Verfahrensgang

AG Köln (Entscheidung vom 15.11.2022)

 

Tenor

  • I.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

  • II.

    Das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 15. November 2022 wird mit seinen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat das Verfahren mit Verfügung vom 11. April 2023 vorgelegt und zum Sachverhalt Folgendes ausgeführt:

"Das Bundesamt für Güterverkehr hat dem Betroffenen zur Last gelegt, mit dem Kraftfahrzeug, amtliches Kennzeichen N01, zulässiges Gesamtgewicht 40, 00 t, Gewichtsklasse ≫ 18 t, 2/2 Achsen, Schadstoffklasse Euro 4, am 20.10.2021 um 15:34 Uhr ab A. die mautpflichtige Straße A92 in Richtung I. benutzt zu haben, obwohl er als Halter des Fahrzeugs die geschuldete Maut nicht entrichtet hatte. Hierzu hat die Bußgeldstelle den Betroffenen mit Schreiben vom 25.04.2022 schriftlich angehört (Bl. 22 ff. d. VV).

Mit Verteidigerschriftsatz vom 08.06.2022 hat sich der Betroffene gegenüber der Bußgeldstelle eingelassen (Bl. 58 d. VV), es sei nicht erklärlich, wie es zu einer Nichtaufzeichnung habe kommen können. Fehlfunktionen seien optisch nicht erkennbar gewesen. Auch die Fahrzeughistorie zeige, das Geräte habe einwandfrei funktioniert, sodass mit einem entsprechenden Ausfall nicht habe gerechnet werden müssen. Bislang seien entsprechende Vorgänge im Unternehmen nicht bekannt und die Maut sei umgehend entrichtet worden.

Das Bundesamt für Güterverkehr hat mit Bußgeldescheid vom 14.06.2021[Anm. d. Sen.: richtig: 14.06.2022]gegen den Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1, § 2 BFStrMG eine Geldbuße von 240,-Euro festgesetzt (Bl. 61 ff. d. VV).

Gegen diesen - dem Betroffenen am 22.06.2022 zugestellten - Bescheid (Bl. 69 d. VV.) hat der Betroffene mit anwaltlichem Schriftsatz vom selben Tag, eingegangen bei der Bußgeldstelle am 23.06.2022, Einspruch eingelegt (Bl. 69 d. VV).

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14.11.2022, eingegangen bei Gericht per Telefax am selben Tag, hat der Betroffene beantragt, ihn von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden und seine bisherige Einlassung zu verlesen sowie mitgeteilt, auch der Verteidiger werde an dem Hauptverhandlungstermin nicht teilnehmen. Ferner hat er beantragt, eine schriftlich zur Akte gereichte Stellungnahme in der Hauptverhandlung zu verlesen (Bl. 26 f. d. A.).

Das zur Entscheidung berufene Amtsgericht Köln hat mit Urteil vom 15.11.2022 (902a OWi-932 Js 6505/22-269/22) gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 S. 1, § 2 BFStrMG die im Bußgeldbescheid vorgesehene Sanktion verhängt (Bl. 36, 38 d. A.).[...]Von einer schriftlichen Begründung des Urteils hat das Gericht abgesehen.

Gegen dieses in der Hauptverhandlung - in Abwesenheit des von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbundenen (Bl. 24 d. A.) Betroffenen und seines Verteidigers (Bl. 24 d. A.) - verkündete Urteil, welches dem Betroffenen am 31.12.2022 zugestellt worden ist (Bl. 43 d. A.), hat der Betroffene mit Verteidigerschriftsatz vom 02.01.2023, bei Gericht elektronisch eingegangen am selben Tag, Rechtsbeschwerde eingelegt (Bl. 39 f. d. A.). In seiner mit weiterem anwaltlichem Schriftsatz vom 18.01.2023 (Bl. 50ff. d. A.), eingegangen bei Gericht am 19.01.2023 (Bl. 49 d. A.), erfolgten Begründung der Rechtsbeschwerde hat er beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gerügt. Soweit das Urteil des Amtsgerichts Köln keine Gründe, insbesondere auch eine Wiedergabe der Einlassung des Betroffenen nicht enthalte, begründe dies eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Die Einlassung des Betroffenen, die nicht in die Hauptverhandlung eingeführt worden sei, habe keine Berücksichtigung gefunden. Das Urteil sei im Übrigen bereits auf die allgemeine Sachrüge aufzuheben.

Am 13.02.2023 hat das Gericht vermerkt, aus nicht nachvollziehbaren Gründen versäumt zu haben, das Urteil mit schriftlichen Entscheidungsgründen zu versehen. Ein Nachschieben der Gründe sei unzulässig (Bl. 43 d. A.)."

Diese Ausführungen macht sich der Senat zu eigen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat sinngemäß beantragt, die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wegen Versagung des rechtlichen Gehörs zuzulassen, das angefochtene Urteil auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen aufzuheben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Köln zurückzuverweisen.

II.

Der gemäß §§ 79 Abs. 1 S. 2, 80 OWiG statthafte und nach § 300 StPO als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde auszulegende - und auch im Übrigen Zulässigkeitsbedenken nicht begegnende - Antrag hat in der Sache Erfolg.

Der Antrag führt gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 OWiG zur Zulassung der Rechtsbeschwerde. Die Rechtsbeschwerde ihrerseits ist begründet, so dass das angefochtene Urteil ...

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