Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 09.01.2017; Aktenzeichen 3 O 384/16) |
Tenor
1. Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Kläger gegen das am 09.01.2017 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Bonn - 3 O 384/16 - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).
2. Die Kläger erhalten Gelegenheit, zu dem Hinweis bis zum 25.08.2017 Stellung zu nehmen. Sie mögen innerhalb dieser Frist mitteilen, ob die Berufung zur Vermeidung weiterer Kosten zurückgenommen wird.
Gründe
I. Die Berufung hat nach dem derzeitigen Stand der Sach- und Rechtslage offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO).
Die für die Behandlung des Verwirkungseinwands bei vor Widerruf vollständig abgewickelten Verbraucherdarlehensverträgen maßgeblichen Grundsätze sind durch gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt (so insbesondere BGH, Urteil vom 12.07.2016 - XI ZR 501/15, MDR 2016, 1194, zitiert nach juris Rn. 41; Urteil vom 12.07.2016 - XI ZR 564/15, NJW 2016, 3512, zitiert nach juris Rn. 37; Urteil vom 11.10.2016 - XI ZR 482/15, MDR 2017, 222, zitiert nach juris Rn. 30 f.). Inwieweit bei Anwendung dieser Grundsätze im Einzelfall tatsächlich Verwirkung anzunehmen ist, richtet sich demgegenüber nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls (BGH, aaO, sowie Beschluss vom 17.01.2017 - XI ZR 82/16, zitiert nach juris). Auf die von den Klägern in ihrer Berufungsbegründung zitierten Beurteilungen anderer Obergerichte in anderen, nicht gleich gelagerten Fällen, kommt es daher nicht maßgeblich an.
II. Der zulässigen Berufung fehlen - ungeachtet der mit Schriftsatz vom 30.05.2017 erfolgten Antragsänderung - die Erfolgsaussichten. Der Senat erachtet die Klage in Übereinstimmung mit dem Landgericht deshalb als unbegründet, weil ungeachtet der Frage der Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung jedenfalls von Verwirkung auszugehen ist.
1. Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls, ohne dass insofern auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann. Gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen kann das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach diesen Maßgaben schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nachzubelehren. Das gilt in besonderem Maße, wenn die Beendigung des Darlehensvertrags auf einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht (BGH, Urteil vom 11.10.2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 ff., zitiert nach juris Rn. 30).
2. Nach diesen Maßstäben sieht der Senat - im Einklang mit der angefochtenen Entscheidung - bei Würdigung sämtlicher relevanter Umstände des vorliegenden Einzelfalls sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment als erfüllt an.
a) Angesichts des zwischen Vertragsschluss und Widerrufserklärung liegenden Zeitraums - nur auf diesen kommt es insoweit an (vgl. BGH, Urteil vom 11.10.2016 - XI ZR 482/15, WM 2016, 2295 ff., zitiert nach juris Rn. 31) - von mehr als 11 Jahren liegt das erforderliche Zeitmoment ohne Weiteres vor. Der Bundesgerichtshof hat im Rahmen eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die Bejahung des Zeitmoments bereits in einem Fall unbeanstandet gelassen, in dem zwischen Vertragsschluss und Widerruf zehneinhalb Jahre lagen (BGH, Beschluss vom 17.01.2017 - XI ZR 82/16, ergangen zu OLG Schleswig, Beschluss vom 15.10.2015/18.01.2...