Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Betriebsvereinbarung mit Versorgungszusage ausschließlich wegen Erwerbsminderung bzw. Invalidität
Leitsatz (amtlich)
Im Versorgungsausgleich kann eine Versorgungszusage nur dann berücksichtigt werden, wenn die für die Begründung bzw. Bewilligung der Versorgung maßgebenden Umstände in die Ehezeit fallen (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 RNr. 16, 18, 21). Bei einer Versorgungszusage ausschließlich wegen Erwerbsminderung bzw. Invalidität ist das nicht der Fall. Denn ein Anspruch auf Versorgung entsteht der Natur der Sache nach regelmäßig erst mit Eintritt der Erwerbsminderung bzw. der Invalidität.
Zwar fällt das Arbeitsverhältnisses, aus dem sich die Versorgungszusage ergibt, in die Ehezeit. Jedoch ist diese Zusage - vorliegend sieht die Betriebsvereinbarung eine Versorgung nur bei Eintritt des Versorgungsfalls vor - vergleichbar einer reinen Risikoversicherung für den Fall der Erwerbsminderung bzw. der Invalidität. Auch hier wird eine Leistung nur im Fall des Eintritts der Erwerbsminderung bzw. Invalidität gewährt. Diese Leistungen können nur dann im Versorgungsausgleich berücksichtigt werden, wenn der Versicherungsfall in der Ehezeit eingetreten ist und bei Ehezeitende bereits eine laufende Rente gezahlt wird (h.M. vgl. Johannsen/Henrich/Hahne a.a.O. Rz. 27, § 1587a Rz. 225).
Mangels hinreichender Wahrscheinlichkeit des Entritts des Risikos liegt zudem auch keine Aussicht auf eine Versorgung i.S.d. § 1587 Abs. 1 Satz 1 BGB vor (vgl. BGH FamRZ 1986, 344 f.).
Normenkette
BGB §§ 1587, 1587a
Verfahrensgang
AG Bonn (Urteil vom 28.08.2006; Aktenzeichen 41 F 434/05) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird das Urteil des AG - FamG - Bonn vom 28.8.2006 zum Ausspruch über den Versorgungsausgleich teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Vom Versicherungskonto Nr. ..1 der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund werden auf das Versicherungskonto Nr. ..2 des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften von monatlich 261,18 EUR, bezogen auf den 30.11.2005, übertragen.
Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
II. Es bleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
1. Der Beteiligten zu 1) war wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der befristeten Beschwerde gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Die Beteiligte zu 1), der das Urteil am 6.10.2006 zugestellt worden ist, hat bereits mit Schreiben vom 9.10.2006, eingegangen am 11.10.2006, auf einen ihres Erachtens unzutreffend durchgeführten Versorgungsausgleich hingewiesen und um Prüfung gebeten. Dieses Schreiben ist als Beschwerde zu bewerten und ist rechtzeitig, eingegangen, allerdings beim AG, an das es auch adressiert war. Die Beschwerdefrist lief am 6.11.2006 ab. Es war also ohne unzumutbare Maßnahmen möglich, die Akten noch innerhalb der Beschwerdefrist an das zuständige OLG weiter zu leiten, bei dem sie erst am 8.11.2006 eingegangen sind. Dies aus Gründen, die dem amtsgerichtlichen Betrieb (Urlaubsvertretung) zuzurechnen sind.
Da die Umstände, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, sich somit unmittelbar aus den Akten ergeben, bedarf es nicht eines ausdrücklichen Wiedereinsetzungsantrages, sondern die Wiedereinsetzung ist von Amts wegen zu gewähren (BGH, NJW-RR 1993, 1092 f.; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 236 Rz. 3).
2. Die Beschwerde ist im Ergebnis auch begründet.
Denn die von der Beteiligten zu 1) zugesagte Versorgung im Fall von Invalidität ist hier nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.
Dabei ist - anders als die Beschwerdeführerin meint - zwar nicht entscheidend, dass es sich hier ausschließlich um eine zeitlich befristete Absicherung im Fall von Erwerbsminderung handelt. Denn auch diese ist mit Hilfe der Arbeit erworben und die zeitliche Befristung wäre mit Hilfe der Barwertverordnung durch einen Abschlag zu berücksichtigen.
Im Versorgungsausgleich kann eine Versorgungszusage aber nur dann berücksichtigt werden, wenn die für die Begründung bzw. Bewilligung der Versorgung maßgebenden Umstände in die Ehezeit fallen (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 Rz. 16, 18, 21).
Das ist hier nicht der Fall. Zwar fällt die Begründung des Arbeitsverhältnisses, aus dem sich die Versorgungszusage ergibt, in die Ehezeit.
Bei einer Versorgungszusage ausschließlich wegen Erwerbsminderung bzw. Invalidität entsteht ein Anspruch auf Versorgung der Natur der Sache nach aber regelmäßig erst mit Eintritt der Erwerbsminderung bzw. der Invalidität.
Diese Zusage ist vergleichbar einer reinen Risikoversicherung für den Fall der Erwerbsminderung bzw. der Invalidität. Auch hier wird eine Leistung nur im Fall des Eintritts der Erwerbsminderung bzw. Invalidität gewährt. Diese Leistungen können nur dann im Versorgungsausgleich berücksichtigt werden...