Leitsatz (amtlich)
1. In dem Verkauf eines Kraftfahrzeugs als "Neuwagen" liegt die konkludente Zusicherung des Kfz-Händlers, dass das Fahrzeug - hier ein Pkw der Marke Smart - fabrikneu ist.
2. Wird die Modellreihe dieses Fahrzeugs im Zeitpunkt des Verkaufs nicht mehr unverändert gebaut, sondern weist sie inzwischen einen um 50 % vergrößerten Tank auf, ist das verkaufte Fahrzeug kein Neuwagen und entspricht damit nicht der vereinbarten Beschaffenheit.
3. Verweigert der Kfz-Händler in einem solchen Fall die Nacherfüllung, ist der Käufer zum Rücktritt berechtigt.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 12.10.2004; Aktenzeichen 27 O 78/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 12.10.2004 verkündete Urteil der 27. Zivilkammer des LG Köln - 27 O 78/04 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Gründe
Der Kläger erwarb von der Beklagten im Juni 2002 einen Pkw der Marke "T". Das Fahrzeug stammte aus einer Modellreihe, die bis zum 10.2.2002 produziert worden war. Es hatte einen 22 Liter großen Tank. Die nachfolgende Modellreihe, die ab dem 11.2.2002 produziert wurde, wies einen auf rund 33 Liter vergrößerten Tank auf. Das LG hat die Beklagte - nach einer Beweisaufnahme über die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der Kläger auf die Änderung der Tankgröße hingewiesen worden ist - zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Pkw verurteilt.
Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten war durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) und die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordern (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2,3 ZPO).
Der Kläger kann von der Beklagten gem. §§ 434, 437, 440, 323 BGB n.F. die Rückabwicklung des Kaufvertrages und damit Zahlung von 18.326,15 Euro Zug-um-Zug gegen Rückgabe des gekauften Pkw T verlangen, da das Fahrzeug nicht die vereinbarte Beschaffenheit eines Neufahrzeugs hatte und damit ein Sachmangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB n.F. vorlag. Auf den im Juni 2002 geschlossenen Kaufvertrag ist das seit 1.1.2002 geltende Gewährleistungsrecht nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz v. 26.11.2001 (BGBl. I 2001, 3138) anzuwenden.
Das Fahrzeug ist nach dem Vertrag als Neuwagen an den Kläger verkauft worden. Dies ergibt sich daraus, dass die Beklagte in dem Kaufvertragsformular die "Gewährleistung für Neuwagen" übernommen hat und der Vertrag keinerlei Einschränkungen der Neuwageneigenschaft des verkauften Fahrzeugs, z.B. dass es sich um ein Vorführfahrzeug handele, enthält. Dass das Fahrzeug in einem Ausstellungsraum stand, ändert an der Neuwageneigenschaft nichts.
Im Verkauf eines Fahrzeugs als "Neuwagen" durch einen Kfz-Händler liegt in der Regel die konkludente Zusicherung, dass das verkaufte Fahrzeug "fabrikneu" ist (BGH v. 22.3.2000 - VIII ZR 325/98, MDR 2000, 828 = NJW 2000, 2018, zuletzt bestätigt durch Urt. des BGH v. 12.1.2005 - VIII ZR 109/04), wobei in der "Zusicherung" nach früherem Gewährleistungsrecht (§ 459 Abs. 2 BGB a.F.) jedenfalls eine "vereinbarte Beschaffenheit" nach neuem Recht (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB n.F.) liegt (Palandt/Putzo, BGB, 64. Aufl., § 434, Rz. 16). Fabrikneu ist ein Fahrzeug aber nur dann, wenn und solange das Modell unverändert weitergebaut worden ist (BGH v. 22.3.2000 - VIII ZR 325/98, MDR 2000, 828 = NJW 2000, 2018; v. 16.7.2003 - VIII ZR 243/02, BGHReport 2003, 1195 = MDR 2003, 1287 = NJW 2003, 2824; v. 15.10.2003 - VIII ZR 227/02, BGHReport 2004, 151 = MDR 2004, 209 = NJW 2004, 160). Unverändert bedeutet, dass es keinerlei Änderungen in der Technik und der Ausstattung aufweist (BGH v. 22.3.2000 - VIII ZR 325/98, MDR 2000, 828 = NJW 2000, 2018). In diesem Sinne war das vom Kläger erworbene Fahrzeug nicht "unverändert", weil die T. Fahrzeuge der im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages aktuellen Serie - und sei es auch im Rahmen einer "Modellpflege" - einen um 50 % größeren Tank aufwiesen. Da die Fahrzeuge mit dem größeren Tank eine deutlich größere Reichweite haben, handelt es sich dabei um eine für den praktischen Gebrauch des Fahrzeugs wesentliche Veränderung, die dazu führt, dass das verkaufte Fahrzeug nicht mehr als Neuwagen bezeichnet werden kann und die fehlende Tankvergrößerung dem Käufer hätte offenbart werden müssen.
Die Beweiswürdigung des LG, dass eine solche Offenbarung nicht bewiesen ist, ist nicht zu beanstanden. Zur Begründung nimmt der Senat auf seinen Beschluss v. 14.12.2004 Bezug, durch den die Beklagte - mit Gelegenheit zur Stellungnahme - auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hingewiesen worden ist. Die Ausführungen im Schriftsatz v. 7.1.2005 geben weder bezüglich der Neuwageneigenschaft des verkauften Fahrzeugs noch hinsichtlich der Beweiswürdigung des LG zu einer abweichenden Beurteilung der Sache Anlass.
Die Kostenentscheid...