Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorrangiges Kontinuitätsprinzip im einstweiligen Anordnungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren von nur vorübergehender Dauer erscheint es - wenn nicht ofensichtliche Gründe des Kindeswohls entgegenstehen - sachgerecht, i.S.d. Kontinuitätsprinzips darauf abzustellen, dass bislang die Mutter das Kind überwiegend versorgt und betreut hat. Denn nur so kann ein "Gezerre am Kind", also ein mehrfaches Hin- und Herwechseln, das mit Sicherheit für das Wohl des Kindes schädlicher ist, als eine kurzfristige Fortsetzung der bislang überwiegenden Art der Betreuung, vermieden werden.

 

Normenkette

BGB § 1671

 

Verfahrensgang

AG Eschweiler (Aktenzeichen 11 F 409/09)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das AG im Wege der einstweiligen Anordnung der Mutter des Kindes das Aufenthaltsbestimmungsrecht bis zur endgültigen Entscheidung nach Vorlage des Sachverständigengutachtens zugesprochen.

Zur Begründung verweist der Senat zunächst auf die überzeugenden Ausführungen des AG im angefochtenen Beschluss.

Die hiergegen mit der Beschwerde vorgebrachten Einwendungen führen nicht zu einer anderen Entscheidung.

Im Wesentlichen befasst sich das Beschwerdevorbringen mit den Argumenten, die bei der endgültigen Entscheidung zu berücksichtigen sein werden und mit denen sich auch der Sachverständige auseinandersetzen muss, über die also zur Zeit nicht entschieden werden kann.

Für die Übergangszeit hat das AG daher zu Recht auf andere Kriterien abgestellt.

Entscheidend war der unbedingt geäußerte Wille des immerhin schon seit Sommer 2009 12 Jahre alten und - nach Dafürhalten aller Beteiligten - entsprechend verständigen Kindes.

Dieses befand sich entgegen der Annahme des Vaters gerade nicht in einem Loyalitätskonflikt. Andernfalls hätte es sich nicht derart eindeutig für den Verbleib bei der Mutter ausgesprochen bei vollem Bewusstsein der von ihm befürchteten unangenehmen Konsequenzen seitens des Vaters.

Bei einer Entscheidung von kurzfristiger Dauer ist es auch sachgerecht, i.S.d. Kontinuitätsprinzips darauf abzustellen, dass bislang die Mutter das Kind überwiegend versorgt und betreut hat.

Dies ist bei einer vorübergehenden Entscheidung, bei der sowohl Dauer als auch endgültiger Bestand völlig offen sind, in der Regel die zu favorisierende Lösung. Denn nur so kann ein "Gezerre am Kind" vermieden werden, ein mehrfaches Hin- und Herwechseln, das mit Sicherheit für das Wohl des Kindes schädlicher ist, als eine kurzfristige Fortsetzung der bislang überwiegenden Art der Betreuung.

Außerdem geht nach dem persönlichen Eindruck, den das AG von der Mutter gewonnen hat und der durch die von ihr vorgelegten ärztlichen Atteste bestätigt worden ist, vom gesundheitlichen Zustand der Mutter jedenfalls derzeit keinerlei Gefahr für das Kind aus.

Der Senat hält es deshalb ebenfalls für angemessen, wenn das Kind bis zur endgültigen Entscheidung über seinen Verbleib entsprechend seinem klar geäußerten Willen bei der Mutter bleibt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.

Beschwerdewert: 3.000 EUR

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2341889

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