Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentümerversammlung, Nichtöffentlichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Tatsache, dass in der Vergangenheit Beschlüsse im Zusammenhang mit einer komplexen Sanierungsmaßnahme wegen formeller Mängel mit Erfolg angefochten worden sind, kann es rechtfertigen, dass ein Verwalter im Interesse aller Wohnungseigentümer einen Rechtsanwalt zur Eigentümerversammlung hinzuzieht.

 

Normenkette

WEG § 24

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 24.11.2008; Aktenzeichen 29 T 169/07)

AG Köln (Beschluss vom 01.07.2007; Aktenzeichen 202 II 434/06)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 24.11.2008 - 29 T 169/07 - dahingehend abgeändert, dass die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Köln vom 1.7.2007 - 202 II 434/06 - zurückgewiesen wird, soweit das AG den Anfechtungsantrag betreffend den Eigentümerbeschluss vom 26.10.2006 zu Tagesordnungspunkt 7 Unterbeschluss IV Nr. 9 zurückgewiesen hat.

Die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 20 %, die Antragsgegner zu 80 %. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegner und die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens die Antragstellerin.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

 

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht Stand (§§ 29 FGG, 546 ZPO).

Der Senat ist mit dem AG der Auffassung, dass die Beschlussfassung der Wohnungseigentümer vom 26.10.2006 zu TOP 7 Unterbeschluss IV Nr. 9 weder aus formellen noch materiell-rechtlichen Gründen zu beanstanden ist und der gegen diesen Beschluss gerichtete Anfechtungsantrag der Antragstellerin deshalb unbegründet ist. Hingegen ist das Rechtsschutzbedürfnis für diesen Anfechtungsantrag durch die Zahlung der Sonderumlage seitens der Antragstellerin nicht entfallen. Eine Erledigung der Hauptsache ist insoweit nicht eingetreten, weil der angegriffene Beschluss auch für die Antragstellerin bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Ungültigerklärung bindend ist und die Antragstellerin auf gerichtliche Anfrage klargestellt hat, dass die Zahlung der Sonderumlage allein im Hinblick auf die fehlende aufschiebende Wirkung des vorliegenden Anfechtungsverfahrens erfolgt ist.

Ein Verstoß gegen das Prinzip der Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung liegt nicht vor.

Wie die Vorinstanzen bereits zutreffend ausgeführt haben, hat die Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung den Zweck, diese von sachfremden Einwirkungen freizuhalten. Die Wohnungseigentümer sollen in ihrer Versammlung auftretende Meinungsverschiedenheiten grundsätzlich allein unter sich austragen, das heißt ihre Angelegenheiten ohne Einflussnahme Dritter erörtern und regeln können (BGHZ 121, 236; OLG Hamburg ZMR 2007, 550 ff., 552; BayObLG NZM 2004, 388 f.). Dem steht nicht entgegen, dass der Verwalter im Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer zu bestimmten Tagesordnungspunkten einen Rechtsanwalt als Berater zur Information und Meinungsbildung heranzieht, solange nicht ein konkreter Interessengegensatz zwischen einem einzelnen Wohnungseigentümer und der Gesamtheit der übrigen Wohnungseigentümer hervorgetreten ist und kein Wohnungseigentümer der Anwesenheit des Dritten widerspricht (OLG München NJW-RR 2006, 1606, 1607; BayObLG, a.a.O.; Jennißen WEG § 24 Rz. 69; Staudinger/Bub WEG, Bearb. 2005, § 25 Rz. 173). Notwendig aber auch ausreichend ist, dass der Beratungsbedarf gerade in der Versammlung besteht, nur hier sachgerecht erfüllbar ist (vgl. Jennißen, a.a.O.; Staudinger/Bub, a.a.O.) und die Beratung bei objektiver Betrachtung allen anwesenden Eigentümern zu Gute kommt.

Diese Voraussetzungen für die Hinzuziehung eines anwaltlichen Beraters durch die Verwaltung lagen hier entgegen den Ausführungen des LG vor.

Zwischen den Beteiligten steht außer Streit, dass in der Vergangenheit bereits mehrere Anfechtungsverfahren mit Erfolg durchgeführt wurden, weil Vorbeschlüsse der Wohnungseigentümer zur Finanzierung der Sanierungsmaßnahmen nach Auffassung des Gerichts zu unbestimmt gefasst und deshalb ungültig waren. Insbesondere im Hinblick darauf, dass die Fenstersanierung, deren Finanzierung die Antragstellerin vorliegend angreift, zwischenzeitlich bereits durchgeführt wurde, liegt eine nunmehr formgültige, das heißt inhaltlich bestimmte Beschlussfassung über die Finanzierung dieser Maßnahme aus objektiver Sicht im Interesse der Gesamtheit aller Wohnungseigentümer. Der Inhalt des protokollierten Beschlusses zu TOP 7 I - IV zeigt, dass die Sanierungsmaßnahmen komplex waren und es einer differenzierten Kostenverteilung bedurfte. An die Beschlussfassung waren deshalb hohe Anforderungen zu stellen, die den Kenntnisstand eines Verwalters im Allgemeinen übersteigen. Der Aufgabenkatalog nach § 27 WEG setzt bei dem Verwalter zwar rechtliche Grundkenntnisse insbesondere hinsichtlich seiner ...

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