Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung eines Sachverständigen
Leitsatz (amtlich)
Mangel an Sachkunde, Unzulänglickeiten oder Fehlerhaftigkeit rechtfertigen für sich allein nicht die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Befangenheit. Ein derartiger Vorwurf betrifft nicht die Voreingenommenheit des Sachverständigen zu Lasten einer Partei, sondern seine mangelnde Fachkunde und/oder Sorgfalt, der sich beide Parteien in gleicher Weise ausgesetzt sehen.
Normenkette
ZPO § 406 Abs. 1 S. 1, § 42 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Bonn (Beschluss vom 11.06.2011; Aktenzeichen 18 OH 17/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss der 18. Zivilkammer des LG Bonn vom 11.6.2012 in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 28.6.2012 - 18 OH 17/11 - wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Das LG hat durch Beschl. v. 29.6.2012 - 18 OH 17/11 - die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens auf Antrag beider Parteien angeordnet und Herrn Dipl. Ing. W N zum Sachverständigen bestellt.
Nach Eingang des Gutachtenauftrags hat der Sachverständige mit Schreiben vom 1.9.2011 (Bl. 69 f. GA) erklärt, dass der Gutachtenauftrag grundsätzlich in sein Fachgebiet falle. Soweit Fragen zu den Themen Bauordnung und Brandschutz gestellt würden, könne er diese Fragen bearbeiten, da er Brandinspektor, Architekt und ö. b. v. Sachverständiger sei. Aus seinem Briefkopf geht hervor, dass er öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden (J L) und staatlich anerkannter Sachverständiger für Schall- und Wärmeschutz (B O) ist. Er bat das Gericht, den Sachverständigen N1, der zum Themengebiet "Bau- und Raumakustik, Schallimmissionschutz" von der J L öffentlich bestellt und vereidigter Sachverständiger sei, hinzuziehen zu dürfen. Daraufhin bewilligte die Kammer durch Beschluss vom 21.9.2011 (Bl. 73 GA) die Einschaltung des weiteren Sachverständigen.
Nachdem der Sachverständigen N unter dem 14.2.2012 sein schriftliches Gutachten erstattet hatte, haben die Antragsteller mit Schriftsatz vom 17.4.2012 (Bl. 107 ff. GA) den Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
Die Antragsteller rügen, der Sachverständige sei weder für die Frage des Schallschutzes noch für die Frage des Brandschutzes öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger. Aus diesem Grunde habe er den Gutachtenauftrag bereits mangels Qualifikation zurückweisen müssen. Er verkenne die Frage von Bauordnungsrecht auf der einen Seite und Brandschutz auf der anderen Seite. Ohne Kenntnis erfinde er Bewertungen und Zustände, die weder rechtlich noch tatsächlich gegeben seien. Er sei damit in höchstem Maße voreingenommen. Wäre er objektiv, hätte er den Gutachtenauftrag mangels Qualifikation ablehnen müssen. Als objektiver Sachverständiger hätte er sich bemüht, die tatsächlichen Verhältnisse richtig zu erfassen und brandschutztechnisch zu bewerten. Dieses habe er weder getan, noch habe er auf seine fehlende Qualifikation hingewiesen, sondern in freier Schöpfung parteilich zugunsten einer Seite Dinge erfunden, die so weder gegeben noch gefordert seien. Ein solcher Sachverständiger sei nicht objektiv und deshalb abzulehnen. Das Gutachten - das die Antragsteller mit umfangreichen inhaltlichen Einwendungen angreifen - sei geprägt von der massiven Voreingenommenheit des Sachverständigen, mit der Folge, dass dieser insgesamt ungeeignet sei. Es werde gezielt zu Lasten der Antragsteller manipuliert. Zwar sei nicht bekannt, aus welchen Gründen der Sachverständige sein Gutachten derart verfälsche, es seien aber eindeutig massive Benachteiligungstendenzen bezüglich der Antragsteller festzustellen, die den Sachverständigen gänzlich befangen erscheinen ließen. Schließlich sei er befangen, da er es trotz Hinweises der Antragsteller abgelehnt habe, die Bausubstanz, die Gegenstand der Beweisfrage sein sollte, zu untersuchen.
Durch Beschluss vom 11.6.2012 (Bl. 132 GA) hat das LG das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen, die Einholung eines neuen Gutachtens durch einen anderen Sachverständigen abgelehnt, die Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens festgestellt und den Streitwert festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 26.6.2012 (Bl. 140 GA) haben die Antragsteller gegen den Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt, die sie auf die Zurückweisung ihres Ablehnungsgesuchs beschränken. Das LG hat der Beschwerde durch Beschluss vom 28.6.2012 (Bl. 143 GA) nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen die Zurückweisung ihres Befangenheitsantrags ist zulässig; insbesondere ist das Rechtsmittel nach § 406 Abs. 5 ZPO statthaft sowie innerhalb der Zweiwochenfrist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt worden.
In der Sache hat die sofortige Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Das LG hat das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen Dipl.-Ing. W N wegen der Besorgnis der Befangenheit zu Recht zurückgewiesen. Das LG hat zutreffend an...