Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungswidrigkeitenrecht. Strafverfahrensrecht
Leitsatz (amtlich)
Zu den Darlegungsanforderungen der Rüge, ein Beweisantrag sei entgegen §§ 77 Abs. 3 OWiG, 244 Abs. 6 S. 1 StPO nicht beschieden worden
Normenkette
OWiG § 77 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3; StPO § 244 Abs. 6 S. 1
Tenor
Unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels wird das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zu erneuter Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Geilenkirchen zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen mit der angefochtenen Entscheidung wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu der Geldbuße von 192,-- € verurteilt und ihm - mit Gestaltungsmöglichkeit gemäß § 25 Abs. 2a StVG - für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.
Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen rügt allgemein die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Ziff. 2 OWiG statthafte, Zulässigkeitsbedenken nicht unterliegende Rechtsbeschwerde erzielt einen Teilerfolg. Sie führt im Rechtsfolgenausspruch zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
1.
Soweit sich das Rechtsmittel gegen den Schuldspruch richtet, ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. In Ergänzung der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft merkt der Senat diesbezüglich an:
Die Rüge, das Tatgericht habe einen Beweisantrag entgegen §§ 244 Abs. 6 StPO, 77 Abs. 3 OWiG nicht beschieden, versagt. Sie ist nicht im Sinne von §§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 344 Abs. 2 S. 2 StPO ordnungsgemäß ausgeführt.
a)
Mit der Rechtsbeschwerdebegründung wird folgender in der Hauptverhandlung gestellter Antrag mitgeteilt:
"Zum Beweis der Tatsache, dass die Messung fehlerhaft ist, beantrage ich, das Reparaturbuch und die Lebensakte der im vorliegenden Verfahren eingesetzten Messanlagen, die gerätespezifische Bedienungsanleitung, eine Kopie der digitalen Falldaten im geräte-spezifischen Format mit dem dazugehörigen öffentlichen Schlüssel, das Auswerteprogramm und die gesamte Messreihe einzuholen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens und die Einholung eines Beschilderungsplanes"
Diesen Antrag hat das Tatgericht ausweislich der Urteilsgründe - wie sich aus der Nennung von § 77 Abs. 2 Ziff. 1 OWiG in diesem Kontext ergibt - jedenfalls insoweit als Beweisantrag gewertet, als mit diesem die Einholung eines Sachverständigengutachtens begehrt wurde. Die Antragsbegründung, die "umfangreich" gewesen sei, wird mit der Rechtsbeschwerdebegründung nicht wiedergegeben.
b)
Das Vorbringen genügt den Darlegungsanforderungen insgesamt nicht:
Allerdings besteht in Rechtsprechung und Schrifttum keine Einigkeit darüber, ob es in dem Falle, dass eine Verletzung von §§ 244 Abs. 6 StPO, 77 Abs. 3 OWiG gerügt werden soll, der Wiedergabe auch der Antragsbegründung bedarf oder ob es bei der Benennung von Beweismittel und Beweistatsache sein Bewenden haben kann.
aa)
Im Schrifttum wird zumeist ohne weitere Differenzierung verlangt, der Beschwerdeführer müsse angeben, in welcher Form und mit welchem Inhalt der Antrag dem Gericht unterbreitet worden sei (KK-StPO-Krehl, 8. Auflage 2019, § 244 Rz. 226; Sarstedt/Hamm, Die Revision in Strafsachen, 6. Auflage 1998, Rz. 616), es sei die Mitteilung des Beweisantrags erforderlich (KK-OWiG-Senge, 5. Auflage 2018, § 77 Rz. 53; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Auflage 2019, § 244 Rz. 106; LR-StPO-Becker, 27. Auflage 2019, § 244 Rz. 377).
Soweit der aufgeworfenen Frage Beachtung geschenkt wird, wird teils vertreten, es genüge die Mitteilung von Beweistatsache und Beweismittel (so ausdrücklich SK-StPO-Frister, 5. Auflage 2015, § 244 Rz. 255; Krause StV 1984, 483 [488]; unklar OLG Stuttgart NJW 1968, das einerseits vom "Beweisthema" spricht, andererseits die Darlegung verlangt, es sei "ein formgerechter Antrag gestellt worden"), teils wird die Mitteilung auch der Begründung verlangt (so: MüKo-StPO-Trüg/Habetha, § 244 Rz. 406 ["vollständig"] und Eisenberg, Beweisrecht der StPO, 8. Auflage 2013, Rz. 307 ["in vollem Wortlaut" gerade im Falle der Nichtbescheidung]). Der Senat muss diese Rechtsfrage auch anlässlich des vorliegenden Falles nicht abschließend entscheiden. Er muss daher auch nicht zu - freilich nicht entscheidungstragenden - Rechtsauffassung des OLG Hamburg Stellung beziehen, wonach es im Falle der behaupteten Verletzung von § 244 Abs. 6 StPO der Wiedergabe des Beweisantrags überhaupt nicht bedürfe (OLG Hamburg JR 1963, 473):
Es entspricht nämlich der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass eine (inhaltlich) fehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen im Fall des § 77 Abs. 2 Ziff. 1 OWiG nicht selbständig gerügt werden, sondern nur mit der Aufklärungsrüge (st. Senatsrechtsprechung, s. nur SenE v. 18.12.2013 - III-1 RBs 304/13 -; SenE v. 08...