Entscheidungsstichwort (Thema)
Die Äußerung eines Richters, er glaube nicht, dass die Beklagte keinen einzigen Cent mehr zahlen müsse, sondern die Beweisaufnahme werde ergeben, welchen Ausgang der Rechtsstreit nehme, bzw. es sei davon auszugehen, dass die Beklagte noch Zahlungen zu leisten haben werde, rechtfertigt nicht die Annahme der Besorgnis der Befangenheit
Leitsatz (amtlich)
Aus den als Reaktion auf die (verärgerte) Äußerung des Geschäftsführers der Beklagten, keinen Cent zu zahlen, nach Ankündigung einer Beweiserhebung erfolgten Aussagen der abgelehnten Richterin, die nach der im Kern übereinstimmenden Darstellung in ihrer dienstlichen Äußerung und der Stellungnahme der Beklagten darauf hingewiesen hat, dass sie nicht glaube, dass er (d.h. der Geschäftsführer der Beklagten) keinen einzigen Cent mehr zahlen müsse, sondern die Beweisaufnahme ergeben werde, welchen Ausgang der Rechtsstreit nehmen werde, bzw. davon auszugehen sei, dass die Beklagte noch Zahlungen zu leisten haben werde, ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine sachwidrige, auf Voreingenommenheit beruhende Benachteiligung der Beklagten durch die abgelehnte Richterin. Vielmehr handelte es sich ersichtlich um eine in einer Diskussionssituation gefallene Äußerung, mit der lediglich der mögliche Prozessausgang dargestellt wurde, ohne diesen in für die Beklagte nachteiliger Weise zu prognostizieren oder als sicher darzustellen.
Normenkette
ZPO § 42
Verfahrensgang
LG Bonn (Beschluss vom 18.03.2015; Aktenzeichen 13 O 268/14) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des LG Bonn vom 18.3.2015 (13 O 268/14) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die gemäß § 46 Abs. 2 ZPO i.V.m. §§ 567 bis 572 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten gegen die Zurückweisung ihres Ablehnungsgesuchs ist unbegründet. Ob die Beklagte schon gemäß oder analog § 44 Abs. 4 ZPO gehindert ist, sich zur Begründung ihres Ablehnungsgesuchs auf Äußerungen der abgelehnten Richterin im Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung vom 23.12.2014 zu stützen, kann dahinstehen. Jedenfalls ist das LG zu Recht davon ausgegangen, dass keine Besorgnis der Befangenheit von Richterin P besteht. Zur Begründung kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss und in der Nichtabhilfeentscheidung vom 13.4.2015 verwiesen werden. Das Beschwerdevorbringen führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Besorgnis der Befangenheit ist nach § 42 Abs. 2 ZPO dann gegeben, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Hierfür ausreichend, aber auch erforderlich ist nach allgemeiner Auffassung ein Sachverhalt, der aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei bei Würdigung aller Umstände berechtigten Anlass gibt, an der Unparteilichkeit des Richters zu zweifeln (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 16.2.1995 - 2 BvR 1852/94, in: BVerfGE 92, 138, 139; BGH, Beschluss vom 21.2.2011 - II ZB 2/10, in: NJW 2011, 1538; Musielak/Heinrich, Zivilprozessordnung, 9. Auflage 2012, § 42 ZPO Rn 5; Thomas/Putzo/Hüsstege, Zivilprozessordnung, 32. Auflage 2011, § 42 ZPO Rn 9; Zöller/Vollkommer, Zivilprozessordnung, 29. Auflage 2011, § 42 ZPO Rn 9; jeweils m.w.N.). Rein subjektive unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden reichen dafür nicht aus (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 30.12.2008 -2 W 127/08, in: JMBl. NW 2009, 89 ff. Musielak/Heinrich, a.a.O., § 42 ZPO Rn 6).
Darauf, wie der abgelehnte Richter die Sach- und Rechtslage beurteilt, kann ein Ablehnungsgesuch grundsätzlich nicht gestützt werden. Dass ein Richter eine von der Auffassung der Partei abweichende Rechtsansicht vertritt, muss von der Partei hingenommen werden, zumal es in der Natur der Sache liegt, dass der Richter nur eine der unterschiedlichen Ansichten der streitenden Parteien für richtig halten kann. Die Überprüfung der Richtigkeit einer Entscheidung ist deshalb grundsätzlich einem Rechtsmittel in der Sache selbst vorbehalten. Das Ablehnungsverfahren ist weder dazu bestimmt noch geeignet, die Rechtsauffassung des Richters zur Überprüfung durch andere mit der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch befasste Richter zu stellen; es ist kein Instrument zur Fehler- oder Verfahrenskontrolle (vgl. BAG, Beschluss vom 29.10.1992 - 5 AZR 377/92, in: NJW 1993, 879; KG, Beschluss vom 21.8.1998 - 28 W 6180/98, in: KGR Berlin 1998, 359; Musielak/Heinrich, a.a.O., § 42 ZPO Rn 10 m.w.N.).
Auch tatsächliche oder behauptete Verfahrensfehler, die einem Richter bei der Verfahrensleitung unterlaufen, sind deshalb grundsätzlich kein Ablehnungsgrund. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich das prozessuale Verhalten des Richters so sehr von der normalerweise geübten Verfahrensweise entfernt, dass sich der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Bena...