Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindende Abgabe an ein anderes Familiengericht. Bindende Abgabe an ein anderes Familiengericht nach dem Aufenthaltswechsel der Mutter mit den Kindern in einen anderen Amtsgerichtsbezirk
Leitsatz (amtlich)
1. Auf Familiensachen findet die Vorschrift des § 46 FGG entsprechende Anwendung, soweit § 64 Abs. 2 FGG nicht einschlägig ist, also auch in einem isolierten Sorgerechtsverfahren (zur Anwendbarkeit des § 46 FGG auf Familiensachen vgl. u.a. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 15.4.2004 - 9 WF 40/04, in juris PR-FamR 6/2005 Anm. 2 mit Anm. Roland Stockmann; Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhard, Freiwillige Gerichtsbarkeit, Kommentar zum FGG, 15. Aufl., § 46 Rz. 51, 52).
2. Für die Abgabe des Verfahrens nach § 46 FFG an ein anderes Familiengericht muss ein wichtiger Grund i.S.v. § 46 Abs. 1 Satz 1 FGG bestehen.
3. Dieser kann z.B. in einem Aufenthaltswechsel der Kindesmutter mit den Kindern in den Bezirk des anderen AG gesehen werden.
4. Hat sich das übernehmende AG mit der Übernahme der Sorgerechtssache einverstanden erklärt, ist der der Abgabe (von Amts wegen) entgegenstehende Wille eines Elternteils unbeachtlich, wenn nach der Maßgabe der Bestimmung des § 46 Abs. 1 Satz 1 FGG die Abgabe im Interesse des Kindeswohls geboten ist.
5. Zu berücksichtigen dabei ist, dass durch die Abgabe eine zweckmäßigere, leichtere Führung der Angelegenheit ermöglicht wird, so z.B. bei einer noch notwendigen Anhörung der Kinder gem. § 50b FGG oder noch ausstehenden Stellungnahmen der Jugendämter.
6. Eine Abgabe an das andere Familiengericht scheidet daher dann aus, wenn das Sorgerechtsverfahren bereits soweit gediehen ist, dass diese untunlich erscheint, wenn z.B. die Sache weit gehend entscheidungsreif ist.
Normenkette
FGG §§ 46, 64
Verfahrensgang
AG Bochum (Beschluss vom 02.04.2009; Aktenzeichen 49 F 74/09) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Bonn vom 2.4.2009 - 408 F 73/07, mit welchem nach Anhörung der Beteiligten im Einverständnis mit dem AG Bochum gem. § 46 FGG analog das vorliegende Verfahren an das AG Bochum abgegeben worden ist, da der Aufenthalt der Kinder auf Dauer in Bochum ist, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
Gründe
Die gem. § 19 FGG zulässige (einfache) Beschwerde des Antragstellers gegen den Abgabebeschluss des Familiengericht Bonn hat in der Sache keinen Erfolg. Die Abgabe ist zu Recht erfolgt. Im Hinblick auf die Abgabegründe verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Familiengericht Bonn in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 30.4.2009 - 408 F 73/07 -.
Die gegen die Abgabe gerichteten Angriffe greifen im Ergebnis nicht durch. Entgegen der Auffassung findet nämlich die Vorschrift des § 46 FGG auch auf Familiensachen Anwendung, soweit § 64 Abs. 2 FGG nicht einschlägig ist. Nach der letztgenannten Vorschrift gilt, soweit eine Ehesache rechtshängig ist, dass das Familiengericht im ersten Rechtszug bei ihm anhängige Verfahren der in § 621 Abs. 1 Nr. 9 Abs. 2 Nr. 1 - 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Art von Amts wegen an das Gericht der Ehesache abgibt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erkennbar nicht gegeben. Vielmehr handelt es sich um ein isoliertes Sorgerechtsverfahren (zur Anwendbarkeit des § 46 FGG auf Familiensachen vgl. u.a. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 15.4.2004 - 9 WF 40/04, in juris PR-FamR 6/2005 Anm. 2 mit Anm. Roland Stockmann; Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhard, Freiwillige Gerichtsbarkeit, Kommentar zum FGG, 15. Aufl., § 46 Rz. 51, 52).
Die Abgabe ist auch in der Sache zu Recht erfolgt. Für die Abgabe des Verfahrens an das Familiengericht in Bochum besteht in Anbetracht des Aufenthaltswechsels der Kindesmutter mit den beiden Kindern in den Bezirk des AG Bochum ein wichtiger Grund i.S.v. § 46 Abs. 1 Satz 1 FGG. Soweit der Antragsteller einwendet, ein dauernder Wechsel der Kindesmutter mit den Kindern nach Bochum sei nicht angezeigt, ist dies nicht zutreffend. Der Verfahrensgang insgesamt zeigt, dass die Kindesmutter gewillt ist, auf Dauer nach Bochum zu wechseln, um sich dem Einfluss des Antragstellers zu entziehen. Das AG Bochum hat sich auch mit der Übernahme der Sorgerechtssache einverstanden erklärt. Der entgegenstehende Wille des Antragstellers ist insoweit unbeachtlich. Nach der Maßgabe der Bestimmung des § 46 Abs. 1 Satz 1 ist die Abgabe im Interesse des Kindeswohls geboten. Hierdurch wird nämlich ein Zustand geschaffen, der eine zweckmäßigere, leichtere Führung der Angelegenheit ermöglicht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Kinder - soweit dies ihr Alter rechtfertigt - gem. § 50b FGG anzuhören sein werden. So ist das Sorgerechtsverfahren auch noch nicht bereits soweit gediehen, dass eine Abgabe an das Familiengericht Bochum untunlich erscheint. Vielmehr hat das Jugendamt C. am 18.3.2009 mitgeteilt, dass zum damaligen Zeitpunkt keinerlei Kenntnis darüber bestehe, wo sich Frau F. mit den gemeinsamen Kindern aufhalte (vgl. Bl. 11 GA). Dies zeigt aber, dass im vorl...