Entscheidungsstichwort (Thema)
Eintragung einer Übertragung des Erbteils im Wege der Abschichtung
Leitsatz (amtlich)
1. § 40 Abs. 1 GBO ist entsprechend anwendbar, wenn ein Miterbe seinen Erbteil auf das andere Mitglied der Erbengemeinschaft im Wege der Abschichtung überträgt.
2. Einer Voreintragung der Erbengemeinschaft im Grundbuch bedarf es nicht.
Normenkette
GBO §§ 39-40
Verfahrensgang
AG Heinsberg (Aktenzeichen WF-1369-1) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten vom 20.10.2017 wird der am 07.09.2017 erlassene Beschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamtes - Heinsberg vom 06.09.2017, WF-1369-1, aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag der Beteiligten auf Grundbuchberichtigung vom 03.08.2017 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Gründe
I. Als Eigentümer des im Grundbuch des im Rubrum bezeichneten Grundbesitzes ist der am 26.07.2016 verstorbene L. T. (im Folgenden: Erblasser) eingetragen. Der Erblasser hatte ein notarielles Testament errichtet, in dem er die Beteiligten zu 1) und 2) als Erben zu gleichen Teilen eingesetzt hat. In der notariellen Urkunde vom 14.06.2017 ..... haben die Beteiligten vereinbart, dass der Beteiligte zu 2) mit sofortiger Wirkung aus der Erbengemeinschaft nach dem Erblasser ausscheidet (Bl. 5 ff. d.A.).
Mit Schriftsatz vom 03.08.2017 haben die Beteiligten beantragt, im Wege der Grundbuchberichtigung den Beteiligten zu 1) als Eigentümer des im Rubrum bezeichneten Grundbesitzes einzutragen (Bl. 4 ff. d.A.). Mit Schriftsatz vom 25.08.2017 haben die Beteiligten klar gestellt, dass sie die unmittelbare Umschreibung auf den Beteiligten zu 1) ohne Zwischeneintragung der Erbengemeinschaft beantragen.
Durch am 07.09.2017 erlassenen Beschluss vom 06.09.2017 hat das Grundbuchamt den Berichtigungsantrag der Beteiligten zurückgewiesen, da auf die gemäß § 39 GBO vorgeschriebene Voreintragung nicht verzichtet werden könne und eine Ausnahme gemäß § 40 GBO nicht vorliege. Eine Abschichtung stelle keine Übertragung im Sinne von § 40 GBO dar.
Gegen diesen den Beteiligten am 12.09.2012 zugestellten Beschluss haben diese mit am 24.10.2017 beim Amtsgericht Heinsberg eingegangenen Schriftsatz vom 20.10.2017, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, Beschwerde eingelegt (Bl. 45 ff. d.A.). Das Grundbuchamt hat der Beschwerde durch Beschluss vom 30.10.2017 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 50 ff. d.A.).
II. Die nach §§ 71 Abs. 1, 73 Abs. 2 GBO zulässige Beschwerde der beiden Beteiligten hat auch in der Sache Erfolg.
Die in dem am 07.09.2017 erlassenen Beschluss des Grundbuchamtes aufgeführten Gründe stehen der unmittelbaren Eintragung des Beteiligten zu 1) nach dem Erblasser im Wege der Berichtigung des Grundbuchs nicht entgegen. Einer Voreintragung der Erbengemeinschaft bedarf es im vorliegenden Fall nicht.
Nach § 39 Abs. 1 GBO soll eine Eintragung nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch die Eintragung betroffen ist, als der Berechtigte eingetragen ist. Von dem Voreintragungsgrundsatz ordnet allerdings § 40 Abs. 1 GBO dann eine Ausnahme an, wenn die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten ist und die Übertragung oder Aufhebung eines Rechts eingetragen werden soll. Vollzieht sich die Rechtsänderung jedoch - z.B. durch Erbteilsübertragung gemäß § 2033 Abs. 1 BGB oder wie im vorliegenden Fall durch eine sogenannte Abschichtung (zu deren Zulässigkeit BGH NJW 1998, 1557 f.) - außerhalb des Grundbuchs, liegt keine "Übertragung" im Sinne des § 40 Abs. 1 GBO vor. Nach hergebrachter und verbreiteter Auffassung bedarf es deshalb ausgehend vom Wortlaut der Vorschrift auch dann der Voreintragung der Erbengemeinschaft, wenn nach erfolgter Erbteilsübertragung oder Abschichtung nur noch ein Erbe verbleibt (vgl. hierzu etwa BayObLG, NJW-RR 1995, 272; OLG Hamm; OLGR 1999, 27; Demharter, Grundbuchordnung, 30. Aufl. 2016, § 40 Rn. 3; Meikel/Böttcher, Grundbuchordnung, 11. Aufl. 2014, § 40 Rn. 6; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 142; Bestelmeyer, Rpfleger 2008, 552, 563). Demgegenüber wird von einer im Vordringen befindlichen Auffassung eine entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO auf Fälle der vorliegenden Art befürwortet (so etwa OLG Nürnberg, Rpfleger 2014, 12; LG Nürnberg-Fürth, Rpfleger 2007, 657; stillschweigend vorausgesetzt auch von OLG Zweibrücken, Rpfleger 2013, 57 = ZEV 2012, 416 und OLG München, Rpfleger 2006, 288 f.; ebenso Simon, Rpfleger 2007, 659 und Rpfleger 2014, 14; Bauer/v.Oefele, Grundbuchordnung, 3. Aufl. 2013, § 40 Rn. 9). Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an.
Der in § 39 GBO niedergelegte Grundsatz der Voreintragung soll dem Grundbuchamt die Legitimationsprüfung bei nachfolgenden Eintragungen erleichtern und den eingetragenen Berechtigten dagegen sichern, dass ein anderer über das Recht verfügt. Daneben hat es nach verbreitetem Verständnis auch den Zweck, den Rechtsstand des Grundbuchs und seine Änderungen nicht ...