Normenkette
StPO § 454 Abs. 3 S. 1, §§ 456a, 467 Abs. 1 S. 1; FreizügG §§ 2, 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1 S. 1; AufenthG §§ 53 ff; StGB § 56c Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Nr. 1, § 57 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Entscheidung vom 06.09.2007; Aktenzeichen StVK 1133/08) |
Tenor
I. In Abänderung der angefochtenen Entscheidung wird die weitere Vollstreckung Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Köln vom 06.09.2007 (Az 103-25/07) zur Bewährung ausgesetzt mit Wirkung zum 15. Juni 2009 mit folgenden Auflagen und Weisungen:
1. Die Bewährungszeit beträgt fünf Jahre.
2. Der Verurteilte hat sich innerhalb der Bewährungszeit straffrei zu führen.
3. Der Verurteilte wird angewiesen, unverzüglich nach der Entlassung aus der Strafhaft in vorliegender Sache in sein Heimatland Rumänien auszureisen und während der Bewährungszeit nicht wieder in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen.
4. Der Verurteilte hat der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln zum Aktenzeichen StVK 1133/08
a) bis zum 30. Juni 2009 einen Nachweis über die Ausreise nach Rumänien zu erbringen;
b) bis zum 15. Juli 2009 seine Wohnanschrift in Rumänien mitzuteilen;
c) jeden Wohnsitzwechsel mitzuteilen.
II. Die Belehrung über die Bedeutung der Strafaussetzung ( § 268 a Abs. 3 StPO) wird dem Leiter der Justizvollzugsanstalt Köln übertragen.
III. Verurteilten hierin entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Durch Urteil des Landgerichts Köln vom 06.09.2007 (Az 103-25/07) wurde gegen den Beschwerdeführer wegen Beihilfe zur gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Ausspähen von Daten in sechs Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verhängt. Zwei Drittel der Strafe waren am 25.02.2009 verbüßt. Das Strafende ist für den 26.02.2010 notiert.
Mit Beschluß vom 06.04.2009 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln die Reststrafenaussetzung zum 2/3-Termin abgelehnt. Gegen diese ihm am 15.04.2009 zugestellte Entscheidung hat der Verurteilte mit Verteidigerschriftsatz vom 15.04.2009, per Fax am selben Tage bei dem Landgericht Köln eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt.
II.
Die gemäß § 454 Abs. 3 Satz 1 StPO statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde hat Erfolg.
1. Der Senat bemerkt zunächst folgendes : Nach dem Inhalt der Akten ist davon auszugehen, dass - als Bestandteil einer Urteilsabsprache - die Staatsanwaltschaft gem. § 456 a StPO bereits zum Halbstrafenzeitpunkt von der weiteren Vollstreckung der Strafe abgesehen hätte, sich hieran aber gehindert gesehen hat, weil gegen den Verurteilten keine Ausweisungsverfügung vorliegt und nach Auffassung der Ausländerbehörden auch nicht ergehen kann. Als EU-Bürger fällt der Verfolgte unter die Bestimmungen des als Teil des Zuwanderungsgesetzes am 01.01.2005 in Kraft getretenen FreizügG/EU und genießt gem. § 2 FreizügG das Recht auf Freizügigkeit. Die Ausländerbehörde der Stadt Düsseldorf steht gemäß Schreiben vom 18.02.2008 auf dem Standpunkt, dass weder die Verurteilung durch das Landgericht noch sonstige Umstände eine ausreichende Grundlage dafür bieten, gemäß § 6 Abs. 1 FreizügG den Verlust des Rechts der Freizügigkeit, der nach § 7 Abs. 1 S.1 FreizügG zur Ausreisepflicht des Verurteilten führen würde, festzustellen. Die Staatsanwaltschaft Köln hat daraufhin mit Schreiben vom 16.06.2008 dem Verurteilten mitgeteilt, dass nicht gemäß § 456 a StPO verfahren werden könne.
Eine Benachteiligung gegenüber Ausländern aus Nicht-EU-Staaten, für die die strengeren Ausweisungstatbestände der §§ 53 ff AufenthG gelten, liegt darin nicht. Die Rechtsstellung von EU-Bürgern wird durch das FreizügG vielmehr deutschen Staatsangehörigen angeglichen, die ebenso wenig Maßnahmen nach § 456 a StPO erreichen können. § 456a StPO kann nach der Änderung von Art. 16 Abs. 2 GG zwar grundsätzlich auch auf Deutsche Anwendung finden (vgl BVerfG NJW 2004, 356), jedoch nur bei einer Verpflichtung, Deutschland zu verlassen, etwa in Auslieferungsfällen. Die Bereitschaft, Deutschland freiwillig zu verlassen, wie sie der Verurteilte erklärt hat, genügt als Grundlage für Maßnahmen nach § 456 a StPO weder bei einem Deutschen noch bei einem EU-Bürger.
2. Die Strafvollstreckungskammer hat allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Sach-und Rechtslage die für die Reststrafenaussetzung erforderliche günstige Sozialprognose nicht zu ersetzen vermag. Eine solche Prognose - die nicht die Gewissheit künftiger Straffreiheit, sondern nur eine naheliegende Chance für ein positives Ergebnis voraussetzt - ist hier bereits gerechtfertigt.
Es kann gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB verantwortet werden, die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Die Staatsanwaltschaft hat mit Verfügung vom 01.12.2008 auf die Ablehnung eines Antrags des Verurteilten gemäß § 456 a StPO verwiesen und der Entlassung zum 2/3-Zeitpunkt nicht widersprochen.
a) Der Verurteilte hat inzwischen deutlich mehr als 2/3 der Strafe verbüßt. Er ist z...