Verfahrensgang

LG Köln (Entscheidung vom 27.01.2005)

 

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt.

Die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten hierin entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

 

Gründe

I.

In dem auf die Strafanzeige der Rechtsanwältin F aus L als Betreuerin der am 9. August 1912 geborenen Frau K T, der Mutter des Angeklagten, eingeleiteten Verfahren hatte die Staatsanwaltschaft unter dem 17. Mai 2005 Anklage wegen 27 Fällen der Untreue, davon in 18 Fällen in einem besonders schweren Fall, erhoben.

Das Amtsgericht Köln hat den Angeklagten - unter Verfahrensbeschränkung nach § 154 StPO - wegen Untreue in 9 Fällen (§§ 266 Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 Nr. 1, 247) StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.

Die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten ist durch Urteil des Landgerichts Köln vom 27. Januar 2005 verworfen worden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die mit Verteidigerschriftsatz vom 28. Januar 2005 eingelegte Revision, die unter dem 10. März 2005 begründet worden ist. Der Angeklagte rügt die Verletzung materiellen und formellen Rechts und beantragt die Einstellung des Verfahrens, weil ein wirksam gestellter Strafantrag nicht vorliege.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die zulässige Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.

Das Verfahren ist einzustellen, weil es an einem nach §§ 266 Abs. 2, 247 StGB erforderlichen wirksamen Strafantrag als Verfahrensvoraussetzung (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., Einleitung Rdn. 143) fehlt. Die Entscheidung ergeht nach § 206 a Abs. 1 StPO (vgl. BGHSt 24, 208, 212; 32, 275, 290; gegen die Anwendbarkeit dieser Vorschrift im Rechtsmittelverfahren bei bereits vor Erlaß des angefochtenen Urteils eingetretenen Verfahrenshindernissen: Meyer-Goßner, § 206 a Rdn. 6; § 349 Rdn. 29, Tolksdorf in Karlsruher Kommentar, StPO, 5. Aufl., § 206 a Rdn. 4; wie hier hingegen und entsprechend der Rechtsprechung des BGH: bei BayObLG 85, 52, 55 = JR 86, 430; OLG Frankfurt NJW 91, 2849; Rieß in Löwe-Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 206 a Rdn. 14-15 a; Hanack in Löwe-Rosenberg, § 349 Rdn. 35).

Die Verurteilung des Angeklagten ist erfolgt, weil er nach den Feststellungen als am 25. Februar 2000 für seine Mutter bestellter Betreuer in der Zeit vom 28. April 2002 bis zum 31. Juli 2002 in neun Fällen Barabhebungen von einem Girokonto seiner Mutter tätigte und die Gelder zu eigenen Zwecken verwendete. Der insoweit zur Strafverfolgung nach §§ 266 Abs. 2, 247 StGB erforderliche Strafantrag ist nicht wirksam gestellt.

Zwar ist die Strafanzeige der Rechtsanwältin F vom 14. Juli 2003, die kraft der am 5. Juni 2003 (Bl. 3 d.A.) erfolgten Bestellung zur Betreuerin der Frau K T für die Aufgabenkreise "Vertretung bei Behörden" und "Vermögenssorge (einschließlich Erbschaftsangelegenheiten) und insoweit der Postkontrolle" erstattet worden war, zugleich die Stellung eines Strafantrages zu entnehmen. Sie bringt das Begehren eines strafrechtlichen Einschreitens wegen bestimmter Handlungen erkennbar zum Ausdruck, was für § 77 StGB genügt (Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., § 77 Rdn. 24). Auf den unter dem 10. September 2003 nochmals ausdrücklich gestellten Strafantrag (Bl. 25 d.A.), der wegen des zeitlichen Abstandes zu der an die schon am 5. Juni 2003 erfolgte Bestellung zur Betreuerin nach Ablauf der Antragsfrist des § 77 b Abs. 1 StGB gestellt sein könnte, kommt es nicht mehr an.

Der zur Zeit der Stellung des Strafantrages bestehende Wirkungskreis der Betreuerin Rechtsanwältin F aus der Bestellungsurkunde des Amtsgerichts Köln vom 5. Juni 2003 berechtigte diese indessen zur Antragstellung nicht.

Das Landgericht hat den Strafantrag durch Rechtsanwältin F deswegen als wirksam angesehen, weil der Wirkungskreis "Vertretung bei Behörden" auch die Stellung von Strafanträgen bei der Staatsanwaltschaft umfasse. Das ist rechtsfehlerhaft; auch die Generalstaatsanwaltschaft stützt ihren Antrag nicht auf diesen Gesichtspunkt. Die Vertretung bei Behörden erstreckt sich (nur) auf die eigenen Angelegenheiten der betreuten Person in ihrem Verhältnis zu Behörden (wie beispielsweise die Unterstützung bei der Beschaffung eines Passes, vgl. Palandt-Diederichsen, BGB, 64. Aufl., § 1896 Rdn. 20).

Das Recht zur Stellung eines Strafantrages stand der Rechtsanwältin F auch nicht deswegen zu, weil ihr der Aufgabenkreis "Vermögenssorge" übertragen war und mit der dem Angeklagten vorgeworfenen Untreue ein Vermögensdelikt in Rede steht. Zwar wird im zivilrechtlichen Schrifttum vereinzelt die Ansicht vertreten, dass das Recht zur Stellung eines Strafantrages in dem Aufgabenkreis, zu dem das verletzte Rechtsgut gehört, ohne weiteres enthalten sei (so Schwab in Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl., § 1896 Rdn. 92 für den hier allerdings nicht vergleichbaren, weil nicht auf die familiären Verhältnisse bezogenen, Fall des § 303 c StGB). Nach der strafrechtlichen Rechtsprechung und Komme...

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