Leitsatz (amtlich)
1.
Zahlungen, die ein Pflichtverteidiger für seine Tätigkeit im Ermittlungsverfahren von seinem Mandanten erhalten hat, sind nach § 58 Abs. 3 RVG auf seine Pflichtverteidigergebühren für die gesamte erste Instanz anzurechnen (Bestätigung der Rechtsprechung des Senats , Beschluss vom 03.06.2008 - 2 Ws 207/08 -)
2.
In Strafsachen ist das gleiche Strafverfahren gebührenrechtlich stets als die gleiche Angelegenheit anzusehen. Die Pauschale nach VV 7002 kann daher für das gesamte erstinstanzliche Verfahren nur einmal beansprucht werden.
3.
Zur (hier verneinten) Erforderlichkeit von Geschäftsreisen (hier : Tatortbesichtigung durch den Pflichtverteidiger; Aufsuchen des Berichterstatters zur Erörterung einer Haftverschonung)
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts B. vom 10.11.2008 - 22 KLs 15/08 - , mit dem die Erinnerung des Pflichtverteidigers vom 30.10.2008 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts B. vom 24.10.2008 zurückgewiesen worden ist, wird verworfen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet ( § 56 Abs.2 RVG ) .
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer war Pflichtverteidiger des Angeklagten S.. Die Rechtspflegerin des Landgerichts B. hat mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 24.10.2008 seinen Antrag auf Festsetzung seiner Pflichtverteidigergebühren und Auslagen insoweit zurückgewiesen, als die Pauschale nach VV 7002 doppelt beansprucht worden ist und als Reisekosten und Abwesenheitsgeld für 3 Geschäftsreisen geltend gemacht worden sind. Außerdem hat die Rechtspflegerin einen erhaltenen Vorschuß in Höhe von 1.260, 50 € auf die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung mit 229,10 € angerechnet. Seine dagegen gerichtete Erinnerung hat das Landgericht mit Beschluss vom 10.11.2008 zurückgewiesen. Der dagegen eingelegten Beschwerde hat das Landgericht nicht abgeholfen.
II.
1.
Die Beschwerde ist nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zulässig. Der Beschwerdewert von 200 € ist erreicht und das Rechtsmittel ist innerhalb der 2-Wochenfrist eingelegt worden. Da über die Erinnerung anstelle des nach § 33 Abs. 8 S. 1 RVG an sich zur Entscheidung berufenen Einzelrichters die Strafkammer entschieden hat, hatte der Senat im Beschwerdeverfahren ebenfalls in der Besetzung mit 3 Richtern zu entscheiden.
2.
In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.
Der Senat tritt der angefochtenen Entscheidung in allen Punkten bei. Mit der Beschwerde werden keine neuen Gesichtspunkte vorgebracht, so dass der Senat sich auf folgende Anmerkungen beschränkt :
a)
Hinsichtlich der Anrechnung des Vorschusses entspricht die Entscheidung des Landgerichts über die zitierte Rechtsprechung hinaus auch der Rechtsprechung des Senats. Der Senat hat mit Beschluss vom 03.06.2008 - 2 Ws 207/08 - entschieden, dass Vorschüsse, die ein Pflichtverteidiger für seine Tätigkeit im Ermittlungsverfahren erhalten hat, auf seine Pflichtverteidigergebühren und Auslagen für die erste Instanz nach § 58 Abs. 3 RVG anzurechnen sind. Diese Ergebnis ist weder durch die Gestaltung des Kostenfestsetzungsantrages noch durch Honorarvereinbarungen zu umgehen ( Riedel/Sußbauer-Schmahl, RVG, 9. Aufl., § 58 Randnr 25) .
Zur Begründung hat der Senat u.a. ausgeführt :
"Nach § 58 Abs. 3 Satz 1 RVG sind Vorschüsse und Zahlungen, die der Verteidiger für bestimmte Verfahrensabschnitte erhalten hat, auf die von der Staatskasse für diese Verfahrensabschnitte zu zahlenden Gebühren anzurechnen.
Zu der Frage, wie der Begriff der "bestimmten Verfahrensabschnitte" zu verstehen ist, bestehen in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen.
Teilweise wird § 58 Abs. 3 RVG dahin verstanden, dass Vorschüsse auf in der gleichen Instanz entstandene Gebühren anzurechnen sind; das soll ausdrücklich auch für die Tätigkeit des Verteidigers im Ermittlungsverfahren gelten (OLG Oldenburg Beschl. v. 10.05.2007 - 1 Ws 220/07- ; OLG Stuttgart Beschl. v. 13.07.2007 - 2 Ws 161/07 -).
Demgegenüber hat das OLG Frankfurt entschieden, dass die Auffassung (der Vorinstanz), Vorschüsse aus dem Ermittlungsverfahren seien auf die Gebühren des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, in dieser Allgemeinheit unzutreffend sei ( Beschl. v. 14.12.2006 - 2 Ws 164/06 - = NStZ-RR 2007, 328).
Im Schrifttum wird der Begriff der "bestimmten Verfahrensabschnitte" überwiegend einschränkend so verstanden, dass sich der Verteidiger Zahlungen, die er für seine Tätigkeit in der 1. Instanz erhält, auf die Pflichtverteidigergebühren der gleichen Instanz anrechnen lassen muß; es komme als Maßstab für die Beurteilung der Anrechenbarkeit von Vorschüssen "meist das ganze Verfahren" in Betracht; Voraussetzung der Anrechnung sei, dass die Zahlung in derselben Angelegenheit erfolgt sei; Vorschüsse aus anderen Instanzen seien nicht anzurechnen (Gerold-Schmidt/Madert, RVG, 16. Aufl., § 58 Randnr. 36; Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., § 58 Randnr. 70; AnwK-RVG -Schnapp/N. Schneider, 3.Aufl., § 58 Randnr. 36; Mayer/Kroiß, RVG, 1. Aufl., § 58 Randnr. 16; Bischof-Bräuer, RVG,...