Leitsatz (amtlich)
Die Zuziehung des inländischen "Hausanwalts" als ihrem Prozessbevollmächtigten durch eine ausländische Partei stellt regelmäßig in gleicher Weise eine Maßnahme zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dar wie die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftssitzes ansässigen Rechtsanwalts durch eine inländische Partei. Das gilt jedenfalls dann, wenn hierdurch keine höheren Kosten angefallen sind als sie im Falle der Einschaltung eines Verkehrsanwalts nebst eines am Gerichtsort ansässigen Prozessbevollmächtigten durch die ausländische Partei erstattungsfähig wären.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1; RVG-VV Nr. 7004
Verfahrensgang
LG Aachen (Beschluss vom 11.11.2009; Aktenzeichen 42 O 6/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des LG Aachen vom 11.11.2009 (42 O 6/09) - erneut - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Aufgrund des vor der 2. Kammer für Handelssachen des LG Aachen am 7.10.2009 geschlossenen Vergleichs (42 O 6/09) sind von der Beklagten 1.364,31 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 9.10.2009 an die Klägerin zu erstatten.
Der Beschluss der Rechtspflegerin des LG Aachen vom 22.12.2009 (42 O 6/09) wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren:
Beschwerde der Klägerin: (468,52 - 29 =) 439,52 EUR
Beschwerde der Beklagten: (1.499,12 - 1.100,60 =) 398,52 EUR
insgesamt: 838,04 EUR
Gründe
Die gem. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insb. fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie sich gegen den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.11.2009 insoweit wendet, als der Rechtspfleger den über die bei der Festsetzung in Ansatz gebrachten 29 EUR hinausgehenden Restbetrag der angemeldeten Reisekosten einschließlich des Abwesenheitsgeldes i.H.v. (468,52 - 29 =) 439,52 EUR unberücksichtigt gelassen hat, ist begründet.
Soweit die Klägerin in der Beschwerdeschrift vom 3.12.2009 des Weiteren die ergänzende Festsetzung einer 1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV i.H.v. 1.079 EUR begehrt hat, handelt es sich der Sache nach nicht um einen Teil ihrer Rechtsmittelbegründung, denn über die seinerzeit noch gar nicht angemeldete Geschäftsgebühr hat sich der mit der Beschwerde angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss nicht verhalten, sondern vielmehr um einen Nachfestsetzungsantrag, der im (Abhilfe-/Nichtabhilfe-)Beschluss der Rechtspflegerin vom 22.12.2009 - im Übrigen zu Recht (s. dazu unter 2.) - abschlägig beschieden wurde. Gegen die Ablehnung dieser (Nach-)Festsetzung der Geschäftsgebühr im Beschluss vom 22.12.2009 wiederum hat die Klägerin kein Rechtsmittel eingelegt, so dass hierüber auch nicht durch den Senat als Beschwerdegericht zu befinden war.
Der als sofortige Beschwerde zu behandelnden Erinnerung der Beklagten hat bereits die Rechtspflegerin mit dem Beschluss vom 22.12.2009 abgeholfen, so dass sie in der Sache dem erkennenden Senat nicht mehr zur Entscheidung angefallen ist; der Senat hat freilich insoweit noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Im Übrigen konnte allerdings der Beschluss der Rechtspflegerin vom 22.12.2009 in der Sache selbst jedenfalls deshalb keinen Bestand haben, weil hierdurch zu Unrecht die Berücksichtigung des vorgenannten Betrages von 439,52 EUR auf Seiten der Klägerin abgelehnt worden ist; aus Gründen der Klarstellung war dieser Beschluss daher aufzuheben und eine abschließende Neufestsetzung der zu erstattenden Kosten durch den Senat vorzunehmen.
1. Zu Unrecht hat der Rechtspfleger es abgelehnt, die von der Klägerin in ihrem Festsetzungsantrag vom 8.10.2009 angeführten Reisekosten nach Nr. 7004 RVG-VV i.H.v. insgesamt 408,52 EUR zzgl. eines Abwesenheitsgeldes nach Nr. 7005 RVG-VV i.H.v. 60 EUR, insgesamt also 468,52 EUR festzusetzen und stattdessen lediglich fiktive Reisekosten auf der Grundlage der Entfernung zwischen dem Sitz der Klägerin in I./Niederlande und dem Gerichtsort Aachen (2 × 15 km) zzgl. eines Abwesenheitsgeldes von 20 EUR in Ansatz gebracht. Der Rechtspfleger hat sich hierbei zwar ersichtlich sehr eingehend mit dem Senatsbeschluss vom 1.12.2008 - 17 W 211/08 (abrufbar bei juris) befasst; die von ihm auf dieser Grundlage getroffene Entscheidung beruht aber zum einen offenbar auf einem Missverständnis der Entscheidungsgründe und es bleiben zum anderen auch weitere wesentliche Gesichtspunkte, die in die kostenrechtliche Betrachtung hätten einfließen müssen, unberücksichtigt:
Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterlegene Partei die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Danach sind Reisekosten zur Terminswahrnehmung durch einen Prozessbevollmächtigten, der - wie vorliegend - weder im Bezirk des Prozessgerichts n...