Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechenbarkeit von Gebühren aus der Ehesache auf nach § 623 Abs. 2 ZPO abgetrennte Folgesachen
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine nach § 623 ZPO abgetrennte Folgesache ist ein selbständiges Verfahren; der beigeordnete Rechtsanwalt erhält hierfür eine Vergütung aus der Staatskasse.
2. Auf diese Vergütung sind die vor Abtrennung entstandenen Gebühren anzurechnen, und zwar mit der Differenz zwischen den Gebühren nach dem Gesamtstreitwert und den Gebühren ohne die abgetrennte Folgesache.
Normenkette
ZPO §§ 121, 623, 628; RVG § 45
Verfahrensgang
AG Aachen (Beschluss vom 17.08.2006; Aktenzeichen 26 F 291/00) |
Tenor
Auf das als Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - FamG - Aachen vom 17.8.2006 (26 F 291/00) abgeändert und wie folgt neu gefasst;
Auf die Erinnerung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin wird der in derselben Sache ergangene Beschluss des AG vom 7.3.2006 wie folgt abgeändert:
Die dem auf seinen Antrag vom 27.10.2004 aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung wird auf 301,21 EUR festgesetzt.
Gründe
Mit Beschluss vom 7.3.2006 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des AG die dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin auf seinen Antrag vom 27.10.2004 zu zahlende Vergütung auf 198,05 EUR festgesetzt. Der Familienrichter hat der Erinnerung des Prozessbevollmächtigten, der die Festsetzung seiner Gebühren auf 319 EUR anstrebt, nicht abgeholfen, was als Zurückweisung des Rechtsbehelfs aufzufassen ist. Das hiergegen gerichtete, als Beschwerde auszulegende Rechtsmittel des Prozessbevollmächtigten ist nach § 128 Abs, 4 BRAGO (hier anzuwenden nach § 61 Abs. 1 RVG) statthaft, auch im Übrigen zulässig und in der Sache weitgehend erfolgreich.
Auf den in dieser Sache ergangenen Senatsbeschluss vom 31.10.2005 (10 WF 135/05) wird Bezug genommen. Nachdem das AG der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für die abgetrennte Folgesache elterliche Sorge bewilligt hat, ist dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin für seine Tätigkeit in dem nun-mehr selbständigen Verfahren eine Vergütung aus der Staatskasse zu gewähren. Bei deren Festsetzung ist in Übereinstimmung mit dem Kostenfestsetzungsantrag des Prozessbevollmächtigten vom 27.10.2004 und dem Beschluss des AG vom 7.3.2006 von dem Betrag von 319 EUR auszugehen. Der Senat hält im Einklang mit der in seiner o.a. Entscheidung angeführten herrschenden Auffassung daran fest, dass die vor der Abtrennung wegen der Folgesache angefallenen Anwaltsgebühren anzurechnen sind. Deren Höhe ist allerdings entgegen der Ansicht des AG nicht durch Bildung einer Quote nach dem Verhältnis des Teilstreitwer-tes der abgetrennten Folgesache zum Gesamtstreitwert des Verbundverfahrens zu ermitteln. Vielmehr sind nach der Differenzmethode die Gebühren nach dem Ge-samtstreitwert (einschließlich der abgetrennten Folgesache) den Gebühren nach dem Streitwert gegenüberzustellen, der ohne die abgetrennte Folgesache in Ansatz käme (vgl. OLG Düsseldorf JurBüro 2000, 413 m.w.N.). Nur mit dem sich aus der Differenz ergebenden geringeren Anteil wirkt sich die vom AG zur Begründung seiner abweichenden Auffassung herangezogene Gebührendegression aus. In diesem Ausgangspunkt ist der Berechnung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in dem Schriftsatz vom 11.1.2006 zu folgen. Die anzurechnenden Gebühren sind wie folgt zu ermitteln:
Prozess- und Verhandlungsgebühren aus dem Gesamtstreitwert (Ehesache, Versorgungsausgleich und elterliche Sorge) von umgerechnet 13.433,74 DM
(2 × 455 DM) 910 DM
Beweisgebühr nach dem Streitwert (ohne Versorgungs ausgleich) von umgerechnet 12.491,03 DM 455 DM
1.365 DM
Gebühren ohne Folgesache elterliche Sorge: Prozess- und Verhandlungsgebühren nach dem Streitwert (Ehesache und Versorgungsausgleich) von umgerechnet 11.477,91 DM (2 × 445 DM) Beweisgebühr nach dem Streitwert der Ehesache von umgerechnet 10.499,99 DM
890 DM
445 DM 1.335 DM
Die Differenz von 30 DM (1.365 DM - 1.335 DM) zzgl. 16 % Mehrwertsteuer von 4,80 DM = 34,80 DM = 17,79 EUR ist auf die nach der Abtrennung der Folgesache entstandenen Rechtsanwaltsgebühren von 319 EUR anzurechnen. Demgemäß sind die aus der Staatskasse zu entrichtenden Gebühren auf 301,21 EUR festzusetzen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 128 Abs, 5 BRAGO).
Fundstellen
Haufe-Index 1691726 |
FamRZ 2007, 647 |
AGS 2008, 116 |
FamRB 2007, 76 |
OLGR-Mitte 2007, 231 |
www.judicialis.de 2006 |