Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung bewilligter Prozesskostenhilfe bei Nichtabgabe einer Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO
Leitsatz (amtlich)
§ 124 Ziff. 2 ZPO sanktioniert nur das völlige Ausbleiben der Erklärung über die Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Prozesskostenhilfeempfängers, nicht die verspätete Abgabe. Selbst im Beschwerdeverfahren kann die Erklärung noch nachgereicht werden (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 124 Rz. 10a, m.w.N.).
Nach gefestigter ständiger Rechtsprechung (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 120 Rz. 28, m.w.N.) hat sich die Partei lediglich über die Veränderung der Verhältnisse zu erklären, die erneute Vorlage des Formblatts "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" kann von ihr nicht verlangt werden.
Normenkette
ZPO § 120 Abs. 4 S. 2, § 124 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Bonn (Beschluss vom 14.03.2006; Aktenzeichen 49 F 173/02) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers vom 21.9.2006 gegen den Beschluss des AG - FamG - vom 14.3.2006 wird als unzulässig verworfen.
Gründe
Durch den angefochtenen Beschluss ist die dem Antragsteller gewährte Prozesskostenhilfe nach § 124 Ziff. 2 ZPO aufgehoben worden, nachdem er sich auf ein Anschreiben des Rechtspflegers vom 27.12.2005 (das im Beschluss genannte Schreiben vom 26.9.2005 ist aus den Akten nicht ersichtlich) und auf eine Erinnerung vom 7.2.2006 nicht gemeldet hatte. Ausweislich der Zustellungsurkunde ist der Beschluss dem Antragsteller am 20.4.2006 durch Übergabe an ihn persönlich zugestellt worden.
Mit Schreiben vom 28.6.2006 meldete sich der frühere Prozessbevollmächtigte des Antragstellers, nachdem dieser die Aufforderung zur Zahlung von Anwalts- und Gerichtskosten erhalten hatte. Beigefügt war ein ausgefülltes Formular "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" mit Belegen. Nach Mitteilung des Rechtspflegers vom 31.7.2006, dass die Prozesskostenhilfe durch Beschluss vom 14.3.2006 aufgehoben und der Beschluss dem Antragsteller am 20.4.2006 persönlich zugestellt worden sei, teilte der Rechtsanwalt des Antragstellers unter dem 17.8.2006, eingegangen bei Gericht am 24.8.2006, mit, der Antragsteller habe Aufhebungsbeschluss nicht erhalten.
Die Beschwerde des Antragstellers ist nicht zulässig, sie ist verspätet eingelegt. Gegen die Aufhebung der Prozesskostenhilfe nach § 124 ZPO ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gem. § 127 Abs. 2 ZPO gegeben. Die Frist zur Einlegung dieses Rechtsmittels beträgt einen Monat, § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO und beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung, § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
Die Zustellung an der Antragsteller selbst am 20.4.2006 ist wirksam. Nach § 172 ZPO sind Zustellungen nur im anhängigen Rechtszug an den Prozessbevollmächtigten vorzunehmen. Das Verfahren über die Aufhebung der Prozesskostenhilfe gehört nicht mehr zum Rechtszug, vgl. OLG München v. 18.8.1992 - 12 WF 932/92, OLGReport München 1993, 42; OLG Koblenz FamRZ 2005, 531.
Die Zustellungsurkunde erbringt als öffentliche Urkunde i.S.d. § 415 ZPO vollen Beweis der in der Urkunde bezeugten Tatsachen, § 418 Abs. 1 ZPO (vgl. auch Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 182 Rz. 14, m.w.N.). Zwar ist der Gegenbeweis möglich, § 418 Abs. 2 ZPO, diesen hat der Antragsteller jedoch nicht geführt.
Umstände, welche Veranlassung für eine Wiedereinsetzung wegen der Fristversäumung geben könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Es besteht allerdings Veranlassung für den Hinweis, dass das vom FamG verwendete Formularschreiben nicht dem Stand der Rechtsprechung entspricht. Nach gefestigter ständiger Rechtsprechung (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 120 Rz. 28, m.w.N.), der auch der Senat folgt, hat sich die Partei lediglich über die Veränderung der Verhältnisse zu erklären, die erneute Vorlage des Formblatts "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" kann von ihr nicht verlangt werden. Im Übrigen sanktioniert die Regelung des § 124 Ziff. 2 ZPO nur das völlige Ausbleiben der Erklärung über die Veränderung, nicht die verspätete Abgabe. Selbst im Beschwerdeverfahren kann die Erklärung noch nachgereicht werden (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 124 Rz. 10a, m.w.N.).
Fundstellen