Entscheidungsstichwort (Thema)

Selbständiges Beweisverfahren, Sachverständigenvorschuss

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Nichtzahlen des für den Sachverständigen angeforderten Kostenvorschusses an sich führt grundsätzlich nicht zur Beendigung des Verfahrens.

2. Die Nichtzahlung des Auslagenvorschusses kann im Einzelfall als stillschweigende Antragsrücknahme zu werten sein. Das ist eine Frage der Auslegung und kann in Betracht kommen, wenn der Antragsteller den Vorschuss trotz erneuter Erinnerung nicht einzahlt.

3. Möglich ist es auch, dass der Antrag auf Einholung eines ergänzenden Gutachtens unter den Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 ZPO (grobe Nachlässigkeit als Grund der Verspätung und Verzögerung des Verfahrens) zurückgewiesen wird, was zugleich die Feststellung begründet, dass das Beweisverfahren beendet ist. Ohne vorherige Mahnung und den Hinweis auf die Präklusionsfolge kann die Nichtzahlung aber nicht als grobe Nachlässigkeit des Antragstellers gewertet werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 485 ff.

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Beschluss vom 24.09.2013; Aktenzeichen 18 OH 45/11)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 8.10.2013 wird der Beschluss des LG Bonn vom 24.9.2013 - 18 OH 45/11 - aufgehoben.

 

Gründe

1. In dem angegriffenen Beschluss hat das LG festgestellt, dass das Beweisverfahren beendet sei, nachdem die Antragstellerin den für die Einholung eines Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen angeordneten Vorschuss von 1.200,- EUR nicht eingezahlt habe. Hiergen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie habe den angeforderten Vorschus bereits überweisen. Das LG hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und darauf verwiesen, dass der überwiesene Betrag von 1.500 EUR den weiteren Vorschuss für das Erstgutachten betreffe.

2. Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

Das selbständige Beweisverfahren ist nicht beendet. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Antragstellerin den ergänzenden Vorschuss - wie das LG in der Nichtabhilfeentscheidung ausführt - noch nicht eingezahlt hat. Die Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens erfolgt grundsätzlich durch sachliche Erledigung. Diese tritt ein durch den Abschluss eines Vergleichs, die Bekanntgabe des Ergebnisses oder durch die Übersendung eines Abdrucks der schriftlichen Gutachtens an die Beteiligten, sofern diese nicht innerhalb einer angemessenen Frist die Ergänzung des Gutachtens oder die Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung verlangen (vgl. OLG Düsseldorf BauR 2012, 1151 = IBR 2012, 367; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 14. Aufl., Rz. 111 ff.; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 492 Rz. 4 jew. m.w.N.). Das Nichtzahlen des für den Sachverständigen angeforderten Kostenvorschusses führt grundsätzlich nicht zur Beendigung des Verfahrens (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Zwar mag die Nichtzahlung des Auslagenvorschusses im Einzelfall als stillschweigende Antragsrücknahme zu werten sein (etwa OLG Saarbrücken NJW-RR 2011, 500; OLG Frankfurt NJW-RR 1995, 1150; Kratz in Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Stand 15.7.2013, § 494a Rz. 16; w. N. bei Seibel, IBR-online-Kommentar Selbständiges Beweisverfahren, Stand 23.8.2012, § 494a Rz. 28 ff.). Das ist eine Frage der Auslegung und kann in Betracht kommen, wenn der Antragsteller den Vorschuss trotz erneuter Erinnerung nicht einzahlt. Das Verhalten der Antragstellerin lässt sich hier aber nicht als Rücknahme auslegen. Die Antragstellerin, die vom LG an die ausstehende Zahlung nicht nochmals erinnert worden war, hat durch ihre sofortige Beschwerde eindeutig und rechtzeitig zu erkennen gegeben, dass sie das Verfahren weiterbetreiben möchte. Möglich ist allerdings auch, dass der Antrag auf Einholung eines ergänzenden Gutachtens unter den Voraussetzungen des § 296 Abs. 2 ZPO (grobe Nachlässigkeit als Grund der Verspätung und Verzögerung des Verfahrens) zurückgewiesen wird, was zugleich die Feststellung begründet, dass das Beweisverfahren beendet ist (Senat Beschl. v. 19.7.2010 - 11 W 49/10, zitiert nach juris). Dazu fehlt es jedoch schon an einer entsprechenden Entscheidung des LG. Zudem beruht das Nichtzahlen des angeforderten Vorschusses offenkundig auf einem Missverständnis. Ohne vorherige Mahnung und den Hinweis auf die Präklusionsfolge kann die Nichtzahlung nicht als grobe Nachlässigkeit der Antragstellerin gewertet werden.

3. Eine Kostenentscheidung ist im Falle der erfolgreichen Beschwerde nicht veranlasst (Zöller/Herget § 490 Rz. 5).

 

Fundstellen

Haufe-Index 6091468

MDR 2014, 494

NZBau 2014, 179

DS 2014, 125

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