, vertreten durch den Verwalter Y. ist ausreichend, um die Anfechtungsschrift an den die Gemeinschaft vertretenden Verwalter zuzustellen. Die Zustellung darf deshalb auch nicht von der Vorlage einer vollständigen neuen Eigentümerliste abhängig gemacht werden. Es genügt, wenn diese Liste später im Laufe des Verfahrens nachgereicht wird. Daher ist das Beschußanfechtungsrecht auch nicht allein deshalb verwirkt, weil die Zustellung der Anfechtungsschrift längere Zeit allein aus dem Grunde unterblieb, dass keine Eigentümerliste vorgelegt wurde.
Normenkette
WEG § 23 Abs. 4 S. 2, § 43 Abs. 1 Nr. 4
Verfahrensgang
AG Bonn (Aktenzeichen 28 II 187/88 WEG) |
LG Bonn (Aktenzeichen 8 T 292/99) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu I. und II. wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichs Bonn vom 11.10.2001 – 8 T 292/99 – aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.
Gründe
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 45 Abs. 1 WEG, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG). In der Sache führt sie unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das LG, dessen Entscheidung nicht frei von Rechtsfehlern ist (§§ 27 FGG, 550 ZPO).
Die Beteiligten zu I. und II. haben ihr Anfechtungsrecht entgegen der Ausführungen der Voristanzen nicht verwirkt.
Die Fortführung des nach § 23 Abs. 4 S. 2 WEG rechtzeitig anhängig gemachten Anfechtungsverfahrens ist nicht rechtsmissbräuchlich. Zwar ist – wie das LG zutreffend ausgeführt hat – die Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG gesetzlicher Ausdruck des schutzwürdigen Interesses der Wohnungseigentümer an alsbaldiger Klarheit über den Bestand der von ihnen gefassten Beschlüsse, so dass der anfechtende Wohnungseigentümer verpflichtet ist, nach fristgerechter Anfechtung auch die ihm obliegenden Handlungen, die zur Zustellung der Antragsschrift erforderlich sind, vorzunehmen (vgl. OLG Düsseldorf v. 17.10.1997 – 3 Wx 321/97, ZMR 1998, 302 [303] = OLGReport Düsseldorf 1997, 345). Den Beteiligten zu I. und II. kann vorliegend jedoch nicht angelastet werden, dass die Beteiligten zu III. über die Anfechtung der in der Eigentümerversammlung vom 16.9.1998 gefassten Beschlüsse erst nach Ablauf eines Jahres Kenntnis erlangt haben. Entgegen den Ausführungen der Vorinstanzen genügt die Antragsschrift für die zunächst vorzunehmende Zustellung den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO, dessen Grundsätze auch für das Wohnungseigentumsverfahren gelten. Hierfür genügt auch nach Auffassung des Senates zur Identifizierung der übrigen Wohnungseigentümer, die Antragsgegner sein sollen, die Verwendung einer vereinfachenden Kurzbezeichnung; es reicht aus, wenn der Antragsschrift entnommen werden kann, dass sich der Antrag gegen die „Wohnungseigentümergemeinschaft, X-straße, vertreten durch den Verwalter …” richtet, ohne dass die Mitglieder namentlich aufgeführt werden (vgl. BGH NJW 1977, 1686; v. 25.9.1980 – VII ZR 276/79, BGHZ 78, 166 [173] = MDR 1981, 220; BGH WE 1990, 84; Staudinger/Wenzel, WEG, 12. Aufl., Vorbem. zu §§ 43 ff. Rz 24; Weitnauer/Hanger, WEG, 8. Aufl., Rz 14; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 253 Rz 8; Lüke in MünchKomm/ZPO, § 253 Rz 48). Die Ansicht des BayObLG ZMR 2001, 363 [364]; sowie von Staudinger/Kreuzer, WEG, 12. Aufl., § 10 Rz 15 und Baumbach/Lauterbach/Allbers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 253 Rz 26, wonach bei Antragstellung zumindest die Vorlage einer Eigentümerliste erforderlich ist, kann vorliegend offenbleiben. Durch die vom Senat jedenfalls für die Zustellung als ausreichend erachtete Kurzfassung wird die Partei so klar bezeichnet, dass keine Zweifel an ihrer Identität und Stellung aufkommen können und sich für jeden Dritten die betreffende Partei ermitteln lässt. Für die Beteiligten zu III. sowie die Beteiligte zu IV. als Verwalterin und gesetzliche Zustellungsbevollmächtigte (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG) ist aus der Antragsschrift ohne Zweifel erkennbar, dass sich der Antrag gegen die Wohnungseigentümer richtet, die zur Zeit der Antragstellung der Gemeinschaft angehörten. Der Zustellung einer Ausfertigung der Antragsschrift an den Beteiligten zu IV. als Zustellungsbevollmächtigten der Beteiligten zu III. nach § 189 Abs. 1 ZPO (vgl. BGH v. 25.9.1980 – VII ZR 276/79, BGHZ 78, 166 [173] = MDR 1981, 220) stand mithin nichts entgegen. Die namentliche Bezeichnung aller Wohnungseigentümer hat erst Bedeutung für die Zwangsvollstreckung. Es genügt, wenn seitens des Gerichts im laufenden Erkenntnisverfahren auf die namentliche Bezeichnung der Wohnungseigentümer zwecks genauer Parteibezeichnung im Rubrum der zu treffenden Entscheidung hingewirkt wird (§ 12 FGG).
Eine eigene Entscheidung in der Sac...