Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsnachfolge, Nebenintervention, Aufnahme des infolge des Todes einer Partei unterbrochenen bzw. ausgesetzten Verfahrens
Leitsatz (amtlich)
Tritt der Rechtsnachfolger einer Partei dem Rechtsstreit nach §§ 265 Abs. 2, 66 ZPO als Nebenintervenient bei, so kann er den infolge des Todes der Partei nach §§ 239, 246 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 ZPO unterbrochenen bzw. ausgesetzten Rechtsstreit nach § 239 Abs. 1 ZPO aufnehmen, soweit er sich dadurch nicht in Widerspruch zu dem ausdrücklichen oder aus dem prozessualen Gesamtverhalten zu entnehmenden Willen der Erben der Partei setzt. Der Widerspruch muss sich feststellen lassen; im Zweifel ist die Prozesshandlung des Nebenintervenienten als zulässig anzusehen. Allein darin, dass das Verfahren auf einen vorherigen Antrag des Prozessbevollmächtigten der Partei nach § 246 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 ZPO ausgesetzt worden ist, liegt kein Widerspruch zur beantragten Verfahrensaufnahme.
Normenkette
ZPO § 66 ff., §§ 239, 265
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 23 O 223/14) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Streithelfers vom 23.1.2018 wird der Beschluss der 23. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 10.1.2018 - 23 O 223/14 - abgeändert und das Landgericht angewiesen, das Verfahren fortzusetzen.
Gründe
I. Mit der Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung von 99.492,02 EUR nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Klägerin ist am 30.12.2014 verstorben. Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat das Landgericht das Verfahren durch Beschluss vom 6.2.2015 nach § 246 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 ZPO ausgesetzt. Der Streithelfer hat durch Überleitungsanzeige gem. 93 SGB XII vom 2.2.2015 wegen ungedeckter Heimkosten den streitgegenständlichen Anspruch in Höhe von 22.087,75 EUR auf sich übergeleitet und mit Schriftsatz vom 6.5.2015 erklärt, dass er das Verfahren in Höhe des übergeleiteten Anspruches nebst Zinsen aufnehme und in den Rechtsstreit eintrete. Eine mit Schritsatz vom 5.7.2016 erhobene Hauptinterventionsklage, die er gegen den Beklagten und zuletzt gegen Herrn U N L als vom Nachlassgericht mitgeteilten Erben der Klägerin gerichtet hatte, hat der Streithelfer in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 18.12.2017 zurückgenommen. Ferner ist er dem Rechtststreit mit Schriftsatz vom 26.1.2017 auf Seiten der Klägerin bzw. deren Erben als Nebenintervenient beigetreten. Der Beklagte hat einem Parteiwechsel und der Übernahme des Rechstreits durch den Streihelfer widersprochen. Er bestreitet auch, dass Herr U N L Erbe geworden ist. Das Landgericht hat dem Antrag des Streithelfers, das Verfahren wieder aufzunehmen und Termin zu bestimmen, zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Streithelfer mit der sofortigen Beschwerde.
II. Die nach § 252 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. Die Überleitung eines Anspruchs nach § 93 SGB XII ist eine Fall der Rechtsnachfolge im Sinne des § 265 ZPO (vgl. BGH NJW 2012, 3624 zu § 94 SGB XII). Zutreffend nimmt das Landgericht an, dass der Streithelfer nicht im Wege des Parteiwechsels in den Rechtstreit eingetreten sei, weil dafür sowohl die Zustimmung der Erben der verstorbenen Klägerin als auch die - wegen § 265 Abs. 2 S. 2 ZPO durch Sachdienlichkeit nicht zu ersetzende - Zustimmmung des Beklagten erforderlich wären (BGH NJW 2012, 3624). Ob die fehlende Zustimmung der Erben im Hinblick darauf unbeachtlichwäre, dass die Erben gegenüber dem Streithelfer materiell-rechtlich zur Zustimmung verpflichtet sein könnten (dazu Becker-Eberhard in: Münchener Kommentar ZPO, 4. Aufl, § 265 Rdn. 95; Musielak/Voit/Foerste, ZPO, 14. Aufl., § 265 Rdn. 13; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 4. Aufl., § 265 Rdn. 103), kann dahinstehen, da jedenfalls der Beklagte seine Zustimmung ausdrücklich verweigert hat.
2. Der Streithelfer kann das Verfahren aber nach §§ 67, 239 Abs. 1 ZPO wieder aufnehmen.
a) Das Landgericht lehnt eine Aufnahme des Verfahrens nach § 239 ZPO ab. Zur Begründung führt es aus: Der Streithelfer habe nach § 265 Abs. 2 S. 3 ZPO nur die Stellung eines nicht selbständigen Streitgenossen (§ 69 i.V.m. § 61 ZPO). Als solcher könne er nicht die Forführung des Prozesses veranlassen, sondern nur mit solchen Prozesshandlungen beitreten, die mit denen der Hauptpartei harmonierten. Im Fall einer verzögerten Aufnahme stehe nach dem eindeutigen Wortlaut des § 239 Abs. 2 ZPO nur dem Gegner, nicht aber dem Gläubiger die Möglichkeit zu, die Rechtsnachfolger zur Verhandlung zur Hauptsache laden zu lassen. Dementsprechend könne sie auch einem Nebeninterevenienten der verstorbenen Kägerin nicht zustehen.
b) Dem ist nicht zu folgen:
aa) Es trifft zwar zu, dass der Beschwerdeführer nach § 265 Abs. Abs. 2 S. 3 ZPO nur die Stellung eines unselbständigen Streithelfers hat. Als solcher kann er jedoch nach § 67 ZPO alle Prozesshandlungen vornehmen, die die Partei selbst vornehmen könnte, soweit sie nicht im Widerspruch zu den Erklärungen und Handlungen der Partei stehen (Jacoby in: Stein/Jonas; ZPO, 23. Aufl., § 67 Rdn. 3; Schulte...