Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 15.05.2012; Aktenzeichen 35 O 10/11) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten wird der Beschluss der 35. Zivilkammer des LG Köln vom 15.5.2012 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Durchführung der Überwachungsmaßnahme insoweit rechtswidrig war, als die Daten, welche die Kommunikation der Betroffenen mit dem weiteren Beteiligten zwischen dem 5.5. und 17.5.2011 betreffen, nicht unverzüglich gelöscht wurden, sondern eine Löschung der Internet-Kommunikation erst am 4.7. bzw. 9.7.2012 erfolgte.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Auslagen des Beschwerdeführers werden dem Zollkriminalamt auferlegt.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Zollkriminalamt führte in der Zeit vom 23.3. bis 31.5.2011 eine Maßnahme zur präventiven Telekommunikationsüberwachung nach §§ 23a ff. ZfDG gegen die oben genannten Beteiligten durch. Grund der Maßnahme war der Verdacht, dass eine Auswuchtmaschine, ein Impuls Magnetizer und Vakuumpumpen für das j. Atomprogramm beschafft werden sollten. Gleichzeitig wurde auch ein Strafverfahren gegen den Beteiligten zu 4) eingeleitet. Der Beteiligte zu 4) beauftragte den Beschwerdeführer mit seiner Verteidigung. Im Zeitraum vom 5.5. bis zum 17.5.2011 war auch die Kommunikation mit dem Beschwerdeführer von der Überwachungsmaßnahme betroffen, und zwar sowohl Telefonate als auch sog. IP-basierte Kommunikation, zu der jedenfalls E-Mails gehörten. Die Gesprächsdaten wurden am 15.7.2011 gelöscht. Die Löschung der Internetkommunikation war zunächst nicht erfolgreich. Vielmehr wurden diese Daten erst im Juli 2012 gelöscht.
Der Beschwerdeführer hat, nachdem er von der Maßnahme benachrichtigt worden war, unter dem 13.12.2011 die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme beantragt und dabei u.a. geltend gemacht, dass alle die Verteidigerkommunikation betreffenden Daten gelöscht werden müssten.
Das LG hat durch Beschluss vom 15.5.2012 die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Überwachungsmaßnahme sowie der Art und Weise ihres Vollzugs festgestellt.
Gegen den ihm am 22.5.2012 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 25.5.2012 Beschwerde eingelegt. Er macht geltend, dass das LG bei seiner Abwägung die verfassungsrechtlichen Vorgaben verkannt habe. Das Zollkriminalamt müsse dafür Sorge tragen, dass eine Löschung der die geschützte Kommunikation betreffenden Daten möglich sei. Eine solche Löschung sei technisch auch problemlos möglich.
Nachdem das Zollkriminalamt unter dem 11.7.2012 mitgeteilt hat, dass die der Beschwerde zugrunde liegende Kommunikation inzwischen gelöscht worden sei, beantragt der Beschwerdeführer nunmehr, festzustellen, dass schon die Erhebung seiner Daten in dem Zeitraum 5.5.2011 bis 17.5.2011 rechtswidrig war.
Das Zollkriminalamt macht geltend, dass aus technischen Gründen eine Löschung nur der geschützten Kommunikation nicht früher möglich gewesen sei. Die internetbasierten Kommunikationsdaten würden in einem Rohdatenstrom übermittelt, der in der Folge dekodiert und damit in E-Mails, VoIP-Daten, Internet-Surfsessions u. Ä. aufgeteilt werden. Erst mit der Dekodierung würden die Daten sichtbar bzw. auswertbar. Das Löschen bestimmter Teile des Rohdatenstroms sei nicht möglich. Der Löschung des gesamten Rohdatenstroms stehe entgegen, dass hierdurch auch andere, für die Maßnahme erforderliche Daten gelöscht würden.
II. Die nach § 23b Abs. 3, 23c Abs. 7 ZfDG i.V.m. § 1, 58 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat teilweise Erfolg.
1. Die Anordnung der Maßnahme und die Erhebung der Daten war rechtmäßig.
Gegen die Rechtmäßigkeit der Maßnahme als solche richtet sich die Beschwerde nicht. Sie richtet sich lediglich gegen die Erhebung und den Umgang mit den Daten aus der Kommunikation mit dem Beschwerdeführer.
Anordnung und Durchführung der Überwachungsmaßnahme waren nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil im Zuge der Maßnahme auch die besonders geschützte Kommunikation der Betroffenen mit dem Beschwerdeführer überwacht wurde.
Der Gesetzgeber hat in § 23a Abs. 5 ZfDG zum Schutz des Kernbereichs ein zweistufiges System eingeführt. Danach ist die zielgerichtete Erfassung der Kommunikation mit dem Verteidiger unzulässig. Kommt es dennoch zur Berührung des Kernbereichs, dann bestehen eine Dokumentations- und Löschungspflicht sowie ein Verbot der Verwertung der erlangten Daten. Dieses Schutzkonzept entspricht der parallelen Regelung für strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen (§ 160a StPO) und ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden (BVerfG Beschl. v. 12.10.2011 - 2 BvR 236/08 u.a., Rz. 214 ff., zu § 100a StPO und Rz. 244 ff. zu § 160a StPO, NJW 2012, 833).
Danach erweist sich die Anordnung der Überwachungsmaßnahme nicht als rechtswidrig. Sie richtete sich nicht gegen den Beschwerdeführer und es war auch nicht von vornherein ersichtlich, dass sie ausschließlich zu Erkenntnissen führe...