Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an den Nachweis der Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten
Leitsatz (redaktionell)
Für den Fall der Ersatzzustellung nach § 180 ZPO durch Einlegen in den Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung bedarf es in der Zustellungsurkunde nicht einer konkreten Kennzeichnung der im Einzelfall benutzten Vorrichtung.
Verfahrensgang
AG Köln (Entscheidung vom 27.09.2004) |
Gründe
I. Gegen den Betroffenen ist durch Bußgeldbescheid des Oberbürgermeisters der Stadt Köln wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit eine Geldbuße von 130 EUR und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt worden. Da er zur Hauptverhandlung nicht erschienen ist, hat das Amtsgericht seinen Einspruch durch das angefochtene Urteil in Anwendung des § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Mit der Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt.
II. Das gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch ansonsten unbedenklich zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil die Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerdebegründung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat. Es war daher dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft entsprechend gemäß §§ 349 Abs. 2 StPO, 79 Abs. 3 S. 1 OWiG als unbegründet zu verwerfen.
Zu ergänzender Erörterung gibt lediglich die Auffassung des Beschwerdeführers Anlass, die Zustellung seiner Ladung zur Hauptverhandlung sei unwirksam gewesen, weil der Zustellungsurkunde nicht entnommen werden könne, ob die Sendung in den zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten oder aber in eine "ähnliche Vorrichtung" i. S. d. § 180 S. 1 ZPO - und ggfs. welche - eingelegt worden sei. Die Rüge ist unbegründet.
a) Zweifelhaft erscheint bereits, ob ein Mangel der Zustellungsurkunde überhaupt zur Unwirksamkeit der Zustellung führen kann.
Dies wird (bislang) in Rechtsprechung und Schrifttum teilweise bei schwerwiegenden Mängeln der Zustellungsurkunde angenommen (vgl. dazu OLG Hamm DAR 2002, 465 = NStZ-RR 2002, 340 = VRS 103, 382 = NZV 2003, 298 = NStZ 2004, 20 [K]; Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 51 Rdnr. 20; Maul, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 5. Aufl., § 37 Rdnr. 25; Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 37 Rdnr. 26; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 182 Rdnr. 19). Entgegen früherem Recht dient indessen die Beurkundung nach § 182 Abs. 1 S. 1 ZPO (i. d. Fassung des Zustellungsreformgesetzes, BGBl. 2001 I, 1206) nur noch dem Nachweis der Zustellung; sie ist jedoch kein notwendiger und konstitutiver Bestandteil der Zustellung mehr (vgl. die Begründung zum ZustRG in BT-Dr 14/4554, S. 15 und 22; AG Neuruppin NJW 2003, 2250 [2251]; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 182 Rdnr. 1 u. 17; Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 182 Rdnr. 2; zum alten Recht BGH NJW 1953, 422). Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des § 182 ZPO über den Inhalt der Zustellungsurkunde dürfte daher die Wirksamkeit der Zustellung nicht berühren (Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 182 Rdnr. 2 u. 19; Zimmermann, ZPO, 6. Aufl., § 182 Rdnr. 1).
b) Die Frage bedarf hier jedoch keiner Klärung, weil die vorliegende Zustellungsurkunde jedenfalls keinen schweren Mangel aufweist.
Der Zusteller hat sich zur Beurkundung eines Vordrucks bedient, der dem gemäß § 190 ZPO eingeführten Vordruck nach Anlage I zur Zustellungsvordruckverordnung (BGBl 2002 I, 671 [673]) entspricht. Darin hat er durch Ankreuzen der Textstelle 10.1 erklärt: "Weil die Übergabe des Schriftstücks in der Wohnung/in dem Geschäftsraum nicht möglich war, habe ich das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt". Weitergehender Angaben, namentlich in Bezug auf das zur Deponierung der Sendung benutzte Behältnis, bedurfte es nicht. Nach § 182 Abs. 2 Nr. 4 ZPO muss die Zustellungsurkunde im Falle der Zustellung durch Einlegen in den Briefkasten gemäß § 180 ZPO die Angabe des Grundes enthalten, der diese Zustellung rechtfertigt. Im Unterschied zur der an gleicher Stelle angesprochenen Ersatzzustellung durch Niederlegung (§ 181 ZPO), bei der auch die Bemerkung gefordert wird, wie die schriftliche Mitteilung über die Niederlegung abgegeben wurde (§ 181 Abs. 1 S. 2 ZPO: Abgabe in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise oder Anheften an die Tür), verlangt das Gesetz für den Fall der Ersatzzustellung nach § 180 ZPO eine konkrete Kennzeichnung der zur Einlegung benutzten Vorrichtung nicht (vgl. Roth aaO. § 182 Rdnr. 8; abw. wohl nur Zöller/Stöber aaO. § 182 Rdnr. 8). Der amtliche Vordruck, der insoweit eine Differenzierung durch den Zusteller nicht vorsieht, entspricht daher der gesetzlichen Vorgabe (vgl. a. die Textziffer 11.2 des Vordrucks, wo für die Abgabe der Niederlegungsnachricht gemäß § 181 Abs. 1 S. 2 ZPO eine konkrete Angabe zur "Art der Abgabe" vorgesehen ist).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473 Abs. 1 StPO, 46 Abs. 1 OWiG.
Fundstellen
Haufe-Index 2580564 |
NStZ 2007, 26 |
VRS 2005, 21 |
NJW-Spezial 2005, 380 |