Leitsatz (amtlich)

›1. Wenn die Aufhebung des ersten und der Erlaß des neuen Bußgeldbescheides dergestalt miteinander verbunden sind, daß der Erlaß des neuen Bußgeldbescheides nur wirksam werden kann, sofern auch die Aufhebung des ersten Bußgeldbescheides wirksam wird, liegt ein zur Nichtigkeit des zweiten Bußgeldbescheides führender Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem nicht vor.

2. Wird die Rotlichtdauer durch eine automatische Rotlichtüberwachungsanlage gemessen, bei der die erste Kontaktschleife in Fahrtrichtung des Betroffenen hinter der Haltlinie liegt, ist für die Feststellung eines qualifizierten Rotlichtverstoßes auch die Zeitspanne abzuziehen, die der Betroffene für die Strecke zwischen Haltlinie und Kontaktschleife benötigt hat.‹

 

Gründe

Das Amtsgericht Eschweiler hat durch Urteil vom 2. März 1998 gegen die Betroffene wegen fahrlässiger Nichtbeachtung des Rotlichts nach §§ 37, 49 StVO, § 24 StVG, Nr.34.2 BKatV eine Geldbuße von 250,- DM festgesetzt und ihr für die Dauer von einem Monat untersagt, Kraftfahrzeuge aller Art zu führen.

Es hat zum Tatgeschehen folgendes festgestellt:

Die Betroffene befuhr am 8.11.1996 um 17.34 Uhr mit ihrem Pkw ... die D.er Straße in E. An der Kreuzung D.er Straße/K./M.straße wird der Verkehr durch eine Lichtzeichenanlage geregelt. Dort befindet sich eine stationäre Einrichtung zur Rotlicht-Überwachung. Zum Einsatz kommt dabei das Gerät Traffiphot III der Firma T.. Die Meßeinrichtung war am 27.7.1995 vom Eichamt Düsseldorf geeicht worden. Die Eichung hat eine Gültigkeit bis zum 31.12.1997 ....

Als Kontaktgeber zur Auslösung der Fotoeinrichtung dient eine Induktionsschleife ... Die erste Induktionsschleife liegt 3,9 Meter hinter der Haltelinie, die zweite Induktionsschleife 13,2 Meter hinter der Haltelinie. Aus den bei der Messung gefertigten beiden Lichtbildern ist der jeweils vergangene Zeitraum nach Beginn der Rotlichtphase zu ersehen. Im vorliegenden Fall überfuhr die Betroffene die erste Induktionsschleife nach 1,68 Sekunden. Das zweite Lichtbild wurde 2,34 Sekunden nach dem Beginn der Rotlichtphase ausgelöst.

Das Amtsgericht hat hieraus gefolgert, die vorwerfbare Rotlichtzeit betrage "für den Zeitpunkt des Überfahrens der ersten Induktionsschleife" 1,18 Sekunden. Von dem Wert von 1,68 Sekunden seien nämlich 0,2 Sekunden als allgemeiner Toleranzwert des Geräts und weitere 0,3 Sekunden für den Zeitraum der Strecke zwischen Haltlinie und erster Induktionsschleife abzuziehen.

Mit der Rechtsbeschwerde wird die Verletzung materiellen Rechts gerügt und insbesondere geltend gemacht, die der Betroffenen zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit sei verjährt.

Die Rechtsbeschwerde, über die der Senat in der Besetzung mit drei Richtern zu entscheiden hat (vgl. die Entscheidung des BGH vom 28. Juli 1998 -4 StR 170/98 -), ist nicht begründet.

1.

Entgegen der in der Rechtsbeschwerdebegründung vertretenen Auffassung ist die Verfolgung der Verkehrsordnungswidrigkeit nicht wegen Verjährung ausgeschlossen.

Die Frist der Verfolgungsverjährung beträgt gemäß § 26 Abs. 3 StVG bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG drei Monate, solange wegen der Handlung weder ein Bußgeldbescheid ergangen noch öffentliche Klage erhoben ist, danach sechs Monate.

Die am Tag der Handlung, d.h. hier am 8. November 1996 beginnende Frist (§ 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG) ist zunächst durch den Erlaß des Bußgeldbescheides vom 4. Februar 1997 unterbrochen worden. Maßgebend ist nach § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG der Erlaßzeitpunkt, weil der Bußgeldbescheid am 12. Februar 1997 und damit binnen zwei Wochen zugestellt worden ist.

Der Bescheid vom 4. Februar 1997 ist sodann mit Verfügung vom 30. April 1997 zurückgenommen und mit derselben Verfügung durch einen neuen Bußgeldbescheid ersetzt worden, in dem unter Hinweis auf den Beschluß des Senats vom 9.1.1996 - Ss 669/95 B - die vorwerfbare Rotlichtphase von 1,29 auf 1,18 Sekunden herabgesetzt wurde. Der beide Entscheidungen enthaltende Bescheid ist der Betroffenen am 2. Mai 1997 zugestellt worden.

Die Rücknahme des früheren Bußgeldbescheides hat dessen verjährungsunterbrechenden Wirkung nicht beseitigt, weil der Betroffenen durch den zweiten Bußgeldbescheid derselbe Sachverhalt weiterhin zur Last gelegt worden ist (vgl. BayObLG NJW 1697 = VRS 39,361; OLG Frankfurt NJW 1979, 2161 = VRS 57, 204; OLG Hamm OLGSt § 33 OWiG Nr. l; OLG Schleswig bei Ernesti/Jürgensen, SchlHA 1976, 176 ; OLG Stuttgart MDR 1985, 521 = VRS 68, 128,129; SenE vom 3.6.1998 - Ss 260/98 B; Göhler, OWiG, 12. Aufl., § 33 Rn. 5b).

Sie ist auch zulässig gewesen, denn die Betroffenen hatte gegen den Bescheid vom 4. Februar am 13. Februar 1997 und damit innerhalb der Frist des § 67 Abs. 1 OWiG Einspruch eingelegt, so daß der Bußgeldbescheid nicht rechtskräftig war.

Durch den gleichzeitigen Erlaß des neuen Bußgeldbescheides ist die Verjährungsfrist am 30. April 1997 wiederum nach § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG unterbrochen worden. Maßgebend ist auch hier nach § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG der Erlaßzeitpunkt, weil der neue Bußgeldbescheid binnen zwei W...

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