Tenor

  • I.

    Die Rechtsbeschwerde wird durch die Rechtsunterzeichnerin zur Fortbildung des Rechts zugelassen (§ 80 Abs. 1 OWiG).

  • II.

    Die Sache wird dem Senat zur Entscheidung in der Besetzung mit drei Richtern übertragen (§ 80a Abs. 3 OWiG).

  • III.

    Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

    Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Jülich zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat den Sachverhalt in ihrer Vorlageverfügung vom 29. März 2018 wie folgt zusammengefasst:

“Mit Bußgeldbescheid vom 27. Oktober 2016 hat der Landrat des Kreises E gegen den Betroffenen wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften eine Geldbuße von 120 Euro festgesetzt.

Auf den Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht Jülich diesen mit Urteil vom 8. Dezember 2017 - 12 OWi 122/16 - freigesprochen.

Gegen dieses in Abwesenheit eines Vertreters der Staatsanwaltschaft (Bl. 148 d.A.) verkündete Urteil hat die Staatsanwaltschaft Aachen nach Eingang der Akten am 14. Dezember 2017 (Bl. 161R d.A.) mit Schreiben vom 18. Dezember 2017, per Telefax bei dem Amtsgericht Jülich eingegangen am selben Tag (Bl. 169, 177 d.A.), Rechtsbeschwerde eingelegt.

Nach Zustellung des Urteils an die Staatsanwaltschaft am 12. Januar 2018 (Bl. 186 d. A.) hat diese ihre Rechtsbeschwerde mit - beim Amtsgericht am 1. Februar 2018 eingegangener - Zuschrift vom 17. Januar 2018 begründet (Bl. 198 ff. d. A.).„

Darauf nimmt der Senat Bezug.

Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft beigetreten.

II.

Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist gem. § 300 StPO i. V. mit § 46 Abs. 1 OWiG zugleich als Zulassungsantrag im Sinne von § 80 Abs. 3 OWiG anzusehen. Dieser Antrag ist - durch den Einzelrichter, § 80a Abs. 1 OWiG - gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 2 OWiG zur Fortbildung des sachlichen Rechts zuzulassen.

Zwar hat sich die obergerichtliche Rechtsprechung bereits mit der Einstufung des eingesetzten Messverfahrens LEIVTEC XV3 als standardisiertes Messverfahren befasst (vgl. KG, Beschluss vom 01.02.2017, Az. 3 Ws 12/17-122 Ss 3/17, zitiert nach juris; KG, Beschluss vom 12.07.2017, Az. 3 Ws 166/17-162 Ss 95/17, zitiert nach juris, insbesondere Rn. 9; OLG Celle, Beschluss vom 28.10.2013, 322 SsRs 280/13, zitiert nach juris, insbesondere Rn. 6). Soweit ersichtlich ist aber die Frage, ob das Geschwindigkeitsüberwachungsgerät LEIVTEC XV3 alle Anforderungen auch der EMV-Prüfung (EMV= elektromagnetische Verträglichkeit) erfüllt oder die Bauartzulassung wegen fehlender Prüfung auf Magnetfeldresistenz ungültig ist bzw. dem verwendeten Messgerät die Qualifizierung als standardisiertes Messverfahren mit der Begründung abgesprochen werden kann, das Gerät sei nicht ausreichend auf Magnetfeldresistenz überprüft worden, bislang nicht Gegenstand obergerichtlicher Erörterung gewesen.

Die Sache war daher dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen.

III.

Die nach ihrer Zulassung gemäß § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde begegnet hinsichtlich ihrer Zulässigkeitsvoraussetzungen keinen Bedenken. Sie hat auch in der Sache (vorläufigen) Erfolg, indem sie gemäß §§ 353 StPO, 79 Abs. 3 S. 1 OWiG auf die sinngemäß erhobene Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht (§ 79 Abs. 6 OWiG) führt.

Die von der Staatsanwaltschaft in sachlich-rechtlicher Hinsicht beanstandete Beweiswürdigung des Tatgerichts hält einer materiell-rechtlichen Prüfung nicht stand. Das Amtsgericht hat die Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung und den Umfang der Beweisaufnahme bei Verwendung des standardisierten Messverfahrens verkannt und seinem Urteil ein rechtlich fehlerhaftes Verständnis des Zweifelssatzes zugrunde gelegt.

Die im angefochtenen Urteil dokumentierten Erkenntnisse aus der Hauptverhandlung bilden keine ausreichende Grundlage für die Annahme des Amtsgerichts, dass zu Gunsten des Betroffenen im Zweifel von einer Notwendigkeit der gesamten Prüfung des Geschwindigkeitsmessgerätes LEIVTEC XV3 auf Magnetfeldresistenz auszugehen ist und mangels Durchführung einer solchen keine ordnungsgemäße Zulassung durch die PTB vorliegt.

1.

Die diesbezüglichen Feststellungen des Amtsgerichts lauten wie folgt:

“Hinsichtlich der Vorgaben zur Resistenz gegen hochfrequente elektromagnetische Felder des Gehäuses (Ziff. 4-3) und der Leitungen (Ziff. 4-6) sowie Magnetfeldern mit energietechnischen Frequenzen (Ziff. 4-8) ist jedoch das Gerät nicht ausreichend auf Magnetfeldresistenz überprüft worden. Insbesondere bezüglich der Prüfungen zu Ziff. 4-8 ist das Gerät nur in der X-Achse geprüft worden, in Y- und Z-Achse wurde das Gerät jedoch nicht geprüft. Warum die Prüfung insoweit nur in Teilen erfolgt ist, ist nicht nachvollziehbar. Aus den Gutachten der hierzu beauftragten Firma N GmbH ergibt sich, dass diese Prüfung auf Vorgabe des Herstellers auf die X-Achse besch...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?