Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert der Nebenintervention

 

Leitsatz (amtlich)

Der Streitwert der Nebenintervention richtet sich nicht nach dem Streitwert der Hauptsache, sondern nach dem Interesse des Streithelfers am Obsiegen der von ihm unterstützten Partei. Dieses Interesse bestimmt sich regelmäßig nach dem Anspruch, der den Grund der Streitverkündung bildet, d.h. dem Regressanspruch, den der Streithelfer im Falle des Unterliegens der Hauptpartei zu erwarten hat.

 

Normenkette

ZPO §§ 3, 66, 101

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Beschluss vom 30.08.2011; Aktenzeichen 12 O 494/09)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss der 12. Zivilkammer des LG Aachen vom 30.8.2011 - 12 O 494/09 - in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 30.9.2011 teilweise abgeändert und der Streitwert hinsichtlich der Streithelferin zu 1) auf 60.764,97 EUR und hinsichtlich der Streithelferin zu 2) auf 3.129,70 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche wegen Bauplanungs- und Bauüberwachungsfehler geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 15.12.2009 hat die Beklagte den Streithelferinnen zu 1) und 2) den Streit verkündet mit der Begründung, dass die Mängelrügen des Klägers die Gewerke der Streithelferinnen betreffen und somit im Falle einer Verurteilung Rückgriffsansprüche gegen die Streithelferinnen in Betracht kommen. Diese sind im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Das LG Aachen hat in dem angefochtenen Beschluss den Streitwert auf 101.389 EUR festgesetzt und eine gesonderte Streitwertfestsetzung gegenüber den Streithelferinnen mit der Begründung abgelehnt, diese seien dem Rechtsstreit in der Gesamtheit beigetreten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers, dem das LG die Kosten der Streithelferinnen i.H.v. jeweils 25 % auferlegt hat.

II. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt. Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels ergeben sich nicht daraus, dass durch die angestrebte Änderung des Streitwertes die bereits rechtskräftige Kostenentscheidung des LG unrichtig werden könnte (Schneider in: Schneider/Herget, Streitwert Kommentar, 13. Aufl., Rz. 853).

Die Beschwerde erweist sich auch in der Sache als begründet.

Nach der herrschenden Meinung, der sich der Senat anschließt, bestimmt sich der Streitwert der Streitverkündung für den Fall, dass - wie hier - der Streithelfer denselben Antrag stellt, wie die von ihm unterstützte Partei, nicht nach dem Streitwert der Hauptsache. Maßgebend ist vielmehr das nach § 3 ZPO zu schätzende Interesse des Streithelfers am Obsiegen der von ihm unterstützten Partei (OLGReport Schleswig 2008, 878; OLG Nürnberg MDR 2006, 1318; OLGReport Köln 2004, 201 f.; OLGReport Köln 1992, 306; OLG Köln MDR 1990, 251; Kurpat in: Schneider/Herget, a.a.O., Rz. 4253; Herget in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 3 Stichwort "Nebenintervention"; Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., Rz. 108). Der gegenteiligen Ansicht (OLG München NJW-RR 1998, 420, OLG Karlsruhe MDR 2003, 357) kann nicht gefolgt werden.

Das Interesse des Streithelfers kann von demjenigen der Hauptpartei abweichen, ohne dass dies zwingend in der jeweiligen Antragstellung zum Ausdruck kommen muss. Bei der gebotenen sach- und interessengemäßen Auslegung ist ein solcher Antrag des Streithelfers selbst ohne ausdrückliche Beschränkung dahin zu verstehen, dass er die Partei nur insoweit unterstützt, als sein eigenes Interesse betroffen ist. Das gilt insbesondere bei dem hier vorliegenden Fall des Beitritts des Streithelfers auf Beklagtenseite, da der Streithelfer eine teilweise Klageabweisung nicht beantragen kann, selbst wenn ihn - wie hier - ein Teil des Streitgegenstandes nicht betrifft. Hierin zeigt sich, dass der Antrag als solcher kein zwingendes Entscheidungskriterium für die Streitwertfestsetzung nach § 3 ZPO sein kann. Das von der Gegenmeinung ins Feld geführte Argument, dass die Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses des Streithelfers zu tatsächlichen Schwierigkeiten und Abgrenzungsproblemen führen kann, stellt keine überzeugende Begründung dafür dar, grundsätzlich den Streitwert der Hauptsache auch für die Streitwertbemessung der Streitverkündung gelten zu lassen. Es gilt auch schwierige Fragen zu entscheiden. Der Gesetzgeber geht, wie sich aus § 64 GKG ergibt, sogar davon aus, dass für die Wertschätzung ein Sachverständigengutachten erforderlich sein kann. Die gegenteilige Ansicht führt überdies zu unbefriedigenden Ergebnissen, wenn der Streithelfer beim Unterliegen der unterstützten Partei nur einen im Verhältnis zum Hauptsachestreitwert geringfügigeren Regress zu befürchten hat. Es ist nicht sachgerecht, dem Streithelfer bei einem Unterliegen der unterstützten Partei hinsichtlich solcher Mängel, die nicht sein Gewerk betreffen, die entsprechenden Kosten aufzuerlegen.

Das konkrete wirtschaftliche Interesse des Streithelfers ist somit grundsätzlich danach zu bemessen, welche R...

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