Entscheidungsstichwort (Thema)
Missbrauch des Lastschriftverfahrens
Leitsatz (amtlich)
Ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB im Zusammenhang mit dem Widerruf einer Lastschrift setzt voraus, dass der Lastschriftschuldner zum Zeitpunkt des Widerrufs Kenntnis von einer bereits eingetretenen oder zumindest drohenden Insolvenz des Lastschriftgläubigers hatte.
Normenkette
BGB § 826
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 28.07.2009; Aktenzeichen 10 O 139/09) |
Tenor
In dem Rechtsstreit pp. beabsichtigt der Senat, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Aachen vom 28.7.2009 (10 O 139/09) gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
Die zulässige Berufung hat nach dem gegebenen Sachstand keine Aussicht auf Erfolg. Da die zugrunde liegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung durch Urteil auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (vgl. § 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO), soll über das Rechtsmittel durch Beschluss entschieden werden.
Das LG hat die auf die Behauptung einer sittenwidrigen Schädigung gestützte Klage mit Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die subjektiven Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 826 BGB liegen bereits nach dem Vortrag der Klägerin nicht vor.
1. Es kann dahinstehen, ob der objektive Tatbestand des § 826 BGB durch den Widerspruch der Beklagten gegen die Belastung ihres Kontos mit den streitgegenständlichen Lastschriftbeträgen im vorliegenden Fall erfüllt ist.
a) Das Lastschriftverfahren ist ein von der deutschen Kreditwirtschaft entwickeltes System im bargeldlosen Zahlungsverkehr, das sich - wegen seiner Einfachheit und seiner besonderen Eignung für eine elektronische Abwicklung vor allem in Form des Einzugsermächtigungsverfahrens - zur erleichterten Abwicklung von massenhaften Zahlungsvorgängen weitgehend durchgesetzt hat. Die Besonderheit des Einzugsermächtigungsverfahrens besteht darin, dass der Gläubiger die Initiative zur Bezahlung seiner Forderung ergreift, indem er seine Bank beauftragt, den Geldbetrag einzuziehen. Diese leitet den Auftrag an die Schuldnerbank weiter, die den Betrag vom Schuldnerkonto abbucht und der Gläubigerbank zuleitet, ohne dazu vom Schuldner eine Weisung erhalten zu haben. Wegen dieser weisungslosen Belastung seines Kontos steht dem Schuldner ggü. der Schuldnerbank aus dem Girovertrag bis zu seiner Genehmigung ein Widerspruchsrecht zu. Widerspricht der Schuldner, ohne zuvor genehmigt zu haben, muss die Schuldnerbank die Buchung berichtigen. Sie kann die Lastschrift im Interbankenverhältnis zurückgeben und von der Gläubigerbank deren Wiedervergütung verlangen, wenn der Schuldner innerhalb von sechs Wochen nach Belastung seines Kontos widerspricht. Die Gläubigerbank belastet sodann das Gläubigerkonto wieder mit dem zuvor gutgeschriebenen Betrag und den Rücklastgebühren
Aufgrund dieser Ausgestaltung des Verfahrens kann der Gläubigerbank im Falle eines rechtzeitigen Widerspruchs ein Schaden entstehen, wenn das Gläubigerkonto zum Zeitpunkt der Rückbelastung keine Deckung mehr aufweist und der Gläubiger nicht mehr in der Lage ist, seiner Verpflichtung zur Rückzahlung des ihm gutgeschriebenen Betrags ggü. der Gläubigerbank nachzukommen. Dieses Schadensrisiko ist allerdings nicht ohne weiteres zu missbilligen und durch die Gewährung von Schadensersatzansprüchen auszugleichen. Es ist dem Lastschriftverfahren grundsätzlich immanent, trägt dem notwendigen Schutz des Schuldners im Einzugsermächtigungsverfahren Rechnung und wurde von den Kreditinstituten mit der Einführung des Lastschriftverfahrens im Interesse der Erleichterung des massenhaften Zahlungsverkehrs übernommen (vgl. zum Ganzen: BGH WM 2009, 1073 = NJW-RR 2009, 1207; BGHZ 177, 69, 73 f.; BGH NJW 1985, 847; BGHZ 74, 300; BGHZ 161, 49; van Gelder, in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 3. Aufl., § 57 Rz. 5-56d).
b) Die Ausgestaltung des Lastschriftverfahrens darf allerdings nicht dazu ausgenutzt werden, das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Gläubigers auf dessen Bank zu verlagern. Das ist etwa dann der Fall, wenn Gläubiger und/oder Schuldner die Widerspruchsmöglichkeit als Sicherungsinstrument einsetzen, um eine risikolose Darlehensgewährung des Lastschriftschuldners an den Lastschriftgläubiger zu ermöglichen (Lastschriftreiterei). Ein solches Vorgehen, bei dem der Gläubigerbank faktisch die Rolle einer Bürgin aufgezwungen wird, ist mit dem Sinn und Zweck des Lastschriftverfahrens nicht zu vereinbaren. Es erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Widerspruchs erheblich, was für die beteiligten Kreditinstitute mit besonderen, deutlich über das mit dem Lastschriftverfahren zwangsläufig verbundene Risiko hinausgehenden Gefahren verbunden ist (vgl. BGH WM 2009, 1073; BGHZ 74, 300; van Gelder, a.a.O., § 56 Rz. 38; Staub/Canaris, HGB, 4. Aufl., Fünfter Band, Rz. 604). Ein solches Vorgehen ist jedenfalls dann in aller Regel sittenwidrig und führt zu Ansprüchen der geschädigten Bank nach § 826 BGB, wenn es (...