Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausweisung einer Ersatznacherbfolge im Erbschein bei vorheriger Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts
Leitsatz (amtlich)
Der Angabe der Nacherbschaft im Erbschein bedarf es nicht, wenn die durch sie bedingte Beschränkung des Vorerben gegenstandslos ist, weil der Vorerbe die Anwartschaft des Nacherben durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat (Anschluss an Senat Beschl. v. 111.6.1990 - 2 Wx 9/90).
Normenkette
BGB §§ 2100, 2108 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Leverkusen (Aktenzeichen 11 VI 135/75) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgerichts - Leverkusen vom 10.08.2017, 11 VI 135/75, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 1) zu tragen.
Gründe
I. Am 31.01.1975 ist Herr R. L. (Erblasser) verstorben. Seine Ehefrau F. L. geb. P. ist im Jahre 1963 vorverstorben. Die Beteiligte zu 1) ist seine Tochter. Deren Kinder, die Beteiligten zu 2) und 3) und (der nachverstorbene) H. S. sind seine Enkel.
Der Erblasser hat 3 Verfügungen von Todes wegen hinterlassen. In einem Erbvertrag des Erblassers mit seiner vorverstorbenen Ehefrau vom 06.07.1961 hatten sich die Eheleute L. gegenseitig als alleinige Erben eingesetzt (Bl. 3 d. Beiakte 4 IV 393/73). In einem privatschriftlichen Testament vom 04.11.1971 hat der Erblasser die Beteiligte zu 1) zu seiner Vorerbin und seine Enkelkinder zu Nacherben zu gleichen Anteilen eingesetzt (Bl. 20 d. Beiakte 4 IV 393/73). Durch weiteres privatschriftliches Testament vom 03.03.1973 hat der Erblasser die Beteiligte zu 1) als Alleinerbin eingesetzt, sofern sie einen Ehevertrag abschließt und ins Güterrechtsregister eintragen lässt, wonach ein Zugewinn nicht ihrem jeweiligen Ehemann zukommen darf. Für den Fall, dass ein solcher Ehevertrag nicht geschlossen wird, hat der Erblasser die Beteiligte zu 1) als befreite Vorerbin eingesetzt und seine Enkelkinder als Nacherben. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Testamentes vom 03.03.1973 Bezug genommen (Bl. 22 d. Beiakte 4 IV 393/73).
Am 13.05.1975 hat das Amtsgericht Leverkusen einen Erbschein erteilt, wonach die Beteiligte zu 1) Alleinerbin des Erblassers ist, Nacherbfolge angeordnet ist, die mit dem Tod der Beteiligten zu 1) eintritt, die Enkelkinder, d.h. die Beteiligten zu 2) und 3) sowie H. S., Nacherben sind und die Vorerbin zur freien Verfügung über den Nachlas berechtigt ist (Bl. 8 d.A.). Bei der Antragstellung hatte die Beteiligte zu 1) angegeben, einen Ehevertrag nicht geschlossen zu haben und nicht zu beabsichtigen, einen Ehevertrag zu schließen.
Am 30.08.1979 haben die Beteiligte zu 1) und die Beteiligte zu 3) einen notariell beurkundeten Vertrag geschlossen, durch den die Beteiligte zu 1) mit Zustimmung aller Nacherben ein Nachlassgrundstück an die Beteiligte zu 3) übertragen und die Beteiligte zu 3) auf Erb- und Pflichtteilsrechte nach ihren Eltern verzichtet hat. Dieser Notarvertrag, auf dessen Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 49 ff. d.A.), enthält u.a. folgende (vom Notar vor/bei der Verlesung der Urkunde handschriftlich eingefügte) Regelung:
"Die Entlassung des übertragenen Grundstücks aus dem Nacherbenvermerk wird bewilligt und beantragt. Die Beteiligten setzen sich hinsichtlich der Nacherbfolge im Übrigen in der Weise auseinander, dass die zu 2. Erschienene (Anm.: die Beteiligte zu 3) als Nacherbin ausscheidet. Die entsprechende Eintragung wird bewilligt und beantragt."
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 01.02.1999 hat die Beteiligte zu 2) u.a. ihre Anwartschaft als Nacherbin nach dem Erblasser mit sofortiger dinglicher Wirkung an die Beteiligte zu 1) übertragen (Bl. 137 ff. d.A.).
Der Enkel des Erblassers H. S. ist am 10.07.2012 verstorben. Durch Beschluss des Nachlassgerichts vom 27.05.2016 ist der Erbschein vom 13.05.1975 im Hinblick auf den Tod des Nacherben H. S. wegen Unrichtigkeit eingezogen worden (Bl. 24 d.A.). Erben des H. S. sind ausweislich des Erbscheins des Nachlassgerichts vom 04.09.2012 - 11 VI 199/12 - die Beteiligte zu 1) zu 1/2-Anteil und die Beteiligten zu 2) sowie 3) jeweils zu 1/4-Anteil.
Durch notariell beurkundeten Teilerbauseinandersetzungsvertrag vom 12.07.2017 haben die Beteiligten zu 1) bis 3) die Erbengemeinschaft bezüglich des Nacherbenanwartschaftsrechts des H. S. aufgehoben und sich dergestalt auseinandergesetzt, dass das Anwartschaftsrecht zu je 1/2-Anteil auf die Beteiligten zu 2) und 3) übertragen worden ist (Bl. 169 ff. d.A.).
Mit notarieller Urkunde vom 31.05.2017 haben die Beteiligten zu 1) und 2) beantragt, einen Erbschein zu erteilen, der bezeugt, dass die Beteiligte zu 1) Erbin des Erblassers ist, bezüglich eines 1/3-Anteils aber nur befreite Vorerbin, hinsichtlich dieses 1/3-Anteils Nacherbfolge angeordnet ist, die mit dem Tod der Vorerbin eintritt, zu Nacherben die Erbengemeinschaft nach H. S., bestehend aus den Beteiligten zu 1) bis 3), berufen ist und das Nacherbenanwartschaftsrecht vererblich ist, hilfsweise einen Erbschein zu er...