Leitsatz (amtlich)
Für den Berufungsbeklagten ist es zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung regelmäßig nicht notwendig, schon vor Zustellung der Berufungsschrift ein Mandat für die Berufungsinstanz zu erteilen. Dies gilt auch dann, wenn der Berufungsbeklagte schon vorweg auf andere Weise von der Berufungseinlegung Kenntnis erlangt.
Normenkette
RVG-VV Nr. 3201
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 08.09.2005; Aktenzeichen 65 O 9/03) |
Tenor
Die Kostenfestsetzung für die zweite Instanz aufgrund des Kostenfestsetzungsantrages der Antragsgegnerin vom 1.8.2005 wird abgelehnt. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim LG Köln vom 8.9.2005 - 65 O 9/03 - wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 3.695,53 EUR.
Gründe
I. In erster Instanz waren die Antragsteller mit ihrem Klagebegehren vor dem LG Köln gescheitert. Zeitgleich war zwischen ihnen ein weiterer Rechtsstreit vor dem LG Bonn anhängig. Im Hinblick auf eine vergleichsweise Regelung unterbreitete die Antragsgegnerin den Antragstellern durch ihren Prozessbevollmächtigten einen Vorschlag, der unter der ausdrücklichen Bedingung stand, dass bezüglich des Kölner Verfahrens seitens der Antragsteller kein Rechtsmittel eingelegt werde. Diesem Wunsch entsprachen die Antragsteller jedoch nicht und legten unter dem 1.3.2005 Berufung per Fax-Schriftsatz ein. Das Original dieses Schriftsatzes gelangte am 3.3.2005 zu den Akten. Unter dem selben Datum ging beim LG Köln per Fax ein weiterer Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller ein mit der Erklärung, die Berufung werde zurückgenommen. Erst am 8.3.2005 erging seitens der Geschäftsstelle der 65. Zivilkammer des LG Köln eine Verfügung, wonach dem Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin sowohl der Schriftsatz vom 1.3. (Berufungseinlegung) als auch der vom 3.3.2005 (Berufungsrücknahme) zuzustellen waren. Ausweislich des Empfangsbekenntnisses erhielt der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin beide Schriftsätze am 9.3.2005. Eine schriftsätzliche Stellungnahme der Antragsgegnerin erfolgte sodann nicht mehr. Am 14.4.2005 legte das OLG Köln den Antragstellern gem. § 516 Abs. 3 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens auf.
Die Antragsgegnerin hat für die Berufungsinstanz eine 1,1 Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 RVG-VV nebst Auslagenpauschale sowie Mehrwertsteuer zur Festsetzung angemeldet, insgesamt 3.695,53 EUR. Der Rechtspfleger hat diesen Betrag antragsgemäß festgesetzt. Hiergegen richten sich die Antragsteller mit ihrem Rechtsmittel.
Sie sind der Ansicht, der Einschaltung von Prozessbevollmächtigten für die Berufungsinstanz habe es auf Seiten der Antragsgegnerin nicht bedurft. Dort sei weder etwas von der Berufung bekannt gewesen, noch hätten die Prozessbevollmächtigten irgend eine Tätigkeit entfaltet im Berufungsrechtszug. Vor allem aber seien deshalb schon keine Gebühren zu erstatten, weil die Berufung schon vor Kenntnisnahme von deren Einlegung zurückgenommen worden sei.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, für die Beschwerde fehle es schon am Rechtsschutzinteresse, weil seitens der Antragsteller der festgesetzte Betrag bereits gezahlt worden sei. Ihr sei im Übrigen die Tatsache der Berufungseinlegung bekannt gewesen, da ihr Prozessbevollmächtigter bei der Geschäftsstelle der 65. Zivilkammer des LG Köln angerufen und dieses dort erfahren habe. Der Gebührenanspruch sei deshalb entstanden durch Entgegennahme und Prüfung der Berufungsschrift und deren kommentierte Weiterleitung an die Mandantschaft.
Die Antragsteller erwidern, bezahlt worden seien von ihnen die festgesetzten Kosten für die erste, nicht aber diejenigen für die zweite Instanz.
II.1. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthaft und begegnet auch ansonsten keinen verfahrensrechtlichen Bedenken.
Insbesondere ist das erforderliche Rechtsschutzinteresse auf Seiten der Antragsteller gegeben. Nachdem die Antragsgegnerin auf deren Vortrag hin, die vorgenommene Zahlung sei auf die für die erste Instanz festgesetzten Kosten geleistet worden, nicht mehr erwidert haben, ist dies als unstreitig zu behandeln.
2. Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache selbst vollen Erfolg. Zu Unrecht hat der Rechtspfleger dem Begehren der Antragsgegnerin nach Festsetzung von Kosten für die zweite Instanz entsprochen.
Zwar ist es allgemein anerkannt, dass es als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzusehen ist, wenn sich der Berufungsbeklagte sofort nach Einlegung des Rechtsmittels von einem Rechtsanwalt beraten lässt und ihn mit seiner Vertretung beauftragt im Hinblick auf das kommende Verfahren. In einem solchen Fall steht dem Prozessbevollmächtigten des Rechtsmittelgegners bereits eine 1,1 Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 RVG-VV zu. Voraussetzung dafür aber, dass überhaupt anwaltliche Gebühren für die Rechtsmittelinstanz entstehen, ist das Vorliegen eines Prozessrechtsverhältnisses (OLG München JB 1987, 1797). Für den Ber...