Verfahrensgang
LG Köln (Entscheidung vom 02.03.2010; Aktenzeichen 213 O 63/10) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 213 O 63/10 - vom 02.03.2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller ist Miturheber, Interpret und Tonträgerhersteller zweier umfangreicher Musikalben und der Musikwerke des Anfang Februar 2010 in Deutschland angelaufenen Kinofilms "Zeiten ändern dich". Auf seinen Antrag hat das Landgericht Köln der beteiligten Internet-Service-Providerin gestattet, ihm unter Verwendung von Verkehrsdaten Auskunft über den Namen und die Anschrift der Nutzer zu erteilen, denen zu bestimmten Zeitpunkten näher bezeichnete IP-Adressen zugewiesen waren; nach seinen Angaben waren seine Musikwerke von dort aus zwischen dem 11. und 15.02.2010 ohne seine Zustimmung über sogenannte Internet-Tauschbörsen öffentlich zugänglich gemacht worden. Mit seinem am 28.04.2010 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel wendet sich der Beschwerdeführer gegen diesen Beschluss.
II. Der Senat lässt ausdrücklich offen, ob nach erfolgter Auskunft des Internetserviceproviders über den Nutzer einer bestimmten dynamischen IP-Adresse gegen die richterliche Gestattung der Auskunftserteilung die gegebenenfalls im Wege eines Fortsetzungsfeststellungsantrags (§ 62 FamFG) geltend zu machende Beschwerde (§ 101 Abs. 9 S. 4, 6 und 7 UrhG, §§ 59 ff. FamFG) des benannten Nutzers stattfindet. Soweit unter Nr. 5 der angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen worden ist, dass der Senat mit Beschluss vom 05.05.2009 - 6 W 39/09 (GRUR-RR 2009, 321 - John Bello Story 2) ein eigenes Beschwerderecht des zum Zeitpunkt der richterlichen Gestattung noch unbekannten Anschlussinhabers verneint hat, war dafür der Rechtszustand vor dem 01.09.2009 (Inkrafttreten des FamFG) maßgeblich und die Gründe des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 02.03.2010 (NJW 2010, 833 - Vorratsdatenspeicherung [Rn. 251, 254 ff.]) konnten in die Entscheidung des Senats noch nicht einbezogen werden.
III. Unabhängig von der Frage ihrer Zulässigkeit, über die im vorliegenden Verfahren nicht vorrangig entschieden werden muss (vgl. BGH, NJW-RR 2006, 1346 [Rn. 4] m.w.N.; Prütting / Gehrlein / Lohmann, ZPO, 2. Aufl., § 572 Rn. 8), ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet.
1. Im Ansatz zu Recht geht die Beschwerde allerdings davon aus, dass das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG) berührt ist, wenn ein Internet-Service-Provider auf Grund richterlicher Anordnung darüber Auskunft zu geben hat, welchem Nutzer zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte dynamische IP-Adresse zugewiesen war. Zwar handelt es sich bei der Auskunft über den Namen des hinter einer IP-Adresse stehenden Anschlussinhabers selbst um keine Auskunft über Verkehrsdaten, sondern um eine Bestandsdatenabfrage (BGH, GRUR 2010, 633 = WRP 2010, 912 [Rn. 29] - Sommer unseres Lebens). In seiner Stellungnahme zum Entwurf des neuen § 101 Abs. 9 UrhG ist deshalb der Bundesrat von keinem oder jedenfalls einem wenig intensiven Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich des Fernmeldegeheimnisses ausgegangen, der einen Richtervorbehalt nicht notwendig erscheinen lasse (BT-Drucks. 16/5048 S. 56; vgl. zu Auskunftsersuchen von Behörden ebenso BVerfG, NJW 2010, 833 [Rn. 261]). Der Gesetzgeber, der das Fernmeldegeheimnis in § 101 Abs. 10 UrhG ausdrücklich gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG als durch § 101 Abs. 2 und 9 UrhG eingeschränktes Grundrecht nennt, hat an dem Erfordernis einer richterlichen Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der vom Antragsteller bereits ermittelten Daten des konkreten Telekommunikationsaktes, nämlich des Zeitpunktes, zu dem von der IP-Adresse aus das Herunterladen einer durch ihren Hash-Wert individualisierten Datei ermöglicht wurde, jedoch bewusst festgehalten; denn bei den Verbindungsdaten, die der Provider überprüfen müsse, um die konkret benannte IP-Adresse einem Anschlussinhaber zuordnen zu können, handele es sich um sensible Verkehrsdaten, die besonders schutzwürdig seien (BT-Drucks. 16/5048 S. 63; BT-Plenarprot. 16/155 S. 16318 B/C).
2. Fehl geht die Beschwerde aber, soweit sie annimmt, aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 02.03.2010 (a.a.O.) ergebe sich, dass der Zugriff auf die Telekommunikationsdaten des Beschwerdeführers im Streitfall unzulässig gewesen sei. Rechtsgrundlage der Provider-Auskunft über seine Identität waren nicht die vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärten §§ 113a und 113b TKG sowie (teilweise) § 100g StPO, sondern - wie im angefochtenen Beschluss zutreffend näher ausgeführt - § 101 Abs. 1 bis 4 und 9 UrhG, wonach Internet-Service-Provider und ähnliche Dienstleister bei offensichtlicher Verletzung eines nach dem UrhG geschützten Rechtes in gewerblichem Ausmaß zur Auskunft über den Nutzer ihrer Dienstleistung zu geben haben und dazu nach richterlicher Anordnung auch Verkehrsdaten verwenden dürfen. Grundsätzlich...