Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung der Kosten des Berufungsanwalts im Verfahren über die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
Eine Gebühr gem. Nr. 3403 RVG verdient der im Berufungsverfahren tätig gewesene Rechtsanwalt nicht schon dann, wenn er nach kursorischer Prüfung der gegnerischen Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde unaufgefordert seiner Partei von der Bestellung eines beim BGH zugelassenen Rechtsanwalts abrät. Eine solche Tätigkeit ist nämlich gem. § 19 RVG noch dem Berufungsrechtszug zuzurechnen.
Normenkette
ZPO § 91; RVG § 19; RVG-VV Nr. 3403
Verfahrensgang
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des LG Köln vom 3.8.2012 (5 O 532/09) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 1.164,80 EUR
Gründe
I. Mit Urteil vom 7.7.2011 hat der hiesige 24. Zivilsenat die Berufung der Beklagten gegen das am 19.10.2010 verkündete Urteil des LG Köln zurückgewiesen und ihr die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt. Dagegen hat die Beklagte durch ihre beim BGH zugelassenen Rechtsanwälte Nichtzulassungsbeschwerde eingelegen lassen. Die Begründung des Rechtsmittels im Schriftsatz vom 19.10.2011 ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 14.10.2011 zugeleitet worden. Diese haben der Klägerin unaufgefordert mit Schreiben vom 24.11.2011 den Rat erteilt, von der Bestellung eines beim BGH zugelassenen Rechtsanwalts bis zur Entscheidung über die Zulassung abzusehen und bezüglich der Absprache des weiteren Vorgehens um Rückruf gebeten. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist durch Beschluss des BGH vom 22.2.2012 zurückgewiesen worden.
Mit Schriftsatz vom 29.2.2012 haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Festsetzung einer 0,8 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3403 RVG-VV i.H.v. 1.144,80 EUR sowie einer Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 RVG-VV i.H.v. 20 EUR für die Tätigkeit im Nichtzulassungsverfahren beantragt. Dies hat der Rechtspfleger des LG mit Beschluss vom 3.8.2012 abgelehnt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie die antragsgemäße Festsetzung begehrt. Sie macht geltend, ihre Prozessbevollmächtigten hätten die Begründetheit des gegnerischen Rechtsmittels geprüft und sie auch telefonisch beraten.
II. Die gem. § 104 Abs. 1 S. 3 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung erweist sich im Ergebnis als richtig. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben Gebühren für eine Tätigkeit im Verfahren über die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht verdient.
1. In der Rechtsprechung und der Kommentarliteratur wird die Auffassung vertreten, dass ein nicht am BGH zugelassener Rechtsanwalt, der im Auftrag seiner Partei in einem Nichtzulassungsverfahren sinnvoll tätig wird, zwar keine Verfahrensgebühr gem. Nr. 3506 RVG-VV, wohl im Grundsatz aber eine erstattungsfähige Verfahrensgebühr für Einzeltätigkeiten gem. Nr. 3403 RVG-VV verdient (vgl. BGH, Beschl. v. 10.7.2012 - VI ZB 7/12 - = NJW 2012, 2734 f.; Beschl. v. 1.2.2007 - V ZB 110/06 - = NJW 2007, 1461, 1462; Beschl. v. 4.5.2006 - III ZB 20/05 - = NJW 2006, 2266, 2267; OLG München - Beschl. v, 25.8.2009 - 11 W 2045/09; Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., Nr. 3404 VV Rz. 67 f. m.w.N.). Das gilt jedenfalls dann, wenn in der Folge kein beim BGH zugelassener Rechtsanwalt beauftragt wird (BGH NJW 2012, 2734, 2736). Wann eine in der genannten Rechtsprechung "sinnvolle" Tätigkeit anzunehmen ist, unterliegt der Beurteilung im Einzelfall. Eine Erstattungsfähigkeit hat der Senat in der Vergangenheit verneint, wenn der Anwalt gegenüber dem BGH eine mangels Postulationsfähigkeit von vornherein nicht berücksichtigungsfähige Stellungnahme abgibt (Beschl. v. 7.8.2006 - 17 W 136/06, AGS 2007, 301). Er hat sie hingegen bejaht, wenn der Anwalt mit Wissen und Wollen seiner Partei mit deren Haftpflichtversicherung hinsichtlich der Erfolgsaussichten der gegnerischen Beschwerde korrespondiert hat (Beschl. v. 20.8.2010 - 17 W 131/10 - = AGS 2010, 530 ff. = JurBüro 2010 654 ff.).
2. Die Voraussetzungen einer Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Kosten sind vorliegend aus mehreren Gründen zu verneinen.
a) Bei der anwaltlichen Beratung bezüglich der Frage, ob bereits im Verfahrensstadium der Nichtzulassungsbeschwerde seitens des Beschwerdegegners eine Stellungnahme abzugeben und ggf. ein beim BGH zugelassener Rechtsanwalt einzuschalten ist, handelt es sich um die Prüfung, "ob etwas zu veranlassen ist" (vgl. Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., § 19 Rz. 92 ff. m. w. N). Dabei kann die ohne Außenwirkung entfaltete anwaltliche Mühewaltung von vornherein nur dann unter die Gebührenvorschrift der Nr. 3403 RVG-VV fallen, wenn sie nicht mehr gem. § 19 Abs. 1 Nr. 9 RVG dem (vorangegangenen) Berufungsrechtszug zuzurechnen ist....