Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderungsanspruch (Zuwendungen von Schwiegereltern) aufgrund des Scheiterns der Ehe des Kindes mit dem Schwiegerkind
Leitsatz (amtlich)
1. Mit dem "Scheitern der Ehe" zwischen dem Schwiegerkind und dem eigenen Kind entsteht der Anspruch von Schwiegereltern aus Wegfall der Geschäftsgrundlage für unentgeltliche Zuwendungen an das Schwiegerkind (vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 3.12.2014 - XII ZB 181/13).
2. Im Rahmen der Beurteilung eines Anspruchs der Schwiegereltern gegen ihr Schwiegerkind auf Anpassung eines Schenkungsvertrages fällt das den Wegfall der Geschäftsgrundlage auslösende Moment des "Scheiterns der Ehe" ihres Kindes mit dem Schwiegerkind in der Regel mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung der Ehe zusammen; deswegen beginnt die Verjährungsfrist für einen solchen Anspruch gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB in der Regel mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem die Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten ist.
3. Auch wenn die Verjährungsfrist für einen Anspruch der Schwiegereltern gegen ihr Schwiegerkind auf Anpassung eines Schenkungsvertrages "in der Regel" mit der Rechtskraft der Ehescheidung beginnt, ist eine abweichende Beurteilung im Einzelfall nicht ausgeschlossen. Die Beurteilung, von welchem Zeitpunkt an die Ehe zwischen dem Schwiegerkind und dem leiblichen Kind gescheitert ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und kann unter Umständen auf einen Zeitpunkt vor Eintritt der Rechtskraft der Scheidung zu datieren sein. Ein solcher Ausnahmefall kommt in Betracht, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Trennung und der Ehescheidung eine eher außergewöhnlich lange Zeitspanne von nahezu acht Jahren liegt.
4. Vielfach wird angenommen, der von Schwiegereltern mit ihrer Schenkung verfolgte Zweck sei in der Regel bei einer Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft von 20 Jahren erreicht (vgl. u.a. OLG Köln, Beschl. v. 21.11.2013 - 12 UF 51/13). Unter besonderer Berücksichtigung der Verwendung des Schenkungsgegenstandes durch Investition in ein "wertbeständiges" Immobiliarvermögen, an dem das Schwiegerkind aufgrund seines ½-Miteigentumsanteils weiterhin teilnimmt, sieht der Senat den mit den Schenkungen verfolgten Zweck, die Ehe des eigenen Kindes aufrechtzuerhalten und zu unterstützen, im vorliegenden Fall erst bei einer Dauer der Ehe des Kindes mit dem Schwiegerkind von 30 Jahren als erreicht an.
Normenkette
BGB §§ 195, 199, 207, 313, 1565 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Bergheim (Beschluss vom 22.12.2014; Aktenzeichen 64 F 74/14) |
Gründe
I. Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, dass der Senat von den Bewertungen des AG abzuweichen gedenkt, soweit dieses zur Begründung der Zurückweisung des Antrages der Antragstellerin auf Rückzahlung der ihrem Sohn und der Antragsgegnerin als Ehepartnern zugewendeten Geldbeträge zur Hälfte die Auffassungen vertreten hat, der Anspruch sei verjährt und bestünde auch deswegen nicht, weil der Zweck der Zuwendung nach zehnjährigem Bestand der Ehe erreicht sei, und dass die Beschwerde der Antragstellerin gegen den von dem AG - Familiengericht - Bergheim am 22.12.2014 erlassenen Beschluss - 64 F 74/14 - deswegen teilweise erfolgversprechend sein dürfte. Im Einzelnen:
(1) Zunächst einmal bestehen Bedenken, ob die Antragstellerin in vollem Umfang allein Inhaberin der geltend gemachten Forderung ist. Nach ihrem Vortrag erfolgt die Schenkung 1993 durch sie und ihren verstorbenen Ehemann. Ein etwaiger Rückforderungsanspruch dürfte deshalb nur ihr und den Erben ihres früheren Ehemannes als Gesamtgläubigern zustehen. Für den Senat ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin Alleinerbin ihres Ehemannes geworden ist.
(2) Bezogen auf die Frage der Begründetheit der Einrede der Verjährung der Antragsgegnerin tendiert der Senat zu folgenden Bewertungen:
Die Zuwendungen der Antragstellerin an ihren Sohn und die Antragsgegnerin in der Höhe von 70.000 DM (= 35.790,43 EUR) vom 31.8.1993 zwecks Verwendung zur Renovierung des von diesen zeitnah erworbenen Hausanwesens und von 10.000 DM (= 5.112,91 EUR) am 31.5.2000 zwecks Verwendung für den Einbau eines Garagentors auf diesem Anwesen sind rechtlich als Schenkungen zu qualifizieren, auf die die Regelungen über die Störungen der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB Anwendung finden (vgl. grundlegend: BGH, Urt. v. 3.2.2010 - XII ZR 189/06 - zitiert nach juris Rz. 18 ff.; zuletzt: BGH, Beschl. v. 3.12.2014 - XII ZB 181/13 - zitiert nach juris Rz. 14 ff.). Geschäftsgrundlage der Schenkungen der Antragstellerin war deren für die Antragsgegnerin erkennbare Erwartung, ihre Ehe mit dem Sohn der Antragstellerin werde Bestand haben; mit der Schenkung werde zur Schaffung einer Familienwohnung beigetragen, die dem Sohn der Antragstellerin auf Dauer zu Gute komme; diese Geschäftsgrundlage ist infolge des Scheiterns der Ehe der Antragsgegnerin mit dem Sohn der Antragstellerin entfallen (vgl.: BGH, Urt. v. 3.2.2010, a.a.O., Rz. 28, Urt. v. 20.7.2011 - XII ZR 149/09 - zitiert nach juris Rz. 22; Beschl. v. 26.11.2014 - XII ZB 666/...