Leitsatz (amtlich)
Über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Einzelrichters des LG, durch die ein Ablehnungsgesuch als unzulässig verworfen worden ist, entscheidet in der Regel der Einzelrichter des Senats.
Die Ablehnung eines 12 Tage vor dem langfristig bestimmten Verhandlungstermin gestellten Antrages auf Terminsverlegung sowie der Übersendung der Akten an eine auswärtige Kanzlei des Prozessbevollmächtigten bietet grundsätzlich keinen Anlass, an der Unparteilichkeit des Richters zu zweifeln.
Dient ein Befangenheitsgesuch dazu, eine zu Recht verweigerte Terminsverlegung bwz. Aktenübersendung noch auf diesem Wege zu erreichen, so darf das Gesuch durch den abgelehnten Richter wegen Rechtsmissbrauch als unzulässig behandelt werden.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren in einem Ablehnungsverfahren bemisst sich unabhängig vom Streitwert der Hauptsache an dem geschätzten Interesse der Partei an einem unbefangenen Richter.
Normenkette
ZPO § 42 ff., §§ 348, 568
Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 3 O 305/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 26.11.2002 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Bonn vom 11.11.2002 – 3 O 305/02 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Gründe
1. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einer Bürgschaft in Anspruch. Nach Eingang einer Klageerwiderung hat der Einzelrichter der Kammer mit Verfügung vom 2.8.2002 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 18.9.2002 bestimmt. Auf Antrag des Beklagten vom 20.8.2002 hat der Einzelrichter mit Verfügung vom 29.8.2002 den Termin wegen urlaubsbedingter Abwesenheit des Beklagten auf den 11.11.2002 verlegt. Die Umladung ist dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 3.9.2002 zugegangen. Mit einem am 30.10.2002 bei Gericht eingegangenem Fax hat sich für den Beklagten ein neuer Prozessbevollmächtigter bestellt. Dieser hat zugleich um Aufhebung des Termins vom 11.11.2002 und um Übersendung der Akten für 3 Tage in seine Kanzlei gebeten. Diese Anträge hat der Einzelrichter mit näher begründeter Verfügung vom 30.10.2002 abgelehnt. Auf telefonische Nachfrage wurden dem neuen Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 4. bzw. 5.11.2002 nochmals die Gründe der Entscheidung erläutert. Daraufhin hat der Beklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 6.11.2002 den Einzelrichter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, es bestehe Anlass an der Neutralität und Objektivität des Richters zu zweifeln, weil dieser weder dem Terminsverlegungsantrag nachgekommen sei noch die Akten nach M. übersandt habe. Eine Akteneinsicht sei zur sachgerechten Einarbeitung in die Angelegenheit notwendig. Auch hätte dem Terminsverlegungsantrag stattgegeben werden müssen, weil nach Übersendung der Unterlagen an seinen Prozessbevollmächtigen – am 4.11.2002 – für diesen die Einarbeitungszeit für eine sorgfältige Vorbereitung zu kurz sei. Zudem ergebe sich der Eindruck, dass eine Entscheidung der Streitigkeit zu seinen Lasten bereits gefallen sei. Durch Beschl. v. 11.11.2002 hat der abgelehnte Richter das Ablehnungsgesuch wegen Rechtsmissbrauch als unzulässig verworfen und hierzu ausgeführt, es seien keine Gründe gegeben, die bei vernünftiger Betrachtungsweise Veranlassung geben könnten, ein Ablehnungsgesuch zu stellen. Daher könne aus dem Verhalten nur der Schluss gezogen werden, dass das Gesuch dazu dienen sollte, auf diesem Wege eine Aufhebung des für den 11.11.2002 angesetzten Verhandlungstermins zu erreichen. Gegen diese am 13.11.2002 zugestellte Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde vom 27.11.2002, die an diesem Tage bei Gericht eingegangen ist.
2. Die sofortige Beschwerde, der das LG gem. seinem Beschl. v. 5.12.2002 nicht abgeholfen hat, ist gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO n.F. statthaft (vgl. allgemein: Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 46 Rz. 14 m.w.N. aus der Rechtsprechung) und auch im Übrigen zulässig; sie ist insb. form- und fristgerecht binnen 2 Wochen ab förmlicher Zustellung der zuvor verkündeten Entscheidung eingelegt worden (§ 569 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 S. 2 ZPO n.F.). Das Beschwerdegericht hat über die vorliegende Beschwerde gem. § 568 S. 1 ZPO n.F. durch den Einzelrichter zu entscheiden, weil die mit der Beschwerde angegriffene Entscheidung des Erstgerichts von dem abgelehnten Einzelrichter, der originär in der Hauptsache zuständig ist (§ 348 ZPO n.F.), erlassen wurde (vgl. allgemein: Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 45 Rz. 4; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 568 Rz. 2) und die in § 568 S. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen für eine Übertragung des Verfahrens auf den Senat nicht gegeben sind. Die Rechtssache hat nämlich weder grundsätzliche Bedeutung noch weist der Rechtsstreit besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Die Möglichkeit einer Übertragung ist auch nicht deshalb zu bejahen, weil die Gefahr einer widersprüchlichen Beurteilung durch den Einzelrichter in dem Beschwerdeverfahren einerseits und den Senat i...