Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerrechtlicher Wohnsitzwechsel nach Thailand

 

Leitsatz (redaktionell)

Verlegt ein Elternteil, der bei im Übrigen gemeinsamem Sorgerecht das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind inne hat, seinen Wohnort und den des Kindes in ein außereuropäisches Land (hier: nach Thailand), ist dies widerrechtlich im Sinne von Art. 3 HKiEntÜ.

 

Normenkette

HKiEntÜ Art. 3; BGB § 1671

 

Tenor

Das Bundesamt für Justiz wird unter Aufhebung seiner Entscheidung vom 21.9.2009 angewiesen, den Antrag des Antragstellers vom 28.8.2009 zur Rückführung des Kindes G. L., geboren am 0.11.200000, zur Bearbeitung anzunehmen und die erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hatte am 88.00.200000 die thailändische Staatsangehörige S. J. geheiratet. Die Ehe, aus der der am 0.11.200000 geborene Sohn G. L. hervorging, wurde durch Urteil des AG Ratingen vom 16.6.2004 im Verfahren 3 F 108/03 gem. § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB aufgehoben, weil die Kindesmutter dem Antragsteller arglistig die Existenz eines weiteren im Jahre 1997 geborenen Sohnes verschwiegen hatte, der in Thailand bei ihren Eltern lebte.

Da die Kindeseltern keine Einigung erzielen konnten, von welchem Elternteil das gemeinsame Kind G. in Zukunft aufgezogen und betreut werden sollte, erging in dem beim AG Ratingen eingeleiteten Sorgerechtsverfahren 3 F 79/04 am 13.10.2004 ein Beschluss, mit dem - unter Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Übrigen - das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind auf den Kindesvater übertragen wurde. Im Beschwerdeverfahren 4 UF 295/04 wurde diese erstinstanzliche Entscheidung des AG Ratingen auf der Grundlage eines eingeholten Sachverständigengutachtens durch Beschluss des OLG Düsseldorf vom 8.5.2005 dahingehend abgeändert, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht für G. nunmehr auf die Kindesmutter übertragen wurde. Seit dieser Entscheidung lebte G. wieder bei der Kindesmutter und ihrem neuen Lebensgefährten und zwischenzeitlichen Ehemann, Herrn C. D., zuletzt in E..

Ende Oktober/Anfang November 2008 reiste die Kindesmutter mit G., der nicht von der zuvor in E. besuchten Städtischen Gemeinschaftsgrundschule in der K.-straße XX abgemeldet worden war, nach Thailand. In dem aufgrund dessen vom Antragsteller beim AG Düsseldorf eingeleiteten Verfahren auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts erklärte die Kindesmutter, dass sie sich aus gesundheitlichen und familiären Gründen nur vorübergehend in Thailand aufhalten werde. Nachdem der in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2008 angehörte Ehemann der Kindesmutter bestätigt hatte, dass seine Frau, die Kindesmutter, sich nur vorübergehend zur gesundheitlichen Behandlung in Thailand aufhalte, da sie der ihr bekannten thailändischen Medizin mehr vertraue als der ihr nicht so vertrauten deutschen Medizin, langfristig aber eine Rückkehr nach Deutschland beabsichtigt sei, da die Familie hier weiter dauerhaft wohnen wolle, entzog das AG Düsseldorf mit Beschluss vom 15.12.2008 (266 F 403/08) im Wege der einstweiligen Anordnung der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den am 0.11.200000 geborenen Sohn G. und übertrug dieses zur alleinigen Ausübung auf den Kindesvater.

Mit Schreiben vom 17.8.2009 ist das Jugendamt der Stadt Düsseldorf erneut an die Antragsgegnerin herangetreten und hat unter gleichzeitiger Übermittlung des Schreibens des Antragstellers vom 28.8.2009 um die erneute Überprüfung der Bearbeitung des Rückführungsantrages gebeten. Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 21.9.2009 mit, dass der Antrag auf Rückführung gemäß dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (HKÜ) nicht zur weiteren Bearbeitung angenommen werden könne, da die Voraussetzungen des Übereinkommens offenkundig nicht erfüllt seien (Art. 27 HKÜ). Das Verbringen des Kindes von Deutschland nach Thailand Anfang November 2008 sei nicht widerrechtlich im Sinne des Haager Kindesentführungsübereinkommens gewesen, da die Kindesmutter zum maßgeblichen Zeitpunkt des Verbringens das Aufenthaltsbestimmungsrecht über das Kind inne gehabt hätte.

Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller mit Schreiben vom 5.10.2009 beantragt, die Entscheidung des OLG Köln herbeizuführen.

II. Der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung gem. § 8 Abs. 1 IntFamRVG ist begründet. Die Antragsgegnerin hat gem. § 6 Abs. 2 IntFamRVG die für den Rückführungsantrag des Antragstellers vom 28.8.2009 erforderlichen Maßnahmen einzuleiten.

Die Auffassung der Antragsgegnerin, das Verbringen des Kindes nach Thailand sei nicht widerrechtlich gewesen, weil die Kindesmutter zum Zeitpunkt der Ausreise Inhaberin des Aufenthaltsbestimmungsrechts gewesen sei, ist zutreffend, wenn die Kindesmutter mit G. zu einem nur vorübergehenden Aufenthalt nach Thailand gereist war.

Sollte bereits zum Zeitpunkt der Ausreise aus...

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