Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfüllungseinwand und Einwand nach § 242 BGB im Rahmen der Vollstreckung eines Titels über die Erteilung eines Buchauszugs; Ergänzung eines unvollständigen Buchauszugs über § 887 ZPO
Leitsatz (amtlich)
Für die Entscheidung, ob ein titulierter Anspruch erfüllt ist, ist der Vollstreckungstitel maßgeblich, nicht die materiell-rechtliche Rechtslage. Der titulierte Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs ist danach dann erfüllt, wenn der Buchauszug formal den Anforderungen des Urteilsausspruchs entspricht, insb. wenn er sämtliche in den Büchern verzeichnete Geschäfte, die unter den Urteilsausspruch fallen, mit den in den Büchern enthaltenen Angaben erfasst.
Der Grundsatz von Treu und Glauben beherrscht auch das Vollstreckungsverfahren Prozessuale Befugnisse dürfen nicht für verfahrensfremde Zwecke missbraucht werden. Unter diesem Gesichtspunkt mag sich unter besonderen Umständen im Einzelfall auch ein auf die formal vollständige Vollstreckung eines Buchauszugstitels gerichtetes Begehren als rechtsmissbräuchlich darstellen. Ein Verstoß gegen § 242 BG in seiner prozessualen Ausprägung kommt aber als Ausnahmetatbestand nur dann in Betracht, wenn es sich um Angaben handelt, deren Fehlen weder die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit des Buchauszugs insgesamt berührt noch den Gläubiger in der Überprüfung und Geltendmachung seiner Provisionsansprüche beeinträchtigt. Dabei trägt der Vollstreckungsschuldner für einen Verstoß gegen das prozessuale Missbrauchsverbot, der ein Recht zur Verweigerung der vollständigen Erfüllung des titulierten Anspruchs begründen soll, nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast.
Die Ergänzung der fehlenden Angaben in einem Buchauszug im Wege der Ermächtigung zur Ersatzvornahme gem. § 887 ZPO erwirkt werden. Der Antragsteller muss sich nicht auf sein Recht auf Bucheinsicht gem. § 87c Abs. 4 HGB verweisen lassen.
Normenkette
HGB § 87c Abs. 2; BGB § 242; ZPO § 877
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 10.08.2009; Aktenzeichen 89 O 34/07 (SH I)) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerinnen gegen den Beschluss der 9. Kammer für Handelssachen des LG Köln vom 19.6.2009 in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 10.8.2009 - 89 O 34/07 (SH I) - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Antragsgegnerinnen auferlegt.
Gründe
I. Die Parteien schlossen mit Wirkung zum 1.4.2000 einen Agenturvertrag, wonach der Antragsteller als Vermittlungsagent und Handelsvertreter für die Antragsgegnerinnen tätig sein sollte. Mit Schreiben vom 19.1.2005 kündigten die Antragsgegnerinnen den Agenturvertrag zum 30.6.2005. Mit Schreiben vom 1.3.2006 forderte der Antragsteller von der Antragsgegnerin zu 1) einen Buchauszug für die Zeit vom 1.1.2002 bis zum 30.6.2005. Daraufhin erteilten die Antragsgegnerinnen einen Buchauszug für die Jahre 2003 bis 2005 und teilten hinsichtlich des Buchauszugs für den Zeitraum vom 1.1.2002 bis 31.12.2002 unter dem 23.8.2006 mit, dass dieser manuell erstellt werden müsse und daher etwas Zeit benötige.
Im April 2007 hat der Antragsteller vor dem LG Köln unter dem Aktenzeichen 89 O 34/07 Klage u.a. auf Erteilung des bis zur Einreichung der Klageschrift noch nicht erteilten Buchauszugs für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2002 erhoben. Die Antragsgegnerinnen haben diesen Antrag mit Schriftsatz vom 23.5.2007 anerkannt, worauf das LG unter dem 28.2.2008 insoweit antragsgemäß ein Teil-Anerkenntnisurteil erlassen hat, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 210 ff. Hauptakte).
Nachdem der Antragsteller mit Antrag vom 20.3.2008 hinsichtlich des im Teil-Anerkenntnisurteils vom 28.2.2008 titulierten Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs für 2002 die Zwangsvollstreckung gem. § 887 ZPO eingeleitet hatte, haben die Antragsgegnerinnen dem Antragsteller mit Schreiben vom 23.4.2008 einen Buchauszug für den genannten Zeitraum überlassen (Anlagenordner 1 und 2 zum Sonderheft I). Der Antragsteller hat diesen Buchauszug als unbrauchbar bezeichnet und seinen Vollstreckungsantrag vom 20.3.2008, gerichtet auf die Ermächtigung, die Anfertigung und Aushändigung eines Buchauszugs mit dem im Tenor des Teil-Anerkenntnisurteils des LG Köln vom 28.2.2008 beschriebenen Inhalt durch einen von dem Antragsteller ausgewählten vereidigten Buchsachverständigen auf Kosten der Antragsgegnerinnen vornehmen zu lassen, aufrechterhalten. Hilfsweise hat er beantragt, den Antragsteller zu ermächtigen, das von den Antragsgegnerinnen mit Schreiben vom 23.4.2009 übermittelte Verzeichnis durch einen von dem Antragsteller ausgewählten vereidigten Buchsachverständigen ergänzen zu lassen. Im Einzelnen wird wegen der von dem Antragsteller beanspruchten ergänzenden Angaben und die hierfür von ihm angeführte Begründung auf den Inhalt seines Schriftsatzes vom 3.9.2008 Bezug genommen (Bl. 39 ff. SH I).
Die Antragsgegnerinnen haben sich sowohl gegen den Hauptantrag wie auch gegen den Hilfsantrag verteidigt. Zum Hauptantrag haben sie ausgeführt, dass sie dem Antragstelle...